Er begeistert und interessiert sich für vieles und veröffentlicht im Schnitt jedes Jahr ein Buch. Der Autor Heinz-Joachim Simon hat schon über den Fotografen Robert Capa geschrieben, Krimis und historische Romane verfasst.

Für Heinz-Joachim Simon ist Schreiben gleichbedeutend mit Leben. Der frühere geschäftsführende Gesellschafter einer Stuttgarter Werbeagentur hatte schon als Kind von einem Leben als Schriftsteller geträumt. Also schrieb er zur Entspannung vom Brotberuf schon Romane, Fachbücher für Werbeleute, die auch in Mandarin übersetzt wurden, Krimis und historische Romane – seit 1998 hat er praktisch jedes Jahr ein Buch veröffentlicht. Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse las er aus seinem Thriller „Der Mann aus Hamburg – die Vatikanverschwörung“, der im Herbst 2015 erschienen ist. Pünktlich zur Buchmesse sollten auch „Im Licht von Paris“ und „Der Tod der Kaiser „ veröffentlich werden – selbst für den schaffigen 73-Jährigen ein anstrengendes Unterfangen.
Herr Simon, wie kann man in wenigen Worten jenen, die Sie noch nicht kennen, Ihren Weg zur Literatur beschreiben?
Bücher habe ich immer schon geliebt. Ein toller Schüler war ich nicht. Meine eigentliche Bildung habe ich mir durch Lesen, Lesen, Lesen erarbeitet. Deswegen habe ich vielleicht die Werbeakademie als Jahrgangsbester abgeschlossen. Ich wurde Werbeleiter bei einem Gartengerätehersteller und später Geschäftsführer und Teilhaber einer renommierten Werbeagentur in Stuttgart. Schon damals konnte ich die Hände vom Schreiben nicht lassen . . .
Ihr erstes Buch, 1984 erschienen, war ein Roman über die französische Revolution, „Das Geheimnis des Ruhms“. Stehen Sie heute noch hinter Ihrem Erstling?
Es hat den Charme des Anfangs. Aber natürlich habe ich in den letzten 30 Jahren dazugelernt.
Was war bisher Ihr größtes Projekt?
Zweifellos der Deutschland-Zyklus mit seiner Berlin-Trilogie. Ich fragte mich: Wie konnte ein Kulturvolk in die Barbarei versinken? Wie konnte es zu Auschwitz kommen? War es Zufall? Wenn ja, kann etwas Ähnliches hier wieder passieren? Ich schuf eine vielbändige Romanreihe, die von 1819 bis 1950 fast 150 Jahre deutscher Geschichte mit ihren Knotenpunkten in einer Familiensaga widerspiegelt. Meines Wissens der bisher einzige Versuch, den Schreckensweg deutscher Geschichte in die Dunkelheit zu erklären.
Was bedeutet die Leipziger Buchmesse für Sie als Schriftsteller?
Seit es die Leipziger Buchmesse gibt, bin ich dort Gast und halte Lesungen und Signierstunden ab. Ich liebe diese Buchmesse. Sie ist für mich die Kür, während Frankfurt Pflicht ist.
Sie haben dort aus „Der Mann aus Hamburg – die Vatikanverschwörung“, gelesen. Wie war das Interesse angesichts einer nicht unbedeutenden Konkurrenz an Büchern, Lesungen und anderen Veranstaltungen?
Ich war erstaunt, dass doch so viele Leute kamen. Auch erstaunlich viele junge Leute lesen offenbar historische Romane und viele wollten meine neuesten Bücher signiert haben. Etwa „Der Tod der Kaiser – die geheime Geschichte der Caesaren“, ein Krimi aus dem alten Rom. Mich selbst wundert das nicht allzu sehr, denn meine Leselust hat auch mit „Ben Hur“, „Quo vadis?“, dem „Grafen von Monte Christo“ oder den „Drei Musketieren“ so richtig angefangen.
Worum geht es?
Es geht um den Dichter Martial, der von mysteriösen Todesfällen im antiken Rom erzählt und von 40 bis etwa 102 nach Christus gelebt hat. Er bringt ungeheure Ereignisse der Weltgeschichte ans Licht. Wurden die Kaiser Vespasian und Titus ermordet? Mit seinem Freund Gaius Flavius Sabinus wird Martial in die Intrigen des römischen Reiches verstrickt. Der Leser erlebt die Zerstörung Jerusalems und den Untergang Pompejis. Mein historisches Vorbild war Marcus Valerius Martial, ein römischer Dichter, der die Gunst und finanzielle Unterstützung der römischen Kaiser Titus und Domitian erlangte. Das Buch ist also eine Mischung aus historischem Roman und Krimi.
Neben diesem Buch sollte vor der Buchmesse auch noch Ihr zweiter Neuling, „Im Licht von Paris“ erschienen. Hier geht es ja um eine ganz andere Epoche der Geschichte.
Wohl wahr. Und ich gebe zu, die Arbeitsbelastung und der Druck, gleichzeitig zwei Bücher zu einem vorgegebenen Termin zu veröffentlichen, waren durchaus quälend. Die beiden Bücher waren zudem zwei völlig unterschiedliche Baustellen und haben gewissermaßen die Zeit von 70 nach Christus sowie das frühe 20. Jahrhundert umfasst. Das Hin- und Her-Switchen beim Schreiben zwischen fast zwei Jahrtausenden war tatsächlich ein bisschen mühsam.
Und wovon handelt „Im Licht von Paris“?
Das Buch ist eine Hymne an Paris mit historischem Hintergrund – und selbstverständlich habe ich dort auch wieder recherchiert. Ich hatte das Paris der 1920er-Jahre im Kopf. Jene Bohème-Zeit, als Hemingway und Fitzgerald dort waren. Im Buch geht es viel um Literatur und das muntere Literaten-Café-Leben. Parallel dazu wird die Geschichte erzählt, wie der deutsche Außenminister Stresemann und sein französisches Pendant Briand in der Locarno-Konferenz versuchen, die Erbfeindschaft zwischen beiden Ländern zu überwinden. Erzkonservative versuchen das zu verhindern, Diplomaten werden ermordet. Ein deutscher und ein französischer Offizier versuchen die Täter zu entlarven.
Dann gönnen Sie sich jetzt, nach dem Stress mit zwei Büchern, wohl eine kreative Pause?
Nö, ich brauche keine Pause. Ich brauche das Schreiben, will meine Fantasien zu Papier bringen. Glücklicherweise habe ich auch eine Frau, die meine Leidenschaft versteht und meine an der Schreibmaschine geschriebenen Texte in den PC eingibt.
Dann planen Sie schon die nächsten Bücher?
So ist es. Ich habe einen ganzen Kasten voller Ideen, es mangelt nur an der Zeit, alle umzusetzen. Zurzeit schreibe ich an einem Buch über Echnaton. Da gilt es natürlich, die ganze Religion zu verstehen, die Lebensläufe der Pharaonen zu kennen. Und im Kopf arbeite ich bereits gedanklich an einem zweiten Buch mit einem Weil der Städter Thema, zur Hexenverbrennung. Es soll „Die Ehre von Weil der Stadt“ heißen und trotz des heftigen Themas auch humoristische und romantische Anteile haben. Und dann sitze ich seit Jahren an einem großen Projekt, das Ende des Jahres fertig werden soll. Es wird „Der Palast der Fantasie – Balzac, Zola und die anderen“ heißen und es geht um die Gespräche einer imaginären Literatenrunde aus Balzac, Zola, Flaubert, Hugo, Dumas und George Sand.
Außerdem steht ja einem Ihrer Bücher, „Barabbas“ , die Vertonung bevor . . .
Oh ja. Hermann Keller hat „Barabbas“ gelesen und bei mir angefragt, ob er das Buch als Oratorium vertonen darf. Er stammt aus Zeitz und lebt in Berlin. Sein Vorhaben erfüllt mich natürlich mit riesigem Stolz. Am 19. Mai um 19.30 Uhr wird der erste Teil des Oratoriums an der Musikhochschule Dresden uraufgeführt. Ich bin gespannt.