Das Leben eines Weinkolumnisten ist zuweilen einfach nur wunderbar, findet Michael Weier, der diesen Job bei uns macht. Zum Beispiel, wenn man zu einer Champagner-Gala eingeladen ist und von über dreißig Erzeugern ihr Blubberwasser probieren darf. Grandios!

Stuttgart - Wie blöd kann ein Weinkolumnist denn sein? Genau das habe ich mich gefragt, als ich am Montagabend in der Staatsgalerie zwischen diversen Ständen mit sehr vielen Flaschen drauf stand und nach Orientierung suchte. Die Fachzeitschrift Falstaff richtete in Stuttgart eine ihrer Champagner-Galas aus, wobei der Begriff auf die falsche Fährte führt: Eigentlich war das Ganze eher eine Messe, über dreißig Produzenten präsentierten ihre besonderen Tropfen, Gala nannte sich das wohl, weil als Dresscode dabei stand: „Auf das Tragen von Kombinationen von Jeans, T-Shirt und Turnschuhen bitte zu verzichten.“

 

Keine Angst, ich war nicht so blöd, zu einer Gala nicht wenigstens ein paar ordentliche Schuhe anzuziehen. Ich habe auch das Jackett nicht vergessen, aber die Orientierung! Im Saal stehend dachte ich: Jetzt sollte man ein Buch haben! Und was glauben Sie, liebe Flaschenpostleser? Ich besitze so ein Buch! Gerhard Eichelmann, deutscher Weinkritiker, hat ein solches geschrieben und ich habe es meiner Frau geschenkt, die Champagner als das über jeden Zweifel erhabene beste Getränk der Welt sieht. Meine Frau geht da mit einer Untertürkheimer Winzerin einig, die kürzlich sagte: Wenn ich auf eine einsame Insel müsste und nur eines mitnehmen dürfte, dann Champagner!

Aber zurück zur Orientierung: So ein Buch hilft da ungemein, wenn etwa ein Erzeuger nur zwei Sterne hat, ignoriere ich ihn einfach. Ohne Buch musste ich mich ganz tapfer durch den Saal trinken. Pommery, Piper-Heidsieck, Taittinger, Louis Roederer – und viele kleine, sehr spannende Weingüter. Etienne Calsac erzählte mir, wie er sich um die Qualität bemüht, für das Weingut Nowack gilt das gleiche, junge Wilde sind die beiden, die mit ihrem Brut nature einen Trend gesetzt haben. Inzwischen gibt es auch bei Louis Roederer einen Champagner ganz ohne Zuckerzusatz. Das alles durfte ich lernen. Ohne Turnschuhe, ohne Buch, dafür mit einem Glas Champagner in der Hand.

Wie schön kann das Leben eines Weinkolumnisten sein? Das habe ich mir sogar gleich beantwortet: Verdammt schön!

Tipp der Woche

Nein, Champagner machen sie nicht in Esslingen, aber immer besseren und ambitionierteren Sekt. Eine Alternative?

Kessler Sekt, Kreation Rosé de Pinot brut, 18,60 Euro.