Beim Flüchtlingsgipfel kommt es zum Showdown im Kanzleramt: Bund und Länder streiten über die Kosten für die Versorgung von Geflüchteten. Die Zeit, in der das Wünschen noch geholfen hat, ist vorbei, kommentiert Tobias Peter.

Korrespondenten: Tobias Peter (pet)

Wann immer die Ministerpräsidenten vor dem Flüchtlingsgipfel über den Bund gesprochen haben, konnte man den Eindruck gewinnen, die Länder hätten es mit Dagobert Duck zu tun. Die Disney-Comicfigur, die reichste Ente der Welt, ist extrem geizig. „Es ist mir ein Hochgenuss, wie ein Seehund hineinzuspringen“, sagt sie über die Taler-Bäder im riesigen Geldspeicher. „Und es in die Luft zu schmeißen, dass es mir auf die Glatze prasselt.“

 

Die Länder haben vor dem Flüchtlingsgipfel in Berlin auf eine Methode gesetzt, die sehr oft erfolgreich war. Wenn 16 Finger aus den Ländern auf den Bund zeigen, wenn alle fordern, dieser müsse einen höheren Beitrag leisten, ist der Druck groß. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz und sein Finanzminister Christian Lindner laufen Gefahr, öffentlich miserabel dazustehen, wenn sie diesmal nicht liefern. Trotzdem schalten sie bislang auf stur.

Die Kommunen sind an der Belastungsgrenze

Der Grund, warum Scholz und Lindner nicht einfach zahlen, ist klar: Der Bund ist – nachdem er das Land mit gigantischen Milliardensummen gut durch die Pandemie und durch die Energiekrise gebracht hat – finanziell ausgebrannt. Dagobert Duck hat Geldprobleme. Kredite sind nicht mehr billig. Ebenso eindeutig ist aber: Die Kommunen sind an ihrer Belastungsgrenze. Sie brauchen mehr Hilfe. Die Frage ist nur, wer dafür zahlen soll: der Bund oder die Länder.

Um den Weg zu einer Einigung nicht komplett zu verstellen, müssen der Kanzler und der Finanzminister darüber nachdenken, an welcher Stelle sie noch über ihren Schatten springen können. Richtig ist aber auch: Die Bundesregierung hat sehr gute Argumente und tut gut daran, diesmal darauf zu dringen, dass die Länder sich finanziell stärker engagieren.

Sie stehen finanziell besser da als der Bund, nachdem dieser Krise um Krise an seine Grenzen gegangen ist. Das allein wäre noch kein hinreichender Grund, wenn nicht Versorgung und Unterbringung Geflüchteter Aufgaben von Ländern und Kommunen wären. Der Bund übernimmt darüber hinaus bereits einen großen Anteil, indem er eingewilligt hat, die Geflüchteten aus der Ukraine unmittelbar ins Bürgergeld zu übernehmen.

Die Ampel kämpft um Spielräume

Die Ampel kämpft angesichts der Haushaltsprobleme derzeit auch um ihre verbliebenen politischen Gestaltungsspielräume. Noch einmal mehr Geld für die Bundeswehr, eine finanziell gut ausgestattete Kindergrundsicherung: das alles ist notwendig, nichts davon ist derzeit garantiert. Die Grünen mögen so tun, als sei alles machbar. Doch das ist Oppositionsverhalten in der Regierung. Die FDP wiederum täte dem Land einen Gefallen, wenn sie von ihrem kategorischen Nein zu jeder Steuererhöhung abrückte. Diese Größe wird Lindner aber wohl nicht aufbringen. Dem Kanzler bleibt gar nichts anderes übrig, als seinem Finanzminister zu helfen, das Geld zusammenzuhalten.

Ein Gutes immerhin hat es, wenn das Geld knapp wird. Der Druck, Probleme zu lösen, steigt. Ein zentraler Punkt ist: Die Bundesregierung muss jetzt alles tun, damit es endlich eine überzeugende gemeinsame Asylpolitik in Europa gibt. Die Asylverfahren sollten an den Außengrenzen stattfinden.

Gebraucht wird radikaler Pragmatismus

Die Liste vernünftiger, aber unzureichend umgesetzter Vorschläge ist lang. Ukrainische Lehrerinnen müssen auch dann bei der Integration an deutschen Schulen helfen dürfen, wenn ihre Deutschkenntnisse überschaubar sind. Und vielleicht kann es ja sogar gelingen, dass der Bund – wenn er Geld gibt – es nicht immer gleichmäßig über die Länder verteilt. Sondern, dass es dort ankommt, wo es am meisten gebraucht wird.

Die Zeit, in der das Wünschen noch geholfen hat, ist vorbei. Jetzt braucht es radikalen Pragmatismus.