Der 58-jährige Beigeordnete reicht seine Bewerbung um die Nachfolge von Thilo Schreiber ein. „Ich möchte mich dieser Verantwortung stellen“, sagt Katz

Weil der Stadt - Dass er in dem aktuellen Führungsteam gerne weitergemacht hätte, daraus hat Jürgen Katz nie einen Hehl gemacht. Schon in seiner Rede im Juni 2018, als er sich um das Amt des Beigeordneten in Weil der Stadt beworben hatte, sagte er: Er werde daran arbeiten, dass Bürgermeister Thilo Schreiber 2020 nochmals antreten würde.

 

Schreiber tut das nicht. Insgesamt 21 Jahre Bürgermeistertätigkeit seien genügend, teilte er im März mit. Seitdem schauen viele Bürger und Mitarbeiter der Stadtverwaltung genau auf den Beigeordneten: Wird Katz es jetzt selbst machen? Wird er aufrücken? Kann und will er Bürgermeister sein – ein Amt, das er nie angestrebt hat, wie der Subtext der Bemerkung im Juni 2018 wohl lauten sollte?

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Jürgen Katz will. Am Freitagmittag versandte er den Text seiner Bewerbung an die Redaktionen. Zuvor war er bei Thilo Schreiber, der bei der Wahl im August als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses fungiert. Dort übergab der 58-jährige Jürgen Katz dem 54-jährigen Thilo Schreiber die Unterlagen mit der Bewerbung um die Nachfolge. „Den hohen Anforderungen, die mit dem Amt verbunden sind, bin ich mir bewusst“, schreibt Katz. Und: „Ich möchte mich dieser Verantwortung stellen.“

Vielfach sei er in den vergangenen Wochen zu einer Kandidatur ermuntert worden. „Es ist eine schöne Bestätigung, dass man mir offenbar zutraut, unsere Stadtverwaltung zu leiten und Weil der Stadt als aufstrebende Kommune insgesamt zu lenken“, berichtet der Bewerber. „In eine, und da bin ich zuversichtlich, gute Zukunft.“ Er sagt, dass er wisse, was ihn erwartet, schließlich sei er seit eineinhalb Jahren Beigeordneter.

Er lebt in Schafhausen

Als vor zwei Jahren die Nachfolge für die nach Rutesheim gewechselte Susanne Dornes (damals Widmaier) gesucht wurde, war die Bewerbung von Jürgen Katz eine veritable Überraschung. Geschäftsführer der „LBBW Immobilien Kommunalentwicklung“ (KE) war er, ein Amt, das in Prestige, Verantwortung und Bezahlung ein Vielfaches über dem liegt, was ein Beigeordneter einer Stadtverwaltung bekommt. So einer will zu uns?, rieben sich die Gemeinderäte ungläubig die Augen und wählten ihn, trotz Gegenkandidat, fast einstimmig.

Er habe Lust auf Neues, sagte Katz damals. Er wolle das Wissen seiner 35-jährigen Berufstätigkeit für das Wohl jener Stadt einsetzen, die ihm zur Heimat geworden ist. Und diese Berufstätigkeit ist durchaus unkonventionell. Nach dem Abitur in Freudenstadt machte er eine Ausbildung zum Gärtner, später noch den Abschluss als staatlich geprüfter Gartenbautechniker. Zwölf Jahre lang war er Bau- und Büroleiter für freie Landschaftsarchitekten und bekam, nach so viel Berufserfahrung und einer Prüfung, aber ohne Studium, den Titel Landschaftsarchitekt.

Anschließend war er 16 Jahre lang in führender Position bei der KE, wo er sich unter anderem mit Stadtplanung und Stadterneuerung beschäftigt hat. „Das rüstet mich zusätzlich für jene städtebaulichen Herkulesaufgaben, die Weil der Stadt geraume Zeit beschäftigen werden“, ist Jürgen Katz überzeugt.

Schafft er bei der Wahl am 2. August den Sprung auf den Chefsessel, wäre die Umstellung nicht mehr ganz so groß wie der Wechsel von der KE zur Stadtverwaltung. Zwar wohnt er seit 1994 mit seiner Frau Birgit und den beiden Kindern in Schafhausen, aber dennoch habe es beinahe ein Jahr gebraucht, sich im Rathaus mit den städtischen Verhältnissen und Abläufen vertraut zu machen, berichtet er.

Überall aktiv

Als Beigeordneter ist er in Weil der Stadt für die beiden Bereiche Bauen und Ordnung verantwortlich – also für fast alle derzeitigen Baustellen der Stadt. Ganz aktuell leitet er zum Beispiel den Corona-Krisenstab der Stadtverwaltung, daneben managt er die Nachwehen der Flüchtlingsbewegung und feilt an Plänen, wie die in allen Bereichen sanierungsbedürftige Infrastruktur erneuert werden kann.

Am Montag erst hat Jürgen Katz den Startschuss für die Marktplatz-Umgestaltung gegeben – eine der wegweisenden Entscheidungen der Stadt, an denen er mitgewirkt hat. Die zweite Weichenstellung, nämlich die Zukunft der Schulen, bereitet er derzeit im Hintergrund vor.

Als Bürgermeister könne er ohne Einarbeitung übernehmen, aktuelle Projekte weiterführen und vollenden, verspricht Katz in seiner Bewerbung – auch, wenn das angesichts der geringen Finanzen der Stadt und der Herausforderungen der Corona-Krise „wahrlich kein Spaziergang für Leichtfüßige“ sein wird, wie er erkennt.

Mit seiner Bewerbung wolle er Klarheit für die Bürger, die Gemeinderäte und die 400 Stadt-Angestellten schaffen. Mit dem Wahlkampf und einem ausgefeilten Wahlprogramm wolle er aber bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 6. Juli warten, kündigt der Bewerber an.