Saisonabbruch, Geisterspiele oder sogar Partien vor Zuschauern – der Umgang der europäischen Fußball-Ligen mit der Corona-Krise ist unterschiedlich. Nicht nur in Deutschland wird kontrovers diskutiert.

Stuttgart - Optimismus in Deutschland, Ärger in den Niederlanden. In der Frage, ob die Saison in der Corona-Krise fortgesetzt werden soll, geht Europa unterschiedliche Wege. Anders als die Bundesliga, wo die Verantwortlichen in Kürze auf ein positives Votum aus der Politik zu Geisterspielen hoffen, verwarf die Erevisie diese Option und beendete die Saison vorzeitig. Doch auch diese Lösung birgt Probleme. Gleich mehrere Vereine fühlen sich von der Entscheidung des nationalen Verbands KNVB sportlich und finanziell benachteiligt. Utrecht droht gar mit einer Klage. Von den mutigen Plänen der Schweden, vom 14. Juni an – wenn möglich vor Zuschauern – wieder Fußball zu spielen, sind andere europäische Ligen weit entfernt. Ein Überblick:

 

Premier League (England)

Die Premier League strebt eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs am 8. Juni an. Das berichtete der britische Sender BBC am Montag. Demnach wollen die Vereine bei ihrem nächsten Meeting am Freitag darüber diskutieren, wie die restlichen 92 Spiele ausgetragen werden können. Es gilt als sicher, dass die Partien ohne Publikum stattfinden werden. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung von Politik und Gesundheitsexperten. Ziel ist es laut BBC, die Saison bis Ende Juli abzuschließen. Für eine Wiederaufnahme der Liga am 8. Juni müssten die Clubs also spätestens am 18. Mai wieder voll mit dem Training beginnen. Der FC Arsenal und Brighton & Hove Albion haben bereits am Montag ihr Trainingsgelände für individuelle Einheiten der Spieler geöffnet.

Bei der Videokonferenz der Clubs am Freitag soll laut dem Bericht auch darüber diskutiert werden, wo die verbleibenden Spiele stattfinden sollen. Schon länger wird darüber spekuliert, dass die Partien an wenigen ausgewählten, neutralen Spielorten ausgetragen werden – möglicherweise nicht in Stadien, sondern auf Trainingsplätzen. Die Fortsetzung der Saison dürfte auch im Interesse von Trainer Jürgen Klopp sein. Seinem FC Liverpool fehlen nur noch zwei Siege zur ersten Meisterschaft seit 30 Jahren.

La Liga (Spanien)

Die fußballverrückten Spanier müssen auf das Comeback ihrer geliebten Liga voraussichtlich noch ein bisschen länger warten. Gesundheitsminister Salvador Illa schloss am Wochenende einen raschen Neustart der Primera División aus. „Es wäre rücksichtslos, jetzt zu sagen, dass der Profi-Fußball vor dem Sommer zurück sein wird“, sagte er. Wegen der Corona-Krise ruht der Fußball im Land seit dem 12. März. Illa dämpfte auch die Erwartungen, dass die Profis um Superstars wie Lionel Messi und Toni Kroos eine Vorzugsbehandlung erfahren und regelmäßig getestet werden könnten, wie die Liga es sich wünscht. Die diagnostischen Tests müssten unabhängig von ihrer Art den regionalen Behörden zur Verfügung gestellt werden, betonte er.

Regierungschef Pedro Sánchez will am Dienstag einen schrittweisen Ausstiegsplan aus der landesweiten Ausgehsperre vorstellen. Ob er dabei auch über Lösungen für den Fußball sprechen wird, war unklar. Liga-Chef Javier Tebas drängt darauf, die Meisterschaft auf jeden Fall zu Ende zu spielen, um massive finanzielle Verluste zu vermeiden. Wahrscheinlich soll dies vor leeren Rängen geschehen. Tebas warnte die Clubs bereits, dass sie trotz der Pandemie wieder spielen müssen, sobald die Behörden ihr Okay geben. Im Fall einer Weigerung werde es Sanktionen geben.

Serie A (Italien)

Nach der Ankündigung zur Lockerung diverser Corona-Beschränkungen durch die italienische Regierung können die Fußballclubs der Serie A am 18. Mai wieder das Training aufnehmen. Premierminister Giuseppe Conte hatte am Sonntagabend verkündet, dass im professionellen Mannschaftssport von diesem Datum an das Training wieder erlaubt sei. Die Serie A pausiert seit dem 9. März. Zwölf Spieltage stehen in Italiens höchster Fußball-Spielklasse noch aus. Möglicherweise wäre ein Neustart der Liga im Juni somit möglich. Der Fußballverband und die Liga drängen die Regierung auf eine Wiederaufnahme der Saison – in leeren Stadien. Mit einem strengen Gesundheitsprotokoll, das unter anderem Corona-Test für die Spieler und deren Isolierung vorsieht, will die Liga Sicherheit für alle garantieren.

Ligue 1 (Frankreich)

In Frankreich strebt der für die Ligue 1 und Ligue 2 zuständige Verband LFP eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs am Mitte Juni an – dies allerdings unter Vorbehalt der Lockerungs-Details, die Frankreichs Regierung am Dienstag bekannt geben will. Der Plan sieht vor, dass die Spieler in der Woche vom 11. Mai ins Trainingszentrum zurückkehren, um sich einer vollständigen medizinischen Untersuchung inklusive Corona-Test zu unterziehen, gefolgt von einer täglichen medizinischen Überwachung. Die strengen Ausgangsbeschränkungen gelten in Frankreich noch bis zum 11. Mai – dann soll schrittweise gelockert werden. Wie das konkret aussehen wird, ist aber noch unklar.

Jupiler League (Belgien)

Die belgische Fußball-Liga hat ihre endgültige Entscheidung über einen vorzeitigen Saison-Abbruch ein weiteres Mal vertagt. Nachdem die Regierung am Freitag nun doch keine klaren Vorgaben gemacht habe, wird ein Beschluss nun erst Anfang Mai erwartet. Der Verband will eine Entscheidung des Nationalen Sicherheitsrats mit Blick auf sportliche Wettkämpfe abwarten. Ursprünglich wollten die Vereine schon am vergangenen Freitag darüber abstimmen, ob sie dem Vorschlag der Liga-Kommission von Ende März folgen und die Spielzeit aufgrund der Corona-Pandemie abbrechen.

Premjer Liga (Russland)

Die russische Fußball-Liga hofft, Ende Juni wieder spielen zu können, und will ihre Saison bis zum 2. August beenden. Als mögliche Starttermine werden der der 21. oder 28. Juni diskutiert. Acht Spieltage stehen noch aus. Geht dieser Plan auf, sollen Aufstiegs- und Abstiegsregelungen beibehalten werden. Sollte die Saison jedoch nicht beendet werden, soll die Liga nur für die nächste Saison von 16 auf 18 Mannschaften erweitert werden. Wann die Profis wieder ins Training zurückkehren können, ist weiterhin offen.