Die Vergangenheit holt die Weissacher Kommunalpolitik wieder ein. Die Ermittlungen gegen die Ex-Bürgermeisterin Ursula Kreutel werden konkret, die Summe der strittigen Anwaltshonorare immer höher. Indes rechtfertigen die Freien Wähler die Kommbau-Praktiken.

Weissach - Die Ermittler werden in diesen Tagen im Weissacher Rathaus erwartet. Es geht um den Vorwurf der Untreue gegen die ehemalige Bürgermeisterin Ursula Kreutel. Strittig sind die Anwaltshonorare für die Rechtsanwälte von Price Waterhouse Coopers (PWC), die Kreutel in mehreren Prozessen gegen den ehemaligen Hauptamtsleiter Jürgen Troll vertreten hat. Zu den bislang bekannten 97 000 Euro Honoraren kommen wohl noch einige 10 000 Euro dazu, da diese wohl auf unterschiedlichen Haushaltsposten verbucht wurden.

 

„Die Ermittlungen laufen“, erklärt Claudia Krauth, die Sprecherin der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Und das werden sie noch eine ganze Weile, Krauth rechnet nicht damit, dass es schnell geht. „Das ist aber noch im Rahmen üblicher Verfahren“, betont sie. Allerdings datiert die Anzeige schon aus dem Dezember 2013. Im Kern geht es um die Frage, ob für die Aufträge an die Stuttgarter Rechtsanwälte Gemeinderatsbeschlüsse eingeholt wurden. Ein Bürgermeister darf in Weissach nur bis 15 000 Euro verfügen, darüber hinaus muss er den Gemeinderat fragen. Ob und wie weit die Gemeinderäte eingebunden wurden, darüber gab es in der Vergangenheit viel Streit – bis hin zu Protokollen, die angeblich nachträglich abgeändert worden sein sollen.

Auch dieser Vorgang aus dem Jahr 2013 wurde wohl von der Staatsanwaltschaft untersucht. In dieser Frage wird aber nicht gegen Kreutel ermittelt. „Es gibt keinen grundsätzlich neuen Tatbestand“, erklärt Krauth. Mehr dazu gebe es erst nach Abschluss der Ermittlungen, wenn das Verfahren eingestellt oder Anklage erhoben worden ist. Das kann sich aber noch Monate hinziehen.

In der juristischen Auseinandersetzung zwischen Kreutel und Troll ging es darum, dass die Bürgermeisterin ihren Hauptamtsleiter entlassen hatte und dieser sich erfolgreich dagegen gewehrt hat. In der Folge strengte Troll eine ganze Reihe von Unterlassungserklärungen gegen Kreutel an, um ihr zu verbieten, über die Gründe für die Entlassung öffentlich zu sprechen. Die Prozesse hat Kreutel allesamt verloren. Die Rechtsanwaltskosten von insgesamt deutlich über 100 000 Euro fielen sowohl für die prozessuale Vertretung, aber auch für rechtliche Beratung in den Fällen an.

Das Thema wird den Weissachern jedenfalls noch eine Weile erhalten bleiben. Ebenso wie die Debatte um die kommunale Baugesellschaft Kommbau. Dazu gibt es eine Stellungnahme der Freien Wähler (FWV), die Anfang November ihre Hauptversammlung abgehalten haben. Der Ortsverbandschef Wolfgang Gohl und der Fraktionschef Volker Kühnemann rechtfertigen sich in einem Bericht im aktuellen Amtsblatt.

Wie berichtet waren bei der Kommbau Aufträge nicht, wie in der Gemeindeordnung vorgeschrieben, an den günstigsten Bieter vergeben worden, sondern mit Nachverhandlungen fast immer an örtliche Firmen. Gohl und Kühnemann halten das alles für korrekt. „Die Kommbau wurde im Jahr 2002 gegründet, um gleichzeitig in Weissach und Flacht Pflegeheime zu schaffen“, heißt es in ihrem Text.

Die Ausschreibung habe sich an „anerkannt leistungsfähige Firmen“ aus der Region gerichtet, der Aufsichtsrat habe die Aufträge vergeben. „Die Transparenz war gegeben, irgendwelche Absprachen gab es keine“, betonen sie. Die Vorteile für die Gemeinden seien offensichtlich. Die anderen Bauprojekte seien ohne die Kommbau in direktem Auftrag der Gemeinde gebaut worden. „Bedauerlich ist, dass mit Behauptungen und Andeutungen in der Presse das Ansehen der Gemeinde gelitten hat“, schreiben die beiden FWV-Chefs.

Sie kritisieren zudem, dass erst nach der Bürgermeisterwahl über die Kommbau-Vergaben berichtet wurde. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass von Unzulänglichkeiten in der Verwaltung abgelenkt werden sollte“, heißt es. Es sei ein „ungeheuerlicher Vorgang“, dass der Gemeinderat von den Berichten der Gemeindeprüfungsanstalt erst aus der Presse erfahren habe.

Bei der Versammlung war auch der Bürgermeister Daniel Töpfer anwesend. Die Freien Wähler forderten ihn dort auf, Transparenz zu schaffen und die Bevölkerung zu informieren. Auf der Sitzung hat der Bürgermeister angekündigt, alles sauber aufzuarbeiten – aus heutiger Sicht habe sich das Verfahren in einem rechtlichen Graubereich befunden.

Immer wieder verweisen auch die Freien Wähler darauf, dass es eigene Gutachten gegeben habe, wonach die umstrittene Auftragsvergabe rechtens war. Darin ist allerdings nur von „fehlender Rechtsprechung“ die Rede, nach dem Motto „So lange es niemand beanstandet, kann es nicht falsch sein“. Spätestens mit einer Stellungnahme des Regierungspräsidiums und des Landratsamtes im Jahr 2004 war die Rechtslage allerdings klar – die Behörden hatten angemahnt, dass sich die Kommbau auch bei ihren Bauaufträgen an die Vergabeordnung zu halten habe.