Den Hinweis „Tempo 30 für das gesamte Rebgebiet“ kennt die StVO nicht. Deshalb muss die installierte Schilder-Schöpfung der Stadt Fellbach entfernt werden.

Fellbach - Seit fast 20 Jahren wundern sich Rad- und Autofahrer über die Schilder am Kappelberg: Tempo 30, ergänzt um den Zusatz „Für das gesamte Rebgebiet“. Eine Schöpfung der Fellbacher Stadtverwaltung. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) kennt so etwas nicht.

 

Für den Außenbereich gibt es keine gesetzliche Regelung zu Geschwindigkeitsbeschränkungen sagte Werner Rögele, der Leiter des Amts für öffentliche Ordnung im Fellbacher Rathaus. Die Wengerter hatten allerdings große Sorgen wegen der Zunahme rasender Radler auf den abschüssigen Weinbergwegen, die nach den Rebflurbereinigungen zur Freizeitnutzung geradezu einluden.

Deshalb hat sich die Stadtverwaltung seit 1992 mit dem Thema befasst. Denn wenn ein rasender Radfahrer gegen einen Weinbergschlepper knallt, der gerade aus einer Rebzeile herausfährt, haftet womöglich der Wengerter. Der freilich sitzt auf dem Schlepper ganz hinten und kann den Radfahrer erst sehen, wenn das Vorderteil seines Fahrzeugs bereits auf der Straße steht.

Schon 1992 ist deshalb der damalige Fellbacher Oberbürgermeister Friedrich-Wilhelm Kiel im Auftrag der Weingärtner von Fellbach, Rotenberg, Untertürkheim und Bad Cannstatt bei der Landesregierung vorstellig geworden. Das formulierte Ziel: Wegen der vielen Beinahe-Unfälle auf Weinbergwegen solle eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt werden. Weil es tatsächlich kaum dokumentierte Unfälle gibt, wurde das im Stuttgarter Kabinett rundweg abgelehnt. Die Stadtverwaltung hat dann einfach mal eine Tempo-30-Zone für die gesamte Rebflur ausgeschildert. Wohl wissend, dass die Sache juristisch auf wackligen Beinen steht. Eine Änderung im Verkehrsverhalten hat niemand festgestellt, berichtete jetzt Rögele im Verkehrsausschuss des Gemeinderats. Aber die Tempo-30-Zone blieb. Jedenfalls so lange, bis sich jemand über die kreative Beschilderung beschwerte. 1996 hat der Fellbacher Verkehrsausschuss noch einmal über einen Erlass des Regierungspräsidiums diskutiert: Die Schilder seien unzulässig, sie müssen weg. Zwar versuchte OB Kiel, den damaligen Verkehrsminister Hermann Schaufler einzuspannen, ein gutes Wort für Fellbach beim Regierungspräsidium (RP) einzulegen, doch auch der konnte die Beamten im RP nicht umstimmen. Allenfalls an gefährlichen Stellen dürfe punktuell Tempo 30 oder Tempo 20 ausgeschildert werden, wenn Unfallgefahr nachgewiesen sei.

Das fällt aber schwer. „Wir haben keine Erkenntnisse über Unfälle auf Weinbergwegen“, sagte Rögele. Weil auch eine Initiative des Weinbauverbands Württemberg im Sande verlief, führt kein Weg mehr daran vorbei: Jetzt kommen die Zonen-Schilder weg. Einige hat das Ordnungsamt schon entfernt, die anderen werden folgen, sofern sie nicht schon von Schildersammlern geklaut wurden. Rechtlich haben sie keine Bedeutung, sagte Rögele, „so eine Beschilderung bringt nichts“. Auch den Wengertern nicht, wenn ein Radfahrer über die Motorhaube segelt. Radfahrer haben zumeist keinen Tacho, die halten sich sowieso an kein Tempolimit.

Lediglich auf dem Hauptweg zum Kappelberg, dem Gotthilf-Volzer-Weg, bleibt Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit. Auf den anderen Wegen dürfen alle fahren, so schnell es die Situation erlaubt.