Zehn Tansanier sind hier derzeit zu Gast. Sie werden zu Touristen-Guides ausgebildet.

Weil der Stadt - Nanu, was ist denn da passiert? Die Zebras haben ja gar keine Streifen hier. Und die braunen Tiere, die durch das Gebüsch streifen, heißen hier gar nicht Antilopen, sondern Rehe? Salim ist verwirrt – und neugierig, denn es gibt einiges zu entdecken in Baden-Württemberg, wo er, zusammen mit sechs Mitschülern und drei Lehrern, seit zwei Wochen seine Zelte aufgeschlagen hat.

 

Richtig „fine“ sei es hier, erzählt Salim in perfektem Englisch. Besonders der „national park“ im Nordschwarzwald habe ihm gefallen, hier hat er schließlich auch die Pferde und Rehe entdeckt. Und Nationalparks kennt er auch aus seiner Heimat Tansania, 16 Stück davon gibt es in dem ostafrikanischen Land. „Wir suchen nach Parallelen“, erklärt Anne Mäckelburg. „Was gibt es also hier, was es in Afrika auch gibt – das erkunden wir gerade zwei Wochen lang.“

In dem kleinen Weil der Städter Reihenhaus von Anne Mäckelburg haben sich die zehn Tansanier während ihres Aufenthalts niedergelassen, ein paar von ihnen auf dem Sofa, die anderen auf Isomatten im Rest des Hauses. Auf dem Boden türmen sich noch die Camping-Konserven von der letzten Radtour entlang der Würm.

Wie geht man mit europäischen Besuchern um?

Einen richtigen Baden-Württemberg-Urlaub machen die Gäste aus Afrika hier also – und dennoch sind sie beruflich hier. Salim und seine Mitschüler besuchen nämlich die Forest Zone School in Mang’ula und werden dort zu Touristen-Guides ausgebildet. George Komba ist einer der Lehrer, der sie nach Weil der Stadt begleitet. „Wie geht man mit europäischen Besuchern um, wie macht man Führungen? – Das versuchen wir den jungen Menschen beizubringen“, sagt er.

Deshalb die Führung durch den Nordschwarzwald-Nationalpark, oder die Radtour an der Würm. Und die rührige Weil der Städterin Anne Mäckelburg erklärt überall, was wichtig ist und auf was europäische Touristen Wert legen. Da ist sie dann in ihrem Element, nach zwei Wochen ist ihre Stimme schon ganz heiser. „Ich war vor zehn Jahren das erste Mal selber dort“, sagt sie. „Und ich habe dort so viele, nette Menschen erlebt, dass ich gleich eine tiefe Freundschaft mit dem Land empfunden habe.“

Anne Mäckelburg ist nämlich nicht nur für Afrika engagiert, sie leitet auch die Weil der Städter „Naturschutzjugendgruppe“ (NAJU). 2006 hat ein NAJU-Mitglied ein freiwilliges soziales Jahr in Tansania gemacht, so kam der Austausch mit der Forest Zone School zustande. Schulleiter Abdallah Rashid Kisunga freut sich über die Unterstützung aus dem Schwabenland: „Wir Lehrer arbeiten alle ehrenamtlich und brauchen dringend Geld.“

90 Prozent der Bevölkerung schlagen sich in Tansania mit Tagelöhner-Jobs durch

Denn eigentlich kosten Schule und Berufsausbildung in Tansania Geld. Weil sich das kaum einer leisten kann, versuchen sich 90 Prozent der Bevölkerung dort mit Tagelöhner-Jobs über Wasser zu halten und zu überleben. „Wir wollten ’was machen und die Situation verbessern“, erklärt Abdallah Rashid Kisunga. Deshalb hat er seine Forest Zone School gegründet, in der etwa 150 Schüler nicht nur kostenlos unterrichtet werden, sondern auch ein Essen bekommen.

Anne Mäckelburg ist von dem Projekt begeistert. „Es sind hier ja Einheimische, die sich selbst zu helfen versuchen“, sagt sie, und hatte da schon längst die nächste Idee ausgegraben, wie sie die Initiative unterstützen kann. Mit ausrangierten Fahrrädern nämlich. „Räder sind dort kein Freizeitvergnügen, sondern lebensnotwenig, weil es sonst keine Transportmittel gibt“, erklärt Anne Mäckelburg.

Dabei hilft ihr Hartmut Bauer, ein versierter Bastler. Etwa 300 Fahrräder sammeln sie pro Jahr, machen einen Container voll und schicken ihn nach Tansania. „Die Leute hier haben oft keine Vorstellung, was man aus alten Rädern noch machen kann“, sagt Hartmut Bauer. Aus zwei kaputten ein fahrendes Fahrrad zu machen – das ist deshalb ein lebensnotweniges Handwerk, das auch an der Forest Zone School unterrichtet wird und das auch Fremdenführer Salim beherrscht. Er überlegt im Moment, ob er seine Gäste auf dem Rad durch die Nationalparks führen könnte. Dann aber in Tansania, zum Beispiel in der Serengeti, oder im Ruaha, seinem Lieblings-Nationalpark – und dann zu richtigen Zebras und Antilopen.

Helfen:

Wer alte Fahrräder, Werkzeugeoder auch Nähmaschinen hat, kann sich an die NAJU-Mitglieder wenden. Aber auch Geldspenden sind willkommen. Und wer selbst Tansasia erkunden will, dem vermittelt Anne Mäckelburg gerne den Kontakt zu den frisch ausgebildeten Tourist-Guides. Telefon 01 52 / 38 75 88 70 oder auf der Homepage www.najuwds.com