Seit die Bundesnetzagentur im Mai 2012 eine eigene Stelle eingerichtet hat, sind fast 8000 Beschwerden über Schwierigkeiten eingegangen.

Bonn - Wechsel sind gut zu überlegen. Man kann dabei vom Regen in die Traufe kommen. So ist das manchmal auch, wenn man sich einen neuen Telefonanbieter sucht. Davon zeugen Tausende von Beschwerden an die Bundesnetzagentur. Die Bonner Behörde wacht darüber, dass der Wechsel so reibungslos verläuft, wie das Telekommunikationsgesetz es vorschreibt. Möglichst kurz soll die Telefonverbindung dabei unterbrochen werden, höchstens ein Kalendertag ist erlaubt. Das klappt aber nicht immer. Jeden Monat beschweren sich mehrere Hundert Telefonkunden über einen abgerissenen Kontakt zur Außenwelt, wenn Handy oder Festnetztelefon schweigen. Die Bonner Beamten eskalieren die Sache dann.

 

Das heißt aber nicht, dass es dann zum großen Knall kommt, sondern dass eine Lösung gesucht wird. Eskalation ist der Fachausdruck für dieses Verfahren, und es beginnt, wie bei Behörden üblich, mit einem Formular. Es heißt „Beschwerde zum Anbieterwechsel“ und kann über die Internetseite der Bundesnetzagentur heruntergeladen werden. Darin ist genau anzugeben, wer sich über was beschwert und gegen wen. Es wird unter anderem abgefragt, seit wann die Telefon- oder Internetverbindung unterbrochen ist, wer der alte und wer der neue Anbieter ist. Neben den Anschlussdaten sind auch Angaben über Kündigung und Vertragsende zu machen und ob die Rufnummer auf den neuen Anschluss übertragen werden soll oder nicht. Kunden sollten diese Angaben so genau wie möglich machen. Ohne sie ist keine erfolgreiche Lösung möglich.

Bundesregierung will den Wettbewerb stärken

Seit Mai 2012 gilt die neue Regelung, die den Wechsel des Telefonanbieters erleichtern soll. Die Bundesregierung verspricht sich davon, dass der Wettbewerb im Telefonmarkt gestärkt wird, und hat die Netzagentur beauftragt, das zu kontrollieren. Die Mitarbeiter dort haben seitdem alle Hände voll zu tun mit Beschwerden. Bis Ende 2012 gingen fast 5600 ein. In diesem Jahr waren es bis Ende Juni fast 2400. Sie werden in einer eigens dafür eingerichtete Servicestelle in Berlin bearbeitet.

In mehr als 4000 Fällen habe die Agentur den Telefonkunden seit der Neuregelung schon helfen können, teilte die Behörde kürzlich mit. Die aktuellen Zahlen zeigten aber, dass die Branche sich noch stärker anstrengen müsse, um weniger Fehler beim Anbieterwechsel zu machen, so Behördenchef Jochen Homann. Er empfiehlt den rund 160 Anbietern, ihre Abstimmungsprozesse beim Wechsel von Kunden zu standardisieren und zu automatisieren. Die sind gerade dabei, aber noch nicht fertig. Einige haben inzwischen zusätzlichen Druck von der Behörde bekommen. Gegen Unternehmen, bei denen sich die Beschwerden häuften, leiteten die Bonner Beamten Bußgeldverfahren ein. Bis jetzt sind es drei Anbieter, über die sich viele Kunden beschwert haben. Wer das ist, will die Behörde nicht sagen und beruft sich dabei auf schwebende Verfahren. Die Deutsche Telekom teilte auf Anfrage mit, gegen sie laufe kein Bußgeldverfahren. Vodafone und Telefonica wollten sich zu der Frage nicht äußern.

Maximal einen Kalendertag darf die Unterbrochechung dauern

Die Verfahren richten sich nicht nur gegen eine zu lange Unterbrechung beim Wechsel, sondern auch gegen Verzögerungen bei der Wiederaufnahme der Versorgung. Wird die Verbindung beim Wechsel länger als einen Kalendertag unterbrochen, muss der bisherige Anbieter die Versorgung nämlich bis zum nächstmöglichen Umschalttermin wieder aufnehmen. Das Entgelt dafür richtet sich nach den bisherigen Vertragsbedingungen und wird um die Hälfte gekürzt. Mehrwertdienste und Call-by-Call-Anrufe sind von der Kürzung aber ausgenommen. An den neuen Anbieter muss erst dann gezahlt werden, wenn der Wechsel geklappt hat.

Alle Unternehmen mussten sich nach der Neuregelung umstellen, um Wechsel möglichst schnell zu ermöglichen. Bei Vodafone Deutschland wurde ein Team für den Anbieterwechsel eingerichtet und ein zusätzliches für die Beschwerden, die über die Bundesnetzagentur kommen. Die Agentur sei die richtige Stelle dafür, sagte eine Sprecherin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, denn sie müsse darauf achten, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Der Wechsel des Telefonan-bieters sei immer noch ein Problem, so die Sprecherin, obwohl er keins mehr sein sollte. Es sei auch kein kleines Problem, denn in einzelnen Fällen könnten die Folgen für die Telefonkunden dramatisch sein.

Jährlich wechseln drei Millionen Menschen den Anbieter

Auf den gesamten Markt gesehen, fallen die Beschwerden allerdings wenig ins Gewicht. Jährlich gibt es in Deutschland mehr als drei Millionen Wechsel des Telefonanbieters, Mobilfunk und Festnetz zusammen genommen. Die Zahl der Beschwerden liege im Promillebereich, teilte Vodafone mit. Die Telekom weist darauf hin, dass die Zahl der Klagen in diesem Jahr bisher gesunken ist: Im Januar seien es insgesamt 529 gewesen, im Juli nur noch 326. Erheblich mehr Beschwerden erreichen die Netzagentur wegen des Missbrauchs von Rufnummern, zum Beispiel durch Gewinnmitteilungen, und wegen unerlaubter Telefonwerbung.

Tipps zum Wechsel

Um reibungslos zu wechseln, rät der Branchendienst Teltarif den Verbrauchern, auf keinen Fall selbst zu kündigen, sondern das dem neuen Anbieter zu überlassen.
Tipps finden Wechselwillige auch bei der Bundesnetzagentur. Sie rät unter anderem dazu, die Kündigungsfrist zu beachten, frühzeitig zu kündigen, den zukünftigen Anbieter mit der Kündigung zu beauftragen, die Mitnahme der Rufnummer rechtzeitig zu beantragen, die Daten zu aktualisieren und die Unterlagen sorgfältig und vollständig auszufüllen. wok