Der Wasserspringer Patrick Hausding will in Kasan seinen WM-Titel von 2013 verteidigen. Mehr öffentliche Anerkennung wird der 26-Jährige dann wohl nicht bekommen. Im Fokus stehen bei der WM die Schwimmer.

Kasan - Seine ersten Eindrücke von Kasan hat Patrick Hausding schon vor drei Monaten gesammelt. Im Rahmen der World Series hielt sich der Berliner Wasserspringer damals in der Hauptstadt der russischen Republik Tatarstan auf – und war von dem, was er dort erlebte, recht angetan. „Das sah alles sehr nett aus. Kasan ist eigentlich eine schöne Stadt, mit freundlichen Menschen, nicht so verödet. Ganz anders als Moskau zum Beispiel“, erzählt Hausding, der nun wieder in der 1,1-Millionen-Einwohner-Stadt an der Wolga unterwegs ist. Mit dem Auftrag, dem DSV ein paar Quotenplätze für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr zu verschaffen.

 

Am Samstag werden im Freiwasserschwimmen, bei den Wasserspringern und im Synchronschwimmen die ersten Weltmeister gekürt. Hausding hat seinen ersten großen Auftritt dann am Sonntag – wenn er sich gemeinsam mit Sascha Klein daran macht, seinen WM-Titel im Synchronspringen vom Turm zu verteidigen.

Auf dem Montjuic in Barcelona triumphierte das deutsche Springerduo 2013 nicht zuletzt über die als unbesiegbar geltenden Chinesen. Hausding und Klein waren die ersten männlichen Weltmeister des DSV überhaupt, in den Siegerlisten stand zuvor allein der Titel der DDR-Springerin Christa Köhler aus dem Jahr 1973.

Das große Ziel heißt Rio de Janeiro

„Eine glanzvolle Sache“ nennt Hausding den eigenen Coup in der katalanischen Metropole – und sagt vor dem jetzigen Auftritt mit seinem aus dem Rheinland stammenden Nebenmann: „Den Titel zu verteidigen ist immer realistisch, aber es wird nicht einfach. Ich wäre auch mit Silber oder Bronze sehr zufrieden.“ Die Dinge ganz ähnlich betrachtet Lutz Buschkow: parallel zur Jagd nach den Quotenplätzen für Rio liebäugelt der Wassersprung-Bundestrainer in Kasan „mit ein bis zwei Medaillen“.

Die Beckenschwimmer springen erst in der zweiten WM-Woche in den Pool. Hausding hat seine drei Wettbewerbe – neben dem Doppel vom Turm noch Einzel und Synchronspringen vom Dreimeterbrett – dann schon hinter sich. Und eine ebenso wichtige Aufgabe vor der Brust: Der bei Kontinentalmeisterschaften erfolgreichste europäische Wasserspringer will in der nächsten, der olympischen Saison zur Abwechslung endlich einmal schmerzfrei trainieren. Und dafür muss Hausding die Erholungsphase nach der WM zu möglichst intensivem Nichtstun nützen.

Lange Zeit hatte der zwölfmalige Europameister Probleme mit dem linken Knie. Die bekam er in den Griff, doch nun plagt ihn dauerhaft die rechte Patellasehne. „Wenn man so viele Schmerzen hat, ist es nicht immer einfach, sich beim Training zu motivieren. Wenn’s auf die Wettkämpfe zugeht, ist das kein Problem. Aber sich tagtäglich zu quälen, obwohl man weiß, dass dabei alles wehtut, ist nicht so schön“, sagt er.

Nur die Anerkennung fehlt dem Weltmeister

Nach der Rückkehr aus Russland will er mit seiner Freundin Alexandra Sviridenko, einer Handballerin, den einen oder anderen Kurzurlaub einlegen. Vor allem aber soll sein geplagter Körper in den dreieinhalb Wochen Pause richtig zur Ruhe kommen. „Ich hoffe, dass mir der Urlaub hilft und ich zu Olympia dann voll fit bin und dauerhaft schmerzfrei trainieren kann“, sagt Hausding. Schließlich sollen die Spiele in Rio für den gebürtigen Berliner nicht die letzten sein. „Aufhören werde ich nach Olympia auf keinen Fall. Den nächsten olympischen Zyklus würde ich schon noch in Angriff nehmen, muss aber auch schauen, ob mein Körper das weiter mitmacht“, sagt Hausding, der sich mehr Anerkennung seiner Leistungen in der Heimat – nicht zuletzt von den Fernsehsendern – wünscht.

Im vergangenen Jahr, beim Weltcup in Shanghai, erzählt er, sei eine Chinesin mit einem großen Plakat von ihm daher gekommen. „Auf dem sollte ich unterschreiben. Außerdem wollte sie mich unbedingt noch umarmen, ein Foto machen und all so was. Das sind schon andere Welten“, sagt Hausding schmunzelnd und meint: „Mich würde es nicht groß überraschen, wenn mein Name in Springerkreisen in China bekannter ist als in Deutschland.“

Seinen nationalen Auftrag geht der 26-Jährige in Kasan trotzdem gewissenhaft an. „Am liebsten wäre ich in jedem meiner drei Wettkämpfe erfolgreich. Aber besonders freuen würde es mich in den Synchrondisziplinen – weil es da nur für WM-Gold, -Silber und -Bronze Olympia-Startplätze gibt“, erklärt er. Ansonsten geht Hausding die Woche in Russland auffallend nüchtern an und sagt: „So lange in Kasan alles organisiert ist und nicht alle wie in einem Hühnerhaufen herumrennen, bin ich zufrieden. Dann mach‘ ich meine WM und fahr‘ wieder nach Hause.“ Urlaub machen.