Hoffen auf die Klapperstörche: Sie werden sehnsüchtig erwartet, machen sich aber rar. Oft fehlt den Vögeln schlichtweg die Nahrung.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Kreis Ludwigsburg - Vorweg: Das Ludwigsburg, das in die Schlagzeilen geraten ist, weil dort auf Störche geschossen wurde, hat mit der baden-württembergischen Barockstadt zwar den Namen gemeinsam, liegt aber in Mecklenburg-Vorpommern.

 

Der Weißstorch, der im Menschen normalerweise eher Verzückung auslöst als Schießlust, macht sich allerdings auch im hiesigen Landkreis rar. Und das, obwohl ambitionierte Vogelfreunde alles tun, um ihm eine Ansiedelung schmackhaft zu machen. Dieter Fischer etwa, ehemaliger Geschäftsführer des Wildparks Tripsdrill, hat in seiner Wahlheimat Großbottwar zusammen mit Bauhof-Mitarbeitern mehrere Horste mit Nistmaterial und Reisig einzugsfertig vorbereitet, die Umgebung gar mit Kalkspritzern besprenkelt, die wie Vogelkot aussehen. Fliegen Störche darüber hinweg und sichten die vermeintlichen Hinterlassenschaften ihrer Artgenossen, so Fischers Überlegung, „denken die: Mensch, hier lässt sich’s gut leben“.

Frösche spielen eine untergeordnete Rolle

Der 60-Jährige wünscht sich die Störche nicht nur sehnsüchtig herbei, weil sie dann als Großbottwarer Wappentier einmal wieder ihrer Bedeutung für die Stadt gerecht würden. „Auch sonst wäre alles ideal hier, es gibt viele Wiesen, die Bottwar – Futter wäre also nicht das Problem“, ist sich Fischer sicher.

Grundsätzlich ist die Futterfrage in der Region allerdings das bedeutendste Problem für Störche. „Das Nahrungsangebot im Landkreis ist sehr schlecht“, sagt der Ornithologe Claus König. „Frösche spielen dabei übrigens entgegen der landläufigen Meinung eine untergeordnete Rolle.“ Störche fräßen Insekten, Würmer, Schnecken, Mäuse. Doch dieses Angebot auf der Storchen-Speisekarte schrumpft im Kreis stetig, nicht zuletzt, so König, wegen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln.

Dem Storch krabbelt kaum noch ein Käfer vor den Schnabel

„Die Insektenfauna ist mit Ausnahme von Stechmücken gewaltig zurückgegangen“, erklärt der frühere Direktor des Stuttgarter Naturkundemuseums, der jetzt ehrenamtlich als Naturschutzwart im Kreis Ludwigsburg unterwegs ist. „Wann sieht man denn heute noch einen Laufkäfer über den Weg krabbeln?“ Die Störche suchten oft vergebens nach Nahrung. „Wenn sie dann noch mehrere Jungvögel großziehen müssen, brauchen sie schon sehr viel Futter.“ Für das Storchenelternpaar, das in den Jahren 2017 und 2018 im Pleidelsheimer Wiesental jeweils vier Junge ausbrütete, reichte es jedenfalls nicht. Sie flogen zum Blühenden Barock, wo mehr Futter für sie abfiel. „Das wird wohl auch dieses Jahr wieder so sein“, schätzt König, vorausgesetzt, es schlüpften überhaupt Junge.

Zurückgekommen ist das Pleidelsheimer Storchenpaar bereits – „sie sind im Winter nicht in den Süden gezogen, sondern nur umhergestreift und waren deshalb schon Anfang Februar am Brutplatz“, erzählt König, der das so genau weiß, weil die Störche beringt sind und ihre Wege deshalb nachverfolgt werden können. Nachdem das Paar zunächst seine letztjährige Brutstätte wieder aufgesucht hatte, ist es nun auf einen Baumstumpf umgezogen und richtet sich inmitten einer Graureiher- und Kormoransiedlung häuslich ein.

Dieter Fischer glaubt: Gut Ding muss Weile haben

Die Zahl der Störche, die sich in der Gegend fortpflanzten, sei sehr überschaubar, berichtet Claus König. Im Naturschutzgebiet Enzaue in Vaihingen-Roßwag wurden in den jüngsten Jahren mitunter bis zu 30 Störchen auf Futtersuche gesichtet, im Vaihinger Teilort Horrheim brüteten seit 2014 immer wieder Störche. Das kam aber nicht von ungefähr: Der Naturschutzbund Nabu installierte eigens Storchenmasten und legte sich für die Dokumentation ins Zeug.

Dieter Fischer, der nicht nur in Oberstenfeld Horste herrichtet, sondern auch in Bönnigheim oder Ingersheim, glaubt, dass gut Ding Weile haben muss. „In Tripsdrill haben wir 30 Jahre Geduld gebraucht, bis es geklappt hat und Störche gebrütet haben. Dann kamen sie aber verlässlich“, sagt er. Von den eleganten Vögeln fasziniert war er schon als Kind. Damals sammelte er mit seinen Brüdern im Wildtierpark seines Vaters Maikäfer von den Kastanienbäumen – und kredenzte sie den Gehegestörchen.