Wolfgang Gohl und Volker Kühnemann ziehen sich langsam zurück. Detlef Bausch ist der neue Mann.

Weissach - Hätte nicht Detlef Bausch vor ein paar Jahren eine Veranstaltung des CVJM in Flacht moderiert, er wäre womöglich nie in der Kommunalpolitik gelandet. Doch der ausgebildete Krankenpfleger machte seine Sache so gut, dass sich Wolfgang Gohl und Volker Kühnemann seinerzeit dachten: „Diesen Mann können wir gebrauchen.“

 

Die beiden Routiniers der Freien Wähler warben ihn für ihren politischen Verein an, jetzt tritt der 50-Jährige in ihre Fußstapfen. Der Vater dreier Töchter, der dem Gemeinderat seit 2014 angehört, hat vor kurzem Volker Kühnemann als Fraktionsvorsitzender beerbt, in einem Jahr soll er auch die Führung des Ortsverbandes übernehmen. Wolfgang Gohl, der die Freien Wähler in Weissach vor 28 Jahren gegründet hatte, bleibt noch so lange im Amt, um seinen Nachfolger einzuarbeiten. Bis dahin ist Bausch der stellvertretende Chef.

Fließender Übergang

„Uns ist ein fließender Übergang wichtig“, sagt Wolfgang Kühneman, der bisherige Vizechef der Freien Wähler. Genau wie Gohl ist Kühnemann einer der Polit-Veteranen am Strudelbach. Während aber Gohl bereits bei der Kommunalwahl 2014 nach fast 40 Jahren im Gremium nicht mehr antrat, will Kühnemann noch zwei Jahre warten. 2019 vollendet er sein 70. Lebensjahr und war dann 35 Jahre im Gemeinderat. Ein guter Zeitpunkt, um endgültig aufzuhören, wie er meint. Aus der ersten Reihe hat er sich ja bereits zurückgezogen. Das muss jetzt Bausch richten.

Der hat die Chance, quasi eine neue Ära einzuleiten. Die Zeit der ganz großen Auseinandersetzungen scheint vorbei. Unter Bürgermeister Daniel Töpfer werden nun die Weichen neu gestellt.

Das sah zu den Hochzeiten von Gohl und Kühnemann anders aus. „Wir haben Höhen und Tiefen miterlebt“, erinnern sich beide. Wobei die Höhen überwogen hätten. Ein bemerkenswertes Fazit, angesichts der Turbulenzen der vergangenen Jahre, in der Schlagzeilen über Missstände im Rathaus und eine fragwürdige Rolle der gemeindeeigenen Baugesellschaft Kombau für Aufsehen gesorgt hatten.

Gemeinde ist schuldenfrei

Doch die beiden Rathaus-Routiniers verweisen auf andere Themen: Bis heute ist die Gemeinde schuldenfrei. Das Porsche-Entwicklungszentrum habe Weissach trotz aller Probleme einen enormen Aufschwung beschert. In den Siebzigern gab es sogar das Ziel, dass die Gemeinde binnen 20 Jahren auf 11 000 Einwohner wachse.

Dass daraus nichts wurde – in den Teilorten Weissach und Flacht leben gut 7400 Menschen – führen Gohl und Kühnemann auf die knappen Entwicklungsflächen zurück: „Wir haben gute Arbeitgeber, aber keine Wohnflächen.“ Die Orte müssten sich über die Höhen entwickeln.

Und den heute recht absurd klingenden Plan, das Strudelbachtal zwischen Weissach und Flacht quasi zuzubauen, wurde fallengelassen. Erschwerend kommt hinzu, dass Weissach nicht an der S-Bahn liegt. Doch nur solche Kommunen werden vom Regionalverband als Entwicklungszonen eingestuft, können sich also erweitern.

Immerhin gibt es ja noch die Schienen der Strohgäubahn. Auf der tuckert im Moment zwar nur der Feurige Elias. Aber wer weiß? Gohl und Kühnemann sind jedenfalls froh, dass die Gleise noch liegen.

Soweit zu den Höhen. Es verwundert nicht, dass das alte Führungsduo die Tiefen vor allem mit einem Namen verbindet: Ursula Kreutel. Der früheren Bürgermeisterin werfen sie vor, dass sie den Gemeinderat über die Untersuchungen der Gemeindeprüfungsanstalt nicht informiert habe: „Wir haben keine Berichte vorgelegt bekommen, und auch keine Jahresabschlüsse.“ Auf jeden Fall seien sie mit der Arbeit der Verwaltungschefin nicht zufrieden gewesen und hätten zwei Dienstaufsichtsbeschwerden gegen sie angestrengt.

Ein Vorgehen, dass von den Wählern offenbar nicht honoriert wurde: „Wir galten als Querulanten“, erinnert sich Kühnemann. „Das hat uns bei der Kommunalwahl 2014 mindestens einen Sitz gekostet.“

An dem angespannten Verhältnis sei allein Kreutel, die selbst für die Freien Wähler im Kreistag sitzt, schuld gewesen: „Wir wollten ja gemeinsam mit ihr arbeiten. Aber sie hat nie den Kontakt gesucht.“

Vertrauen in Töpfer

Bei Daniel Töpfer sei das anders. „Wir stehen hinter ihm“, sagt der neue Fraktionschef Bausch. Klagen, wonach die Stimmung im Rathaus schlecht sei und viele Mitarbeiter gingen, deuten die Freien Wähler mit ihren eigenen Worten: „Wer viele Jahre ein anderes Tempo gewohnt ist, der hat jetzt Probleme.“ Gleichwohl könnten sich die Mitarbeiter auf Töpfer verlassen. „Er hat einen hohen Anspruch, den höchsten aber an sich selbst“, urteilt Gohl.

Großes Ziel der Freien Wähler ist, „das strukturelle Defizit von zehn auf fünf Millionen Euro herunterzufahren.“ Dass der VW-Skandal die Weissacher Finanzen beschädigt hat, will Detlev Bausch nicht verhehlen. Aber: „Jede Gemeinde wäre froh, eine solche Firma am Ort zu haben. Wir dürfen nicht den Stab über sie brechen.“