Ralf Bauer aus Flacht und sein Border Collie haben Großes vor: Sie greifen nach einem tierischen Weltmeistertitel.

Weissach - Dienstagabend, mitten auf einem Feld hinter der Flachter Sporthalle. Brix springt freudig aus dem Kofferraum, läuft schwanzwedelnd auf die wohlbekannte Wiese seines Herrchens und schnuppert an den vertrauten Hindernissen. Nachdem keine Anweisungen für sportliche Tätigkeiten erklingen, lässt er sich gemütlich im Gras nieder, legt seinen Kopf auf der rechten Pfote ab und beobachtet aufmerksam, wie sein Besitzer Ralf Bauer von der gemeinsamen Leidenschaft „Agility“ und der Teilnahme bei der Weltmeisterschaft im Oktober erzählt.

 

„Die Bindung zum Hund ist bei diesem Sport wahnsinnig wichtig und Brix und ich sind einfach ein harmonisches Team“, beginnt Ralf Bauer aus Flacht seine Erzählungen, wie er und sein vier Jahre alter Border Collie es zu den Weltmeisterschaften geschafft haben. „Unsere Stärke ist, Ruhe zu bewahren und bis zum Schluss mit voller Konzentration dabei zu bleiben – das hat uns die Qualifikation gerettet.“ 126 Bewerber haben die zwei mit ihren Läufen hinter sich gelassen und reisen nun im Oktober mit drei weiteren Kandidaten aus Deutschland nach Liberec, Tschechien.

Auf kuriose Weise fand Ralf Bauer seinen Weg zu dem wachsenden Hundesport Agility. „Ich hab vor zwölf Jahren einen 15-sekündigen Bericht über die Agility-WM in Dortmund gesehen“, berichtet der Flachter. „Diese Kombination von Mensch und Hund hat mich so fasziniert und ich wusste – das ist meine Sportart.“ Seitdem bildet er seine eigenen Hunde aus, gibt aber auch Seminare und Trainingseinheiten für andere Hundebesitzer. Die Hunde werden bei Agility-Wettkämpfen in drei Größen eingestuft und müssen dann einen Parcours mit Hindernissen, Tunneln und Wippen durchlaufen – alles auf Kommando ihrer Besitzer, die den Parcours mitlaufen und Anweisungen rufen oder per Handsignal geben. „Agility wurde in den 70er Jahren in England erfunden und basiert eigentlich auf den Ideen des Springen für Pferde“, erklärt der Fachmann Bauer. „Die Läufe werden nach Zeit und Fehlerpunkten gewertet.“ Was für viele Unwissende schwer nachvollziehbar ist: bei diesem Sport ist der Mensch das Hauptinstrument. Die Hunde reagieren sensibel auf jede Stimmung, Bewegung oder Stimmlage. „Die einzige Stange, die wir bei der Qualifikation gerissen haben, fiel, weil ich innerlich schon gejubelt habe und sich das sofort auf Brix übertragen hat“, versucht Ralf Bauer das Prinzip zu verdeutlichen. „Man muss die Fehler immer bei sich suchen und nicht, wie viele wahrscheinlich denken, bei den Tieren.“

Brix liegt träge im Gras und genießt die vereinzelten Sonnenstrahlen. Nach so viel Theorie wird es aber Zeit fürs Praktische. Bevor Ralf Bauer die ersten Anweisungen gibt, streicht der Border Collie aufgeregt um die Beine seines Herrchens und ist kaum noch zu bremsen. In wenigen Sekunden schlängelt er sich elegant um die aufgebauten Slalomstangen, springt über 65 Zentimeter hohe Stangen und rast durch einen Tunnel hindurch. Als Belohnung gibt es nicht etwa „Leckerli“, sondern das Lieblingsspielzeug des Rüden. Faszinierend ist auch der ständige Blickkontakt zu Ralf Bauer – selbst während der Hund über die Hindernisse springt schaut er zu ihm hinüber und wartet auf das nächste Kommando. „Der würde jetzt so lange rennen und springen, bis er umfällt“, scherzt Bauer, als er Brix eine kurze Verschnaufpause gönnt. Die beiden verbringen nicht nur jede freie Minute miteinander, sondern teilen sich sogar die Wasserflasche. „Border Collies sind sehr helle Köpfchen und verstehen laut einer kanadischen Universitäts-Studie fast so viel wie ein zweijähriges Kind “, lobt Bauer die besonderen Rasse-Merkmale seines Rüden.

Im Oktober wollen Ralf Bauer und sein „helles Köpfchen“ nun ihr Ziel verwirklichen und mit der deutschen Mannschaft Weltmeister werden. „Am Anfang haben mich alle für einen Spinner gehalten, weil der Titel seit zwölf Jahren mein Ziel ist und ich mich nicht mit weniger zufrieden gebe“, sagt er. Bleibt nur noch das Daumen drücken für die Fans des sportlichen Duos.