Dustin Hoffman hat damals so unvermittelt schweinische Dinge gesagt, dass sie, einzeln zitiert, leicht als Beispiel extremer Verrohung herhalten können. So kommt Anna Hunter eines morgens in seinen Trailer, um zu fragen, was er zum Frühstück haben möchte. Grinsend antwortet er: „Ein hartgekochtes Ei .. und eine weichgekochte Klitoris.“ Das bleibt, milde gesagt, eine sehr dümmliche Witzelei. Aber ist es die rückhaltlose sexuelle Anmache, als die man es zunächst empfindet? Die Szene spielt sich vor Zeugen ab. Die Angemachte muss zumindest nicht fürchten, dass da einer gleich völlig die Kontrolle über sich verlieren wird. Die junge Anna hat es geekelt und beängstigt.

 

Eine andere Möglichkeit

Aber vorstellbar bleibt, dass Hoffman sie nicht einmal erniedrigen, sondern ihr nach den verqueren Regeln einer giftigen Atmosphäre zu verstehen geben wollte, dass sie dazugehört, dass man ihr diesen Ton als Teil des Teams zutraut. Manche Menschen werden diese Interpretation nicht anders wahrnehmen könne denn als ungeheure Komplizenschaft mit einem Monstrum. Aber bevor man so urteilt, sollte man Hunters Bericht zu Ende lesen. Dustin Hoffman kommt zu Ohren, wie verletzt sie sich fühlt, dass sie sich bei anderen über ihn beschwert.

Aber er lässt sie nicht vom Set werfen, nicht zu schäbigen Kleinarbeiten abseits der Stars abschieben. Er ist nun freundlich zu ihr, höflich, nett. Anna schreibt ihrer Schwester: „Ich glaube, es tut ihm leid. Er hat sich benommen wie sonst, wenn seine Frau dabei ist: Mr. Väterlichkeit in Person.“ Zwar kann Hoffman auch jetzt noch nicht alle Anzüglichkeiten lassen. Aber am Ende ihres Praktikums kommt die 17-jährige Anna zu diesem Schluss: „Er ist ein Schwein, aber ich mag ihn sehr“.

Ein Leben voll Belästigungen

Das ist ein Teil ihrer Wortmeldung im „Hollywood Reporter“, der es nicht mehr in die Eilmeldungen geschafft hat. Ein anderer ist die bedachte Erkundung des Terrains durch die erwachsene Frau, die nun folgt: Ja, Anna Hunter sagt, wie sehr ihr das eigene jüngere Ich leid tut, das mit etwas konfrontiert wurde, das es in der Unschuld einer „Jungfrau, die gerade einmal drei Küsse in ihrem Leben erhalten hatte“, nicht verarbeiten konnte. Aber sie verzerrt Hoffman nicht zum Monster. Dustin Hoffman, schreibt sie, sei ja keinesfalls der erste und einzige Mann in ihrem Leben gewesen, der ihr zu verstehen gegeben habe, ihr Körper sei das Beste, was sie zu bieten habe. Dann erzählt sie von Belästigungen an der Schule durch ältere Mitschüler, dort völlig normal waren und weit übergriffiger waren als das, was Hoffman praktizierte. Und sie wundert sich, dass sie das so hingenommen hat, als müsse man als Frau stets mittun, um nicht Außenseiterin zu werden, als müsse man immer mitlachen, wenn einem gerade weh getan wird.

Anna Graham Hunter, die Dustin Hoffman einen Beutegreifer nennt, sieht seine Filme immer noch gerne, findet ihn weiterhin sexy. Sie weiß als direkt Betroffene, dass es in der Diskussion um sexuelle Belästigung um Normenjustierung geht, nicht um den Sturz einzelner Stars. „Wann immer ich von diesem Erlebnis erzähle“, schreibt sie, „spüre ich, dass meine Zuhörer ein Opfer und einen Schurken ausmachen möchten. Und ich wünsche mir, meine Empfindungen wären so eindeutig wie die ihren.“

Die von Fallon begrapschte Journalistin fiel nach dessen Rücktritt aus allen Wolken. „Das ist ja wohl der absurdeste Rücktritt“, sagte Julia Hartley-Brewer dem Sender Sky News. Es müsse noch etwas anderes dahinter stecken. Nachdem Fallon ihr Knie 2002 berührt hatte, habe sie ihm Schläge angedroht. Dann habe er sie in Ruhe gelassen.

Briefe einer 17-Jährigen

Dies und die Vorwürfe von Anna Graham Hunter gegen Dustin Hoffman sind der bislang beste Beweis, dass dringend die Einzelfälle betrachtet werden müssen. Hunter muss sich nicht auf ihr Gedächtnis alleine stützen. Damals, 1985, hat sie ihrer Schwester in London in Briefen von ihrem mehrwöchigen Praktikum und ihren Erlebnissen mit Dustin Hoffman berichtet. Die 17-Jährige trifft am Filmset auf einen sexualisierte Sprache, eine anzügliche Dauerwitzelei, eine ausgestellte Halbliederlichkeit, die nicht allein Hoffmans Tun, nicht Resultat der speziellen bösen Aura eines lüsternen Stars ist. Anna tritt unvorbereitet ein in eine Welt, in der andere Regeln gelten.

Man sollte diese an Theatern und beim Film häufiger anzutreffende Atmosphäre nicht verklären. Sie verwischt die Grenze zwischen Ironie und Erniedrigung, derbem Jux und miesem Übergriff. Sie schiebt denen, die unter ihr leiden, die offen mitlachen und heimlich weinen, wie Anna Hunter es 1985 getan hat, den Vorwurf zu, spießige Spaßbremsen zu sein. Der so geschürte Selbstzweifel, gekoppelt mit ständiger Verletzung von außen, kann krank machen.

Aber Hoffman und auch Spacey sind Produkte dieses Milieus, sie sind Reaktionen gewohnt, die von vielen Opfern ja auch zugegeben werden: Mittun, Stillhalten, Mitlachen. Man kann sich als Täter in dieser Atmosphäre leicht einreden, man betreibe wirklich nur eine andere Art der Schäkerei, wenn man grobe sexuelle Angebote macht. Wer das alles abgestellt haben will, hat recht. Aber wer über das Maß persönlicher Schuld befinden will, muss die Umstände in Rechnung ziehen.

Schweinisches und Väterlichkeit

Dustin Hoffman hat damals so unvermittelt schweinische Dinge gesagt, dass sie, einzeln zitiert, leicht als Beispiel extremer Verrohung herhalten können. So kommt Anna Hunter eines morgens in seinen Trailer, um zu fragen, was er zum Frühstück haben möchte. Grinsend antwortet er: „Ein hartgekochtes Ei .. und eine weichgekochte Klitoris.“ Das bleibt, milde gesagt, eine sehr dümmliche Witzelei. Aber ist es die rückhaltlose sexuelle Anmache, als die man es zunächst empfindet? Die Szene spielt sich vor Zeugen ab. Die Angemachte muss zumindest nicht fürchten, dass da einer gleich völlig die Kontrolle über sich verlieren wird. Die junge Anna hat es geekelt und beängstigt.

Eine andere Möglichkeit

Aber vorstellbar bleibt, dass Hoffman sie nicht einmal erniedrigen, sondern ihr nach den verqueren Regeln einer giftigen Atmosphäre zu verstehen geben wollte, dass sie dazugehört, dass man ihr diesen Ton als Teil des Teams zutraut. Manche Menschen werden diese Interpretation nicht anders wahrnehmen könne denn als ungeheure Komplizenschaft mit einem Monstrum. Aber bevor man so urteilt, sollte man Hunters Bericht zu Ende lesen. Dustin Hoffman kommt zu Ohren, wie verletzt sie sich fühlt, dass sie sich bei anderen über ihn beschwert.

Aber er lässt sie nicht vom Set werfen, nicht zu schäbigen Kleinarbeiten abseits der Stars abschieben. Er ist nun freundlich zu ihr, höflich, nett. Anna schreibt ihrer Schwester: „Ich glaube, es tut ihm leid. Er hat sich benommen wie sonst, wenn seine Frau dabei ist: Mr. Väterlichkeit in Person.“ Zwar kann Hoffman auch jetzt noch nicht alle Anzüglichkeiten lassen. Aber am Ende ihres Praktikums kommt die 17-jährige Anna zu diesem Schluss: „Er ist ein Schwein, aber ich mag ihn sehr“.

Ein Leben voll Belästigungen

Das ist ein Teil ihrer Wortmeldung im „Hollywood Reporter“, der es nicht mehr in die Eilmeldungen geschafft hat. Ein anderer ist die bedachte Erkundung des Terrains durch die erwachsene Frau, die nun folgt: Ja, Anna Hunter sagt, wie sehr ihr das eigene jüngere Ich leid tut, das mit etwas konfrontiert wurde, das es in der Unschuld einer „Jungfrau, die gerade einmal drei Küsse in ihrem Leben erhalten hatte“, nicht verarbeiten konnte. Aber sie verzerrt Hoffman nicht zum Monster. Dustin Hoffman, schreibt sie, sei ja keinesfalls der erste und einzige Mann in ihrem Leben gewesen, der ihr zu verstehen gegeben habe, ihr Körper sei das Beste, was sie zu bieten habe. Dann erzählt sie von Belästigungen an der Schule durch ältere Mitschüler, dort völlig normal waren und weit übergriffiger waren als das, was Hoffman praktizierte. Und sie wundert sich, dass sie das so hingenommen hat, als müsse man als Frau stets mittun, um nicht Außenseiterin zu werden, als müsse man immer mitlachen, wenn einem gerade weh getan wird.

Anna Graham Hunter, die Dustin Hoffman einen Beutegreifer nennt, sieht seine Filme immer noch gerne, findet ihn weiterhin sexy. Sie weiß als direkt Betroffene, dass es in der Diskussion um sexuelle Belästigung um Normenjustierung geht, nicht um den Sturz einzelner Stars. „Wann immer ich von diesem Erlebnis erzähle“, schreibt sie, „spüre ich, dass meine Zuhörer ein Opfer und einen Schurken ausmachen möchten. Und ich wünsche mir, meine Empfindungen wären so eindeutig wie die ihren.“