Es ist vollbracht: Pünktlich zum Start der Saison ist das begehrte Unesco-Zertifikat eingetroffen. Damit hat die Stadt ein weiteres Alleinstellungsmerkmal in der Region.

Weil der Stadt - Was haben Yoga in Indien, Rumba aus Kuba und die Fasnet Weil der Stadt gemeinsam? Sie alle sind immaterielles Kulturerbe der Unesco. Am 6. Januar, pünktlich zum offiziellen Start in die Fasnets-Saison, ist das begehrte Zertifikat aus der Unesco-Geschäftsstelle in Bonn eingeflattert.

 

Michael Borger, der Vorsitzende der Narrenzunft AHA, freut sich. „Das ist großartig“, sagt er. „Die Fasnet in Weil der Stadt als kulturelle Ausdrucksform ist schließlich ein Gemeinschaftserlebnis, das von einem Großteil der Bevölkerung anerkannt und mitgetragen wird.“ Vor allem der große Umzug lockt jedes Jahr 40 000 Besucher in die Stadt, ist also in der kompletten Region fest verankert. „Fasnet ist Teil der eigenen regionalen Identität und schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit und der Beheimatung“, sagt Borger überzeugt.

Ein Jahr Vorbereitung

Schon das ganze Jahr 2019 über hat die Narrenzunft an der Aufnahme in die Kulturerbe-Liste gearbeitet. Vor allem das Vorstandsmitglied James Bührer war mit der Beantragung betraut. Er feilte an dem gut 15-seitigen Formular, das es auszufüllen galt. Schließlich nimmt einen die Unesco nicht einfach so auf in diese Liste. Sie will nachgewiesen sehen, dass es um lebendige kulturelle Traditionen geht, die weitergegeben werden.

Bei der Saisoneröffnung um 11.11 Uhr am 11.11.2019 hatte die Narrenzunft erstmals bekannt gegeben, an der Aufnahme in die Kulturerbe-Liste zu arbeiten. „Denn das Brauchtum unserer Stadt ist das / was die ganze Welt nur einmal hat“, begründete der Zunftmeister Daniel Kadasch.

Zwar ist die schwäbisch-alemannische Fasnet bereits seit 2014 ein schützenswertes Kulturgut. Das Besondere in Weil der Stadt ist aber, dass man eben nicht die schwäbisch-alemannische Fasnet in Reinform lebt, sondern sie mit dem rheinischen Karneval verbindet. So gibt es hier neben den alemannischen Teufeln, Hexen und anderen Maskenfiguren auch einen eher im Rheinischen üblichen Elferrat (hier: Siebenerrat) und ein Ballett. Weil der Stadt liegt zwar im Schwäbischen, gehörte aber einst zum Bistum Speyer – so wird die Symbiose beider Traditionsstränge erklärt. „Wir leben dieses Alleinstellungsmerkmal, sind deswegen aber auch nicht Teil eines Netzwerks“, sagt der Zunftchef Borger. Man ist zum Beispiel bewusst nie der „Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte“ beigetreten. Deswegen ist es nach Borgers Dafürhalten aber auch gerechtfertigt, die Weiler Fasnet als eigenständige Tradition in die Kulturerbe-Liste aufzunehmen.

Ein Ansporn für die Narren

Das sieht jetzt auch das Expertenkomitee der deutschen Unesco-Kommission so. Sie würdigt die Weiler Fasnet „als kreativen Ausdruck des regional-kulturellen Erbes“. Der Brauch verbinde „regionales Wissen, Kunsthandwerk und Laienkreativität, fördert den Ausdruck von Emotionen und wirkt als generationenübergreifendes Gemeinschaftserlebnis“.

In der Weiler Narrenzunft sieht man dieses  als  Ansporn, weiterzumachen. „Wir sehen unsere vornehmste Aufgabe darin, Menschen zusammenzubringen, Gemeinschaft zu stiften und Offenheit für alle zu schaffen“, sagt Michael Borger. Er erkennt darin eine ganz aktuelle Botschaft. Schließlich habe die Fasnet ihre Buntheit durch kulturellen Austausch erlangt.

Auch Weil der Stadt hat mit der Auszeichnung ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. In der Region findet sich allenfalls noch der Schäferlauf Markgröningen auf der Welterbe-Liste. Das freut auch den Landkreis-Chef, der der Narretei zugewandt ist. „Dass Weil der Stadt zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt wurde, ist fantastisch“, sagte Landrat Roland Bernhard, als er vergangene Woche mit den Weiler Narren die CMT stürmte.