Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs will offenbar Wehrbeauftragter werden. Dafür müsste er nicht nur einen Parteikollegen von dem Posten verdrängen. Dieser Karriereschritt hätte auch eine merkwürdige Vorgeschichte.

Berlin - Er habe ein „interessantes, attraktives Amt“, antwortete der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels in dieser Woche schmallippig, als er bei der Vorstellung seines Jahresberichts auch nach seiner persönlichen Zukunft gefragt wurde. Der SPD-Politiker ist seit 2015 der „Kummerkasten“ und Anwalt der deutschen Soldaten. Seine aktuelle Amtszeit endet im Mai, Bartels würde gerne ein zweites fünfjähriges Mandat bekommen, um Entwicklungen in der Truppe, Mängel bei Ausrüstung und Personal weiterhin kritisch zu begleiten.

 

Doch Bartels wird in diesen Tagen gleich von zwei Seiten angezählt. Die Union würde den Posten gerne mit einem der ihren besetzen. Aber auch aus den eigenen Reihen wird an seinem Stuhl gesägt: Der umtriebige Haushaltsexperte der SPD-Bundestagsfraktion Johannes Kahrs hat einem „Spiegel“-Bericht zufolge intern sein Interesse an dem Amt bekundet. Dies habe Kahrs bereits dem Fraktionsvorstand mitgeteilt. Auch befreundete Haushaltspolitiker des Hamburgers wüssten über seine Ambitionen Bescheid, meldete das Magazin.

Sorgte Kahrs ungefragt für neue Stellen?

Nun wäre Kahrs nicht unbedingt eine schlechte Wahl, als stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss bringt er Erfahrung in der Materie mit. Ungewöhnlich ist jedoch, dass der Sozialdemokrat seinem Parteifreund Bartels Konkurrenz machen will, obwohl dem sogar von der Opposition gute Arbeit bescheinigt wird.

Aufhorchen lässt die Meldung aber auch noch aus einem anderen Grund: Als oberster Haushaltspolitiker der SPD-Fraktion spielt Kahrs eine wichtige Rolle, wenn in den entscheidenden Etatberatungen des Haushaltsausschusses über den Bundeshaushalt noch einige Millionen hier, ein paar weitere Millionen dort verteilt werden. Und nach der letzten Runde standen auf dem Papier plötzlich vier neue Stellen für das Amt des Wehrbeauftragten – die Bartels gar nicht eingefordert hatte. Seitdem ging in Berlin das Gerücht herum, dass Kahrs dahinter stecke, weil er selber scharf auf den Posten sei.

FDP-Abgeordnete: Kahrs will „seinen eigenen Hintern retten“

Es sei ein „Unding“, wenn sich diese Vermutungen nun bewahrheiteten, sagte die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann unserer Zeitung. „Er hat also offensichtlich sein Bett bezogen, in das er reinspringt.“ Strack-Zimmermann glaubt, dass Kahrs angesichts der schlechten Umfragewerte der SPD seine Schäfchen vor der nächsten Bundestagswahl ins Trockene bringen will: Der 56-Jährige versuche offenbar, „seinen eigenen Hintern zu retten“ und verlasse daher „das sinkende Schiff“, sagte sie. Der normalerweise nicht um einen knackigen Kommentar verlegene Kahrs teilte dem „Spiegel“ auf Anfrage lediglich mit, um das Amt des Wehrbeauftragten bewerbe man sich nicht. Man werde berufen.