Florian Noller vertreibt Weltraum-Gegenstände – so erfolgreich, wie sonst niemand auf der Welt.

Weil der Stadt - Seine Augen werden groß und größer. Einen harmlosen Wäschebeutel hält er in den Händen, drinnen ein Handschuh. „Und der Handschuh war auch noch dreckig“, erinnert sich Florian Noller an diesen Moment vor 17 Jahren, und seine Augen werden noch größer. Denn wie sich herausstellt, stammt der Handschuh von David Scott, dem amerikanischen Astronaut, der 1971 als siebter von bislang zwölf Menschen den Mond betreten hatte.

 

Ein dreckiger Handschuh von Scott bedeutet, Florian Noller hält viele, viele Staubkörnchen von echtem Mondgestein in der Hand. Ein Traum war in Erfüllung gegangen. Ein Stück vom Weltall, dem unbekannten Schwarzen, dem Weiten, dem Faszinierenden – davon träumt Florian Noller schon immer. Astronauten und Kosmonauten wagen den Schritt in diese unbekannte Welt, erobern die neuen Dimensionen, erweitern den Horizont der Menschheit. Gerade die Mondfahrer waren die ersten Menschen, die die Erde zum ersten Mal verlassen haben. „Als Sammler“, sagt Noller, „besitzt man einen Teil dieser Geschichte.“

Mit Tesafilm fischt er Körnchen für Körnchen heraus

Viele, viele Krümelchen Geschichte waren es in jenem Handschuh von Scotts Apollo-15-Mission. Mit Tesafilm fischte Florian Noller Körnchen für Körnchen heraus, verpackte sie einzeln. Für ein paar Groschen hatte Noller den Handschuh erstanden, für mehrstellige Beträge kann er jetzt jedes Mondkörnchen verkaufen.

Foto: factum/Bach
Ein Glücksgriff für den damals 23-Jährigen, von dem jeder Sammler träumt. „Das hat mein Haus hier finanziert“, sagt er. In dem Haus hat er sein Domizil aufgeschlagen, in Weil der Städter Halbhöhenlage. Einfamilienhaussiedlung, Goldfische im Gartenteich. Nichts deutet darauf hin, dass hier ein Weltmarktführer sitzt, ein Macher, bei dem niemand vorbeikommt, der in der Branche etwas sucht, bei dem die Crème der Astronautenriege ein- und ausgeht.

Aber für sein Unternehmen braucht Florian Noller auch nicht viel. Vor allem einen Internetanschluss, denn das Internet ist es, mit dem er groß geworden ist und was ihn groß gemacht hat. 1993, Noller war da gerade 16 Jahre alt, hat er sich seinen ersten Personal Computer angeschafft. Das Internet im heutigen Sinne gab es da noch gar nicht, lediglich komplizierte Mail-Dienste – mit denen er allerdings herausfinden konnte, wann die Space Shuttles in den USA starteten und landeten.

Florian Noller war damals Briefmarkensammler, und als solcher scharf auf Briefe, die genau an solchen Space Shuttle-Starttagen abgestempelt wurden. „Ja, das war der Grund, warum ich mich damals in diesem Internet angemeldet hab“, erinnert er sich. Und einmal dort drin, kommt das eine zum anderen. Denn in den Jahren um 1993 öffnete sich auch die Sowjetunion.

„Mensch, Du kennst doch den und jenen in Amerika, kannst Du mir nicht mal was besorgen“, war eine oft gestellte Frage an Florian Noller. Solange der eiserne Vorhang noch hing, war die Sammlerwelt klar aufgeteilt. Drüben sammelten sie russische Kosmonauten-Gegenstände, hier amerikanische Astronauten-Ausstattung. „Ein Brief brauchte ja zehn Tage“, erklärt Noller, „es gab einfach keinen Austausch zwischen den beiden Welten.“

„Man glaubt nicht, was sich für Leute auf Ebay rumtreiben“

50 Mark hat ein Juri Gagarin-Autogramm damals gekostet. In den USA konnte man dafür 2000 Mark verlangen – goldene Zeiten für den jungen Noller, der im Gegensatz zu den meisten in der Szene mit dem Internet umgehen konnte und daher in der Ost- und West-Szene Fuß fassen konnte. 1995 dann gründete sich das Online-Versteigerungshaus „Ebay“ – und natürlich war „SpaceFlori“, wie er sich dort nennt, von Anfang an dabei.

„Man glaubt nicht, was sich für Leute auf Ebay rumtreiben“, sagt Noller. Bis hin zum Multimillionär jagt dort die komplette Sammlerwelt ihre Schätze – für den „Space-Flori“ ist es immer noch die wichtigste Absatzplattform. Seine Produkte wandelten sich dagegen im Laufe der Zeit. Zu den Briefmarken und Autogrammen kam nach und nach auch die Hardware der Raumfahrer dazu, vom Handschuh bis hin zum kompletten Raumanzug.

„Der Sammlermarkt insgesamt geht leider zurück“, sagt er. Für den findigen Händler-Tüftler aber kein Problem, er erfand kurzerhand die Mond-Merchandising-Produkte. Irgendwo treibt Florian Noller eine Hitzeschutzfolie oder ein Stück Segel von einer Apollo-Mond-Mission auf – und zerschneidet die wertvollen Teile in kleine Stücke. Die kommen dann in Kugelschreiber-Kappen, auf Grußkarten, auf Din A4-Kartons oder in bei Amerikanern so schicke Acrylblöcke für den Schreibtisch. „Ich war der erste, der so was gemacht hat“, sagt Noller.

Die Kunden reißen ihm die Teile unter den Fingern weg – ein Gegenstand, der schon einmal auf dem Mond war, das haben viele gerne im Wohnzimmer. Aber woher weiß jemand, ob das Stück Hitzeschutzfolie wirklich von der Nasa stammt? „Da muss man mir vertrauen“, gibt er zu.

Aber genau dafür werden Händler wie er seiner Ansicht nach auch heute noch gebraucht. Heute, da jeder einen Internetanschluss in der Hosentasche hat, auf Ebay und anderen Plattformen ver- und ankaufen kann. „Ein guter Name ist da sehr, sehr wichtig“, sagt Florian Noller. Den hat er. Zwar ist er erst 40 Jahre alt, aber schon seit mehr als 20 Jahren im Geschäft. Überflüssig zu erwähnen, dass er seinen Händler/Sammlertraum mittlerweile hauptberuflich lebt, schon vor 16 Jahren hat er seine Banker-Karriere an den Nagel gehängt.

Denn Florian Noller hat viel zu tun. Gerade kommt er von einem Astronautenkongress in Arizona (USA) zurück und von einem Wochenende mit Gennadi Padalka, dem Kosmonauten, der am längsten im All war – und längst Nollers Freund ist. Wo ein dreckiger Wäschebeutel überall hinführen kann. . .