Die Weinbauern erwarten eine Ernte mit „ganz normalen“ Erträgen nicht vor Oktober.

Leonberg - Noch dauert es eine Weile bis zur Lese, die ersten Trauben färben sich gerade dunkelrot-violett. Doch schon jetzt können die Wengerter in den Weinbergen rund um Eltingen und Leonberg sagen, dass 2019 ein „ganz normales Jahr“ ist. Es wird also nicht wie im Super-Sommer 2018 eine sehr frühe und üppige Ernte geben. Da sind sich Heiko Fink und Thomas Friedrich vom Obst-, Garten- und Weinbauverein Eltingen-Leonberg sicher. Der Winzermeister und der Geologe erklären rund einem Dutzend Interessierter, wie es um die Trauben steht, aus denen einmal Wein aus heimischer Produktion werden soll.

 

Auf die Reben im Gewann „Lange Furche“ scheint an diesem heißen Sonntagmittag ordentlich die Sonne. Die Färbung der Trauben zeigt den Beginn der Reife an. Jetzt werde das Wetter besonders wichtig, die Sonne müsse an die Trauben kommen, sagt der Geologe Friedrich. Deswegen müsse man rund um die Trauben „ausblätteln“, aber nicht komplett, erklären die beiden Fachleute. Die alten Blätter direkt an den Trauben kommen zuerst weg, während die jungen Triebe weiterhin über die Sonne Energie aufnehmen. Grüne Früchte unter den roten Trauben könne man jetzt ebenfalls entfernen, sagt Heiko Fink. Das verringere zwar die Menge, erhöhe aber die Qualität des Endprodukts Wein.

Fressen die Viecher die Trauben weg?

Auch in Sachen Schädlinge ist noch einiges möglich. „Es könnte noch passieren, dass uns die Viecher die Trauben wegfressen“, sagt der Geologe Friedrich. Denn vom Marder über die Vögel bis hin zu den Wespen – „Wir haben gerade ein Wespenjahr“ – gibt es einige Tiere, denen die Trauben auch schmecken. Das Wetter kann den Wengertern ebenfalls noch einen Strich durch die Rechnung machen. „Wenn es jetzt noch viel regnet, können die Beeren aufplatzen, weil die Haut nicht mehr mitwachsen kann“, erklärt Heiko Fink. Und dann kommen die Fruchtfliegen an die Beeren. Auch der Mehltau könne noch kommen, der mache aber den Trauben nichts, sondern gehe nur an die Blätter.

Damit sich die Vögel nicht zu sehr über die immer süßer werdenden Trauben hermachen, werden demnächst wieder blaue Netze rund um die Rebstöcke gelegt. Wann aber die Weinlese beginnen wird, das können die beiden Fachleute heute noch nicht sagen. Schon im September zu ernten, wie im vergangenen Jahr, sei die Ausnahme. Es werde sicher Oktober werden. Das Wetter, die Lage und das Personal bestimmen den Beginn der Lese. Außerdem werden verschiedene Sorten zu verschiedenen Zeiten geerntet, schon deswegen könne es keinen festen Termin geben, erklärt Winzermeister Fink.

400 Mitglieder

Mit dem Ehrenberg und der Feinau in Eltingen sowie der Langen Furche und dem Schützenrain in Leonberg gibt es rund 3,5 Hektar Weinbaufläche in der Stadt. Diese gehören rund 30 Eigentümern, alles Nebenerwerbs-Wengerter, wie Stefan Hartmann erklärt. Er ist der zweite Vorsitzende des OGWV Eltingen-Leonberg. Der Verein ist mit über 400 Mitgliedern der größte seiner Art im Kreis Böblingen. Und, so fügt Hartmann hinzu, der einzige, bei dem Weinbau eine Rolle spielt, weil es den sonst im Landkreis nicht gebe.

Rund 10 000 Liter Wein könne man durchschnittlich pro Hektar Rebfläche herausholen. Die Eltinger und Leonberger Wengerter produzieren und vermarkten ihren Rebensaft in Eigenregie, etwa beim großen Wengerterfest in der Feinau. Da funkeln dann heimischer Riesling, Merlot, Lemberger oder Spätburgunder in den Gläsern. „Sortentechnisch haben wir eine große Vielfalt“, sagt Winzermeister Heiko Fink. Mit 70 Prozent überwiege aber, wie im ganzen Land, der Rotwein.

Nachwuchs fehlt

Wie es mit der langen Weinbau-Tradition unter dem Engelberg weitergeht, hängt auch vom Winzernachwuchs ab. Die Jugend komme nicht nach, so Stefan Hartmann, es rentiere sich nicht im Nebenerwerb und mache trotzdem viel Arbeit. Der Bedarf und die Nachfrage nach lokalem Wein sei zwar da, doch schließlich entscheide der Preis darüber, was gekauft wird. „Nach dem Krieg gab es in der Stadt rund 14 Besenwirtschaften“, erzählt Hartmann, „heute gibt es nur noch eine.“

Übrigens: Schutzpatrone der Winzer sind der heilige Cyriak, einer der vierzehn Nothelfer, als Beistand gegen Frost und Unwetter, sowie der heilige Urban von Langres, der oft verwechselt wird mit dem Heiligen und Papst Urban I., als Helfer für gesunden Rebenwuchs. Beide Schutzpatrone werden oft mit einer Weintraube oder einem Weinstock in der Hand dargestellt.