Seit Jahren wird der Bundesnachrichtendienst von Affären geschüttelt. Ein neuer Mann an der Spitze soll nun die geplanten Reformen umsetzen und den Dienst stabilisieren. Und die Arbeitsfähigkeit der Spione sicherstellen.

Berlin - Die Bundesregierung will den Bundesnachrichtendienst (BND) mit einem Führungswechsel und tiefgreifenden Reformen aus dem Affären-Strudel bringen. Der BND stehe in den nächsten 5 bis 10 Jahren mit der größten Umstrukturierung seiner Geschichte vor einer Herkulesaufgabe, sagte Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch in Berlin. Der Wechsel an der BND-Spitze vom derzeitigen Präsidenten Gerhard Schindler zum Verwaltungsjuristen und Sicherheitsexperten Bruno Kahl soll den Auslandsgeheimdienst demnach für den Anti-Terror-Kampf und die Bewältigung von Cyber-Bedrohungen fit machen.

 

Während sich die SPD hinter den Führungswechsel beim 6500 Mitarbeiter starken BND stellte, verlangte die Linksfraktion personelle Konsequenzen auch bei der im Kanzleramt angesiedelten Dienst- und Fachaufsicht. Die Grünen warnten, Schindler dürfe kein „Bauernopfer“ sein, und verlangten vollständige Aufklärung über die Hintergründe der Personalentscheidung. Schindler wird zum 1. Juli in den einstweiligen Ruhestand versetzt, was bei einem politischen Beamten wie ihm generell ohne Begründung möglich ist.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur scheidet der 63 Jahre alte Schindler knapp zwei Jahre vor seiner regulären Pensionierung gegen seinen Willen aus dem Amt. Demnach war ihm nahegelegt worden, den Posten aus alters- oder gesundheitlichen Gründen niederzulegen. Dies hatte Schindler abgelehnt.

Der 53 Jahre alte Kahl arbeitet derzeit als Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium und gilt als enger Vertrauter von Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU). Er hatte mit Schäuble bereits in der Unionsfraktion zusammengearbeitet und anschließend in dessen Zeit als Innenressortchef das Ministerbüro geleitet. Nach eigenen Angaben hatte Kahl in den verschiedenen Aufgaben immer wieder auch mit sicherheitspolitischen und nachrichtendienstlichen Themen zu tun.

Der BND ist seit Jahren von Affären und Pannen belastet

Schäuble ist als sicherheitspolitischer Hardliner der Union bekannt. Er hatte sich kürzlich an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewandt und gewarnt, den BND mit einer geplanten Reform zu stark in seiner Arbeitsfähigkeit einzuschränken. Dies könne die Sicherheit Deutschlands gefährden.

Am Mittwoch betonte Schäuble in Berlin, keinen Einfluss auf die Nachfolge Schindlers genommen zu haben. Altmaier habe ihn informiert, dass er mit Kahl gesprochen habe. „Ich habe Herrn Kahl so positiv beurteilt, wie meine Erfahrungen mit ihm sind, aber ich habe an der Entscheidung trotzdem nicht mitgewirkt“, sagte Schäuble.

SPD-Chef Sigmar Gabriel machte deutlich, dass seine Partei kein Problem damit hat, dass mit Kahl ein langjähriger Schäuble-Vertrauter BND-Chef wird. Ob er der CDU angehöre oder „ein Kumpel oder Gegner von Herrn Schäuble“ sei, sei kein Kriterium, sagte Gabriel. Wichtig sei, dass er „von denen, die ihn kennen, als qualifiziert beurteilt wird“. Aus SPD-Sicht gebe es daran keine Zweifel.

Der BND ist seit Jahren von Affären und Pannen belastet. Schindler hatte zuletzt Gesundheitsprobleme, soll diese Stress-Symptome aber weitgehend im Griff haben.

Mit Blick auf die Zukunft des BND erklärte Altmaier in einer Mitteilung: „Der Bundesnachrichtendienst steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen, die alle Bereiche seiner Arbeit betreffen.“ Hierzu gehörten die „Weiterentwicklung des Aufgabenprofils im Hinblick auf veränderte sicherheitspolitische Herausforderungen“ und die „weitere Ertüchtigung des Dienstes in technischer und personeller Hinsicht“. Als weitere Projekte nannte Altmaier, notwendige organisatorische und rechtliche Konsequenzen aus den Arbeiten des NSA-Untersuchungsausschusses umzusetzen sowie den Umzug großer Teile des BND von Pullach nach Berlin.