Die Stadt Pforzheim hat mit Zinsgeschäften unter anderem mit der Deutschen Bank 57 Millionen Verlust gemacht. Jetzt will sie die Bank dafür verklagen.

Pforzheim - Die Stadt Pforzheim will wegen verlustreicher Zinsgeschäfte noch im November Klage gegen die Deutsche Bank einreichen - wegen „grob fehlerhafter Anlageberatung“. Es geht um Schadenersatz aus Derivategeschäften in Höhe von rund 20 Millionen Euro plus Zinsen. „Wir wollen uns so viel wie möglich zurückholen“, sagte am Mittwoch ein Stadtsprecher. Pforzheim hatte in den Jahren 2004 und 2005 hoch spekulative Geschäfte abgeschlossen und dadurch viel Geld verloren: Die Verluste summierten sich auf 57 Millionen Euro.

 

Große Mehrheit im Gemeinderat

Der Gemeinderat hatte am Dienstagabend mit großer Mehrheit für die Klage gestimmt. Sie wird aller Voraussicht nach am Unternehmenssitz der Deutschen Bank, in Frankfurt, eingereicht. Das Kreditinstitut wollte das Pforzheimer Vorgehen nicht kommentieren.

Die Klage ist nach Angaben des von der Stadt beauftragten Anwaltes sehr umfangreich und umfasst über 30 Leitz-Ordner. Die Bank habe Pforzheim fehlerhaft beraten, sagte der Anwalt der Deutschen Presse-Agentur. Es seien Produkte zur Zinsoptimierung angepriesen worden, die dafür nicht geeignet gewesen seien, „sondern hochspekulativ“.

Pforzheim hatte sich im Dezember 2014 mit der US-Bank JP Morgan auf einen Vergleich vor dem Landgericht Frankfurt geeinigt, der der Kommune zwei Drittel ihrer Zinswetten-Millionenverluste ersetzte: rund 37 Millionen Euro. Die Kommune war die riskanten Geschäfte mit der amerikanischen Bank eingegangen, um Verluste aus Zinsgeschäften mit der Deutschen Bank gegenzufinanzieren.

„Die Deutsche Bank war bislang nicht bereit, auf uns zuzugehen“, begründete der Stadtsprecher die Klage. Man gehe „sehr hoffnungsvoll“ in das Verfahren.

Urteil von 2011 macht Mut

Nicht zuletzt wegen eines Urteils des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2011: Der BGH hatte die Deutsche Bank verpflichtet, dem Hygienehersteller Ille aus Altenstadt in Hessen gut 540.000 Euro Schadenersatz zu zahlen. Geld, das der Mittelständler durch den Kauf eines „CMS Spread Ladder Swaps“ im Jahr 2005 in den Sand gesetzt hatte. Die Bank habe ihre Beratungspflichten verletzt, urteilte der BGH damals. Auch in nachfolgenden Urteilen habe der BGH diese Linie weiter verfolgt, so der Anwalt der Stadt Pforzheim.

Die riskanten Zinsgeschäfte haben noch weitere gerichtliche Nachspiele: Wegen schwerer Untreue und Beihilfe dazu sollen sich Ex-Rathauschefin Christel Augenstein (FDP), die frühere Stadtkämmerin, und deren Stellvertreter voraussichtlich vom kommenden April an vor dem Landgericht Mannheim verantworten. Wegen des Spekulationsverbotes für Gemeinden hätten sie solche Geschäfte nie abschließen dürfen, so die Anklage. Auch zwei Mitarbeiter der Bank JP Morgan sollen vor Gericht: Sie haben laut Staatsanwaltschaft den Gemeinderat nicht korrekt über die Risiken der Zinswetten informiert.

Bei sogenannten Zinsswaps wird in Verträgen mit Banken auf steigende oder fallende Zinsen gesetzt. Etliche Mittelständler, kommunale Unternehmen und Kommunen hatten dabei hohe Verluste erlitten, neben Pforzheim auch Würzburg und Hagen.