Wo ist das Wasser im Rems-Murr-Kreis am günstigsten und wo am teuersten? Und warum gibt es überhaupt Unterschiede bei den Wasserpreisen? Antworten gibt es hier.

Waiblingen - Duschen, Trinken, Spülen, Waschen, Kochen: Jeder Mensch, jeder Haushalt braucht Wasser – und das jeden Tag. Unzählige Kilometer Wasserleitungen und Kanäle unterhalten die Kommunen, um die Versorgung ihrer Bürger mit dem wertvollen Nass tagtäglich zu gewährleisten. Das kostet.

 

Ein Blick auf die Tabelle aller Entgelte dafür im Rems-Murr-Kreis – erstellt vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg – zeigt: Es gibt erhebliche Unterschiede. Während ein Bürger aus Alfdorf nur 1,77 Euro pro Kubikmeter Trinkwasser zahlen muss (alle Daten von 2018), werden in Spiegelberg für die gleiche Menge 3,23 Euro fällig. Der Kubikmeter Abwasser ist wiederum mit 1,25 Euro am billigsten in Korb und mit 4,07 Euro am teuersten in Großerlach.

Die Infrastruktur ist entscheidend für den Wasserpreis

Dafür nimmt Korb die höchsten Gebühren im Kreis für das Niederschlagswasser, die pro Quadratmeter abflusswirksame Fläche fällig werden: In der Gemeinde müssen die Bürger dafür genau einen Euro pro Quadratmeter zahlen. Andernorts verlangen die Kommunen viel weniger: Spiegelberg und Sulzbach an der Murr beispielsweise 0,33 Euro pro Quadratmeter, Fellbach nur 0,27 Euro. Die meisten anderen Werte im Kreis liegen grob um die 0,50 Euro – wie etwa in Rudersberg.

Wenn man ganz Baden-Württemberg betrachtet, sind die Gebührenspannen noch größer: So lag der Trinkwasserpreis 2018 zwischen 0,65 (Asselfingen, Alb-Donau-Kreis) und 5,03 Euro/m³ (Roigheim, Kreis Heilbronn), das Schmutzwasser zwischen 0,38 (Uhldingen-Mühlhofen, Bodenseekreis) und 5,57 Euro/m³ (Buchheim, Kreis Tuttlingen), das Niederschlagswasser zwischen 0,03 (Buchenbach, Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) und 1,30 Euro pro Quadratmeter abflusswirksame Fläche (Widdern, Kreis Heilbronn). Die Grundgebühren für den Trinkwasserbezug lagen zwischen 3,84 (Heddesbach, Rhein-Neckar-Kreis) und 218,28 Euro/Jahr (Ravensburg und Weingarten, Oberschwaben).

Bei diesen Preisspannen bleibt die Frage: Warum sind die Gebühren so unterschiedlich? Die Antwort liegt neben den Bezugskosten – also ob und wie viel die Kommune an einen Wasserverband für Trinkwasser zahlen muss – in der Infrastruktur. Die Faustregel: Je mehr Menschen zentral versorgt werden können, desto günstiger werden die Gebühren, erklärt das Statistische Landesamt.

Beispiel Fellbach: Kompakt und günstig

Die Einwohner Fellbachs haben sozusagen Glück. Denn ihr Versorgungsgebiet ist kompakt und bis auf den Kappelberg selbst recht flach. Heißt: Keine langen Zu- und Ableitungen, keine extra Hochbehälter und ein geografisch einfaches Versorgungsgebiet. Zudem betreibt die Stadt Fellbach, wie die Stadtwerke mitteilen, keine Eigenwasserversorgung, sondern bezieht ihr Wasser von der Bodensee-Wasserversorgung sowie von der Landeswasserversorgung (LW). So erklären sich auch die recht niedrigen Wasserkosten: Gerade mal 1,89 Euro mussten die Bewohner pro Kubikmeter Wasser im Jahr 2018 bezahlen (2019: 2,13 Euro), für ihr Abwasser kamen noch 1,62 Euro pro Kubikmeter hinzu. (2019: unverändert). Die Grundgebühr schlug noch einmal mit 64,56 Euro (2019: 77,04 Euro) zu Buche.

Beispiel Großerlach: Teuer, aber autark

Die Kommune mit knapp 2500 Einwohnern hat die höchsten Wassergebühren im Kreis. 2,94 Euro pro Kubikmeter Frischwasser und 4,07 Euro für Abwasser müssen die Bewohner im Norden des Kreises zahlen. Eine kleine Entwarnung gibt Bürgermeister Christoph Jäger für 2019: Die Gemeinde senkt die Preise leicht auf 2,75 Euro (Frischwasser) und 4,02 Euro (Abwasser). Grund für die auch im Vergleich zum Landesdurchschnitt verhältnismäßig teure Wasserversorgung ist in Großerlach ebenfalls die Infrastruktur. „Aufgrund unserer dünnen Besiedelung und der vielen, weit verstreuten kleinen Teilorte und Weiler in bisweilen sehr anspruchsvoller Topografie muss viel Infrastruktur vorgehalten werden im Verhältnis zu wenig und weit verstreuten Anschlussnehmern“, teilt Jäger mit und gibt ein Beispiel: Wenn ein Hochbehälter für Trinkwasser nur 100 Personen versorgt, anstatt wie in einem urbanen Gebiet 1000 oder mehr, schlägt sich das bei der Kostenumlage nieder.

Beispiel Alfdorf: Großer Unterschied zwischen Frisch- und Abwasser

Das im Kreis günstigste Trinkwasser bezieht Alfdorf für seine rund 7200 Einwohner (1,77 Euro/m³) vom Zweckverband Wasserversorgung Menzlesmühle. Dieser Verband versorgt rund 30 000 Menschen im Gebiet des Welzheimer Waldes mit Wasser: darunter neben Alfdorf Gemeinden wie Gschwend, Straitbach, Durlangen, Kaisersbach und Welzheim. Alfdorf bezieht 80 Prozent des Frischwassers über diesen Zweckverband. Der Rest kommt von der Landeswasserversorgung.

Viel teurer ist in Alfdorf hingegen die Schmutzwassergebühr: Da müssen die Menschen in der Gemeinde am östlichen Rand des Rems-Murr-Kreises 3,32 Euro/m³ berappen. „Die Kanalverbindungen von Hof zu Hof sind lang“, sagt Bürgermeister Michael Segan. Pro Einwohner müsste mehr Infrastruktur unterhalten werden. Das mache die Abwassergebühr teurer.

Beispiel Spiegelberg: Teuerstes Trinkwasser im Kreis

Die kleine Gemeinde mit gerade mal 2100 Einwohnern am nördlichen Rand des Rems-Murr-Kreises ist strukturschwach und muss deswegen regelmäßig Investitionshilfen aus dem sogenannten Ausgleichsstock beim Land Baden-Württemberg beantragen. Das hat Auswirkungen: Wer finanziell vom Land unterstützt wird, muss die Gebühren ausschöpfen. „Wir haben nicht nur 100 Prozent Eigenwasser, sondern auch 100 Prozent Kostendeckung bei den Wassergebühren“, sagt Kämmerin Ina Krone. So zahlen die Spiegelberger 3,23 Euro/m³ beim Trinkwasser und 3,07 Euro/m³ beim Schmutzwasser. Die Versorgung ist deswegen so teuer, weil Spiegelberg viele kleine Ortsteile und dazwischen viele Berge und einige kleine Quellen hat: „Das Wasser muss gepumpt werden“, so Krone. Allerdings sei die Grundgebühr mit 19,32 Euro pro Jahr relativ günstig, weil die Gemeinde Vieles selbst machen könne.

Beispiel Backnang: Die höchste Grundgebühr im Kreis

Mit 2,15 Euro/m³ Trinkwasser (2019: 2,25 Euro/m³) und 2,17 Euro/m³ (2019: gleichbleibend) Schmutzwasser liegt Backnang im Landesmittel. Auffällig ist in der Stadt mit ihren rund 37 000 Einwohnern allerdings die Grundgebühr: 158,52 Euro müssen die Backnanger für einen Wasseranschluss pro Jahr zahlen – und sind damit einsame Spitze im Rems-Murr-Kreis. Der Grund: „Wir haben 77 Prozent mengenunabhängige Fixkosten“, sagt Markus Höfer, Geschäftsführer der dortigen Stadtwerke. Die hohen Grundgebühren hängen laut Höfer mit einer folgenreichen Entscheidung der Stadt aus den 1960er Jahren zusammen: Damals hatte sich Backnang gegen die Landeswasserversorgung entschieden und war stattdessen beim Zweckverband Wasserversorgung Nordostwürttemberg eingestiegen. „Heute ist das ein Riesenhandicap“, sagt Höfer, denn für die Wasserbezugskosten müsste Backnang nun jährlich 700 000 Euro mehr zahlen als bei der Landeswasserversorgung.

Hoch sind in Backnang auch die Investitionen ins Leitungsnetz: Mindestens vier Kilometer pro Jahr – das entspricht etwa mehr als einem Prozent des Netzes – werden seit dem Jahr 2000 erneuert. „Damit sind wir von den vielen Rohrschäden und Verlusten weggekommen“, sagt Höfer.