Gutsle, Glühwein und Geschenke – auf sechs Adventsmärkten im Stuttgarter Norden konnten sich die Besucher auf Weihnachten einstimmen.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stuttgarter Norden - Die beiden Mädchen am Löwen-Markt in Weilimdorf geben ihr Bestes. Pudelbemützt mit zwei Altflöten in der Hand, stehen sie am Rand des mit 43 Ständen größten Weihnachtsmarktes im Stuttgarter Norden und spielen fehlerfrei klassische Weihnachtslieder im Duett. Die Stimmung in den rammelvollen Budengassen könnte kaum besser sein, doch nicht jedem Besucher kommt der passende Titel in den Sinn: „Was ist das noch für ein Lied, das kenn ich doch?“, fragt eine junge Frau im Vorbeigehen. „Kommet ihr Hirten!“, ruft’s. „Richtig“, sagt die Frau und erklärt fast entschuldigend: „Ich bin wohl noch nicht ganz auf Weihnachten eingestimmt.“ Na, lange wird das nicht mehr dauern. Denn auf dem Weilimdorfer Weihnachtsmarkt konnte man sich der adventlichen Stimmung genauso wenig entziehen wie an den fünf anderen Märkten im Stuttgarter Norden. 43 Stände waren Weilimdorf auf dem Löwen-Markt aufgebaut. Mehr als die Hälfte boten Kunsthandwerk. Am Abend sorgte Andy Burgert mit seiner Band für heiße Musik. Was dem einen Besuchern vielleicht zu laut ist und zu wenig mit Weihnachten zu tun hat, war für andere eine heiße Party mit Tanz und Musik. „Wir haben uns entschieden, dass wir hier Abends eine Band haben wollen, die für Stimmung sorgt“, sagt Organisator Ralf Futterknecht. „Spaß haben, Freunde treffen und gemeinsam eine gute Zeit haben – das ist für uns Weihnachten.“ Und immerhin hatte es tagsüber am Samstag und am Sonntag auf der Bühne ein abwechslungsreiches Programm gegeben, bei dem auch leisere und mitunter adventliche Töne zu hören waren.

 

Familiär und mit viel Engagement

Gewohnt familiär ging es am Samstagmorgen in Hausen los. „Wir sind klein, aber fein und verzichten bewusst auf gewerbliche Beschicker“, sagt Organisator Jürgen Scherbaum vom örtlichen Jugendhaus. Auch Bezirksvorsteherin Ulrike Zich war mit von der Partie, bevor sie am Mittag den zweitägigen Markt in Weilimdorf miteröffnete. „Hier in Hausen treffen sich viele Bekannte aus dem Ort, man kauft ein Kränzle und Gebäck, isst eine Currywurst oder einen Crêpes und das passt für alle“, sagte Ulrike Zich. Dass auch beim 32. Weihnachtsmarkt im Zazenhäuser Flecken niemand hungern oder gar dürsten musste, versteht sich von selbst. Glühwein, Punsch und andere wärmende Getränke standen dort ebenso zur Auswahl wie leckere Speisen. Posaunenchor, Flötenkinder und Gesangverein bildeten den musikalischen Rahmen. Auch die Esel der Jugendfarm kamen auf eine Stippvisite vorbei. „Hier auf dem Markt ist alles beim Alten“ sagte Clara Röger, die neue Vorsitzende des Zazenhäuser Bürgervereins, die einen tadellosen Einstand gab und vielseits für ihr Engagement gelobt wurde. Lobend erwähnen muss man in der Gesamtbetrachtung der Weihnachtsmärkte in den Außenstadtbezirken auch die zahlreichen Stricker, Häkler, Töpfer, Schnitzer, Krippenbauer, Kerzenzieher, Kränzeflechter und Weihnachtsbäcker, ohne deren teils wochenlangen Einsatz in heimischen Küchen und Hobbykellern ein großer Teil des Charmes verloren ginge. Privates Engagement ist es, das die Märkte in den Außenbezirken so besonders macht. Wer also am Wochenende noch auf der Suche nach einem Geschenk war und mit leeren Händen von einem der Weihnachtsmärkte wieder Hause ging, dem war nicht zu helfen. In Stammheim beispielsweise gab es neben selbstgemachten Postkarten und Schmuck auch Gestecke, Strümpfe, Mützen und Schals. Der für Stammheimer Verhältnisse eher kleine Markt im Hof des Gemeindehauses an der Kameralamtsstraße erfreute sich dennoch großer Beliebtheit. „Wir versuchen als Kirchengemeinde, die Tradition des Weihnachtsmarktes weiterzuführen“, sagte Pfarrer Thomas Mann. Das gehe jedoch nur in abgespeckter Version mit rund zehn Ständen. „Wir mussten leider schon Leute ablehnen, aber nur so lässt sich unser Adventsmarkt organisieren.“ Auch Initiator Reiner Dölfel bedauert, dass nicht mehr mitmachen können. „Weil der Markt auf Privatgelände ist, bekommen wir Genehmigungen einfacher. Aber für einen größeren Markt fehlen uns der Platz und auch die Stromanschlüsse.“ Dennoch: Nicht nur Bezirksvorsteherin Susanne Korge freute sich darüber, dass es nun zum zweiten Mal den Adventsmarkt gibt. Dies sei besser als gar keine Veranstaltung.

Weihnachtsbaum aus Edelstahl

Mehr Besucher als von manchem erwartet fanden sich am Samstagmittag auch am Hans-Scharoun-Platz in Rot ein. Dort organisierte der Roter Bürgerverein den Budenzauber: „Der Platz ist so belebt wie selten, es kommen auch viele Ältere her, denen der Weg zum Weihnachtsmarkt in die Innenstadt vielleicht zu beschwerlich ist“, sagte ein Lehrerin der Uhlandschule, die mit ihren Schülern Selbstgebasteltes anbot. „Wir wollen hier ein buntes Angebot bieten und nicht nur Glühweinstände“, sagte Gerhard Stähler, Vorsitzender des Bürgervereins. „Auf gewerbliche Anbieter verzichten wir an den 18 Ständen ganz.“ Nicht verzichten wollte man auf einen Weihnachtsbaum. Weil es mit einer Tanne, wie die Natur sie zu Stande bringt, in den vergangenen Jahren nicht immer zufriedenstellend geklappt habe, setzt man in Rot nun auf einen Baum aus Edelstahl: 200 Kilo schwer, sieben Meter hoch samt Stern auf der Spitze. „Und wiederverwertbar!“, wie Heinz Schwers betont, auf dessen Initiative und Entwurf hin der Baum gefertigt wurde. Ein Baum aus Metall? „Die Meinungen fallen neun zu eins positiv aus“, sagt Schwers.

In Botnang setzte man weniger auf die Edelstahltanne als auf den Klassiker mit Nadeln, Holz, Rinde und schöner Beleuchtung. Überhaupt taten Lampen, Lichter und Kerzen bei der Veranstaltung „Botnang leuchtet“ ihren Teil dazu, die Stände in der Botnanger Ortsmitte in ein schönes Licht zu tauchen. Örtliche Gewerbetreibende und private Anbieter auch von außerhalb schufen eine gelungene Mischung für einen stimmungsvollen Mittag und Abend. Das Sortiment reichte von Gutsle und Grillwurst bis hin zu Leberwurstplätzchen für Hunde – da kommt nicht nur Weihnachten sicher, sondern auch Bello, wenn man ihn ruft!