Auch ein Jahr nach Zuerkennung des Welterbestatus’ für zwei Häuser von Le Corbusier in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung fehlen Wegweiser dorthin. Im Rathaus verweist man auf komplexe Verhandlungen mit dem Ausland.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stutgart - Touristen stehen auf Geheimtipps: Orte zu besuchen, deren touristischer Wert sich noch nicht der breiten Masse erschlossen hat, die dementsprechend wenig überrannt sind und deren Schönheit im Verborgenen blüht. Vor allem was das Verborgene angeht, verfährt die Landeshauptstadt ganz im Sinne der Reisenden mit einem vermeintlichen touristischen Trumpf. Zwei zur Weißenhofsiedlung gehörende Bauten des Architekten Le Corbusier, die schon vor mehr als einem Jahr in den illustren Kreis der Welterbestätten aufgerückt sind, fristen ein marketingtechnisches Nischendasein. Zwar gibt es in unmittelbarer Umgebung vereinzelt Straßenschilder, die auf die Weissenhofsiedlung hinweisen und wer mit der Stadtbahn auf den Killesberg reist, steigt an der Haltestelle „Killesberg/Weißenhofsiedlung“ aus. All diesen Hinweisen gemein ist aber der Verzicht auf das signifikante Welterbelogo der Unesco, ein in einem Kreis auf der Spitze stehendes Quadrat.

 

Eintrag musste ins Deutsche übersetzt werden

Immerhin direkt vor Ort, am Briefkasten des Weißenhofmuseums, das in einem der Le-Corbusier-Gebäude untergebracht ist, prangt das Signet zusammen mit dem Zusatz „Das architektonische Werk von Le Corbusier, ein außergewöhnlicher Beitrag zur Moderne. Welterbe seit 2016“. Doch auch bis dahin war es schon ein steiniger Weg für die Stadtverwaltung. Der Welterbeeintrag der Bauten auf dem Killesberg geht zurück auf einen länderübergreifenden Antrag der Republik Frankreich. Stuttgart sei daran „als einer von 17 Orten mit den beiden Häusern von Le Corbusier in der Weißenhofsiedlung beteiligt“ gewesen, erklärt Stadtsprecherin Jana Braun auf Anfrage. Schlussendlich wurden 17 Stätten in sieben Staaten auf drei Kontinenten neu in die Liste der Unesco aufgenommen. „Die Verwendung des Logos wird von der Fondation Le Corbusier im Benehmen mit der Unesco in Paris geregelt“, verweist Braun auf komplexe Absprachen mit dem Ausland. Auch die am Weißenhof angebrachten Zeilen bedurften des Plazets aus Paris. „Zunächst musste das Logo mit der Benennung des Eintrags in die entsprechenden Landessprachen übersetzt werden. Dann wurde uns genehmigt, die deutsche Übersetzung an den beiden Häusern in der Weißenhofsiedlung anzubringen.“

Ob es eine weitergehende Beschilderung gibt, steht noch nicht fest. „Inwieweit das Logo auf Hinweisschildern im Straßenraum verwendet werden kann, muss ebenfalls mit Paris geklärt werden.“ Immerhin prüft das Rathaus derzeit, „an welchen Stellen und auf welche Weise auf den Weg zur Stuttgarter Stätte hingewiesen werden soll“, erklärt Jana Braun.

Kein Platz mehr für Hinweistafeln an den Autobahnen

Das dürfte ganz im Sinne der deutschen Unesco-Kommission sein. Schon 2006 verabschiedete diese eine Resolution, wonach „alle in Deutschland politisch und fachlich zuständigen Institutionen“ aufgefordert werden, „die nachhaltige Nutzung des kulturtouristischen Potenzials der Welterbestätten weiter zu verbessern“. Das könne unter anderem dadurch geschehen, dass „eine einheitliche Beschilderung an Autobahnen, Bundesstraßen und anderen Zufahrtswegen“ veranlasst wird. In dieser Richtung ist auch schon die Stuttgarter Marketinggesellschaft aktiv geworden. Prokuristin Andrea Gehrlach bremst die Euphorie allerdings. „Nach derzeitigem Kenntnisstand sind die Möglichkeiten erschöpft, neben den 2014 aufgestellten Hinweistafeln weitere Hinweisschilder an den Autobahnen anzubringen.“ Die großformatigen, in braunem Grundton gehaltenen Tafeln informieren die Autofahrer auf den Fernstraßen rund um Stuttgart unter anderem darüber, dass sie soeben in der Nähe der beiden Museen von Porsche und Daimler vorbeifahren, dass sich ein Abstecher in die Wilhelma lohnen könnte, dass der Stuttgarter Schlossplatz nahe liegt oder sich das Siebenmühlental unweit des eigenen Standorts durch den Schönbuch schlängelt. Allerdings sah die ursprüngliche und mittlerweile stark aufgeweichte Konzeption der im Amtsdeutsch Touristische Unterrichtungstafel genannten Schilder vor, dass die nicht zu nahe aufeinander stehen und tatsächlichen Besonderheiten vorbehalten sein sollten.

Anfang Juli hatte Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) die Urkunde zum Welterbetitel entgegen genommen. Der Rathaus-Chef erklärte: „Die Weißenhofsiedlung mit ihren beiden Le Corbusier-Häusern ist das architektonische Aushängeschild Stuttgart.“ Nur aufs Hinweisschild muss das Aushängeschild eben noch ein bisschen warten.