Ehrenamtliche fürchten Diskriminierung von aus der Ukraine geflüchteten „People of Colour“ und verlangen eine Gleichbehandlung. Derzeit verweist die Stadt den „unklaren“ Personenkreis an die Landeserstaufnahmestelle.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Auch Menschen ohne ukrainischen Pass flüchten vor dem Krieg aus der Ukraine. In Stuttgart hat sich ein Kreis Engagierter gebildet, um diesen beizustehen – konkret vor allem „People of Colour“, also Menschen, die nicht weiß sind. Diese dürften nicht „als Menschen zweiter Klasse“ behandelt werden, so der Appell aus dem Kreis, dem auch der Asylpfarrer Joachim Schlecht angehört. Für sie sollten dieselben Regeln gelten wie für Ukrainerinnen und Ukrainer.

 

„Es herrscht große Verunsicherung, was für People of Colour gilt“, sagt Schlecht. Es mangele an Informationen, zum Beispiel, ob auch sie wie ukrainische Staatsbürger den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen dürfen. Wie eine Nachfrage unserer Zeitung ergeben hat, dürfen sie: „Als VVS-Ticket gilt ein gültiges ukrainisches Ausweisdokument“, so ein Sprecher des Verkehrsverbunds Stuttgart VVS. Darunter falle „bei anderen Nationalitäten auch eine ukrainische Aufenthaltsbescheinigung“. Der VVS habe seine Verkehrsunternehmen entsprechend informiert.

Informationen auch auf Englisch gefordert

„Es gibt ein Informationsdefizit“, kritisiert auch Farina Görmar, interkulturelle Promoterin und Mitglied aus der Gruppe. Bei Helfenden herrsche Unsicherheit, ob sie Geflüchtete ohne ukrainischen Pass überhaupt bei sich privat aufnehmen dürfen. Das Informationsmaterial für Geflüchtete aus der Ukraine sei zudem vorwiegend in ukrainischer oder russischer Sprache. Studierende, die in dem Land englischsprachige Studiengänge besuchten, seien aber auf Informationen auf Englisch oder Französisch angewiesen. Letzteres betont auch auch die Ehrenamtliche Anike Joyce Sadiq.

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Sie hat einen nigerianischen Studenten aus der Ukraine zu einer medizinischen Untersuchung in der Schleyerhalle begleitet. Er sei dort mehrfach übergangen worden, kritisiert sie. Zudem sei ihm gesagt worden, dass er sich in der Jägerstraße registrieren müsse. Sie fürchtet, dass der Student in ein Asylverfahren gedrängt werden könnte, was vielleicht für ihn „nicht die beste Option“ sei. Der Asylpfarrer Schlecht hat wiederum gehört, dass Drittstaatler an die Landeserstaufnahmestelle verwiesen worden seien.

Stadt wartet auf Informationen vom Bund

Doch wie ist die Regelung nun? Bis zum 23. Mai dürften sich auch Drittstaatler ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten. Grundlage ist laut der Stadt Stuttgart die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung. Und danach? Laut Stadt gewähre Deutschland nicht-ukrainischen Drittstaatsangehörigen dann vorübergehenden Schutz, wenn sie sich bei Kriegsbeginn nachweislich rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben und „nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können“. Es dürfe kein Kurzaufenthalt gewesen sein.

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„Entscheidend ist, ob jemand sicher und dauerhaft in sein Herkunftsland zurückkehren kann“, betont ein Sprecher der Stadt. Was das konkret bedeutet? Hierzu wartet die Stadt noch auf „konkrete Aussagen oder Hinweise“ des Bundesinnenministeriums. Weil die noch nicht vorliegen, verweise die Ausländerbehörde diesen „unklaren“ Personenkreis tatsächlich an die Landeserstaufnahmestelle.

Der Sprecher weist darauf hin, dass auf dem auf der Stadtseite verlinkten Portal Germany4Ukraine Basisinformationen auf Englisch zur Verfügung stünden. Die Stadt beachsichtige nicht, ihrerseits alle Informationsmaterialien auch auf Englisch auszugeben.