Beim Weihnachtsmarkt in Stuttgart-Birkach sollten mehrere Bundestagsabgeordnete Weihnachtsgeschichten vorlesen, darunter auch Dirk Spaniel von der AfD. Daraufhin wurde die gesamte Vorleseaktion abgesagt. Nun melden sich einige zu Wort und erklären ihre Ablehnung – oder ihr Unverständnis.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Birkach - Dass beim Birkacher Weihnachtsmarkt der AfD-Bundestagsabgeordnete Dirk Spaniel eine Weihnachtsgeschichte vorlesen wollte und daraufhin die gesamte Vorleseaktion mit insgesamt vier Bundestagsabgeordneten von verschiedenen Parteien abgesagt wurde, polarisiert die Menschen. In dem sozialen Netzwerk Facebook haben bis Donnerstagabend mehr als 3700 Nutzer den dazu gehhörigen Artikel im Internet geteilt. Außerdem sind zahlreiche Nachrichten in unserer Redaktion angekommen.

 

Auch die Bezirksbeiräte aus Plieningen und Birkach, die sich dagegen gewehrt haben, dass Dirk Spaniel im Gemeindepsychiatrischen Zentrum in Birkach – dem Café Fröschle – vorliest, erläutern ihre Haltung. „Die jüngsten Ereignisse um die AfD Stuttgart und im baden-württembergischen Landtag sowie die dramatische Orientierung der AfD-Jugend und der AfD in vielen Bundesländern zeigen, dass sich weite Teile dieser Partei immer radikaler und ungehemmter als fremdenfeindliche, frauenfeindliche, menschenverachtende, nationalistische und unchristliche politische Gruppierung positionieren und offen mit nationalsozialistisch ausgerichteten Bewegungen paktieren“, steht in einer gemeinsamen Stellungnahme von den Grünen, der SPD und SÖS/Linke-plus. „Dagegen stehen die am Birkacher Weihnachtsmarkt beteiligten Initiativen, Vereine und Organisationen für Menschlichkeit, Weltoffenheit, Toleranz, Gleichberechtigung und Inklusion.“ Es gebe in Birkach genügend andere engagierte Persönlichkeiten, welche die Lesung von Weihnachtsgeschichten zu einem gelungenen Moment machen können, schreiben sie.

„Demokratie heißt andere Sichtweisen aushalten zu können“

Auch mehrere Kirchengemeinderäte aus Birkach, Plieningen, Hohenheim und dem Asemwald äußern sich in einer gemeinsamen Stellungnahme: „Wer die aktuellen politischen Diskussionen verfolgt, weiß wie angespannt das Verhältnis zwischen der Evangelischen Kirche und der AfD derzeit ist. Viele evangelische Christen halten politische Positionen der AfD nicht vereinbar mit christlichen Glaubensgrundsätzen wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und dem Schutz von Schwachen.“ Außerdem betonten die Kirchengemeinderäte, dass die Lesung ja nicht etwa in öffentlichen Räumen, sondern eben in Räumen der Evangelischen Gesellschaft hätte stattfinden sollen. Sie argumentieren, dass der Bürger- und Kulturverein Birkach die Veranstaltung durchaus an einem anderen „neutralen“ Ort, etwa dem Vereinszimmer oder städtischen Räumen im alten Schulhaus hätte abhalten können.

Unterdessen machen einige Bürger ihrem Unverständnis über die Absage Luft: „Demokratie heißt, andere Sichtweisen aushalten zu können“, schreibt ein Mann per Mail an unsere Redaktion. „Solche Verweigerungen sind der Sargnagel der Demokratie.“ Und eine Frau argumentiert, dass erst durch die Erteilung des Hausverbots an Dirk Spaniel die gesamte Vorleseaktion eine „gewisse Brisanz“ bekommen habe.