Ein Team aus Deutschland hat die „World Butchers Challenge“ in den USA gewonnen: die Weltmeisterschaften der Metzger. Die sechs Fachleute der feinen Fleischverarbeitung schwören auf Schneidewerkzeuge aus Winnenden.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Mit gewetzten Klingen ging es in Sacramento zur Sache. In nur dreieinhalb Stunden mussten die Mitglieder des „Butcher Wolfpack“, wie sich die sechs Metzger aus Berlin und Bayern nennen, unter anderem ein halbes Rind, ein halbes Schwein, ein ganzes Lamm und fünf Hähnchen zerlegen, veredeln und ansprechend präsentieren. „Insgesamt haben wir 100 verschiedene Produkte hergestellt“, erzählt Katharina Bertl. Teamgeist und Können haben sich ausgezahlt: Im Golden 1 Center Sacramento, in dem sonst die US-Basketballmannschaft der Sacramento Kings spielt, holten die Deutschen am meisten Punkte, setzten sich gegen dreizehn andere Nationen durch und wurden Weltmeister der Metzger.

 

Leberkäse und Weißwürste als Novum

Unter dem Motto „Oktoberfest“ hatte das Team Germany ein kleines Festzelt mit Mini-Bierbänken und Brezeln aufgebaut, um dort ihre Steaks, verschiedene Braten- und Wurstspezialitäten sowie ganz spezielle Cuts, Fleischzuschnitte nach internationalen Standards, zu präsentieren. Und nicht nur das, ergänzt der Berliner Jörg Erchinger: „Wir waren die erste Nation überhaupt, die verzehrfertige Gerichte auf den Tisch gebracht hat.“ Dank eines Cutters, mit dem Brät hergestellt werden kann, und einem kleinen Ofen servierten die Fleischer kiloweise Leberkäse, den sich die internationale Jury an Ort und Stelle schmecken ließ. Weißwürste gab’s noch dazu. Zum Erwärmen mussten ausnahmsweise zwei Tauchsieder und ein Sous-Vide-Becken herhalten.

Beeindruckt waren die Preisrichter nicht nur von den Geschmacksproben. Besonderes Augenmerk legte die Jury auch auf Hygiene, Schutzkleidung, ordentliches und akkurates Arbeiten. „Wenn beim Rollbraten ein Knoten nicht in der Reihe war, gab es Abzug“, erzählt Jürgen Reck, bei dem es in der Einzelwertung auch um die Wurst ging. Der mehrfache Europameister holte sich neben dem Gesamtsieg mit dem Team auch die Einzeltitel in den Kategorien „Rindswurst“ und „Gourmetwurst“.

Matthias Endrass war unter anderem fürs Zerlegen zuständig und musste darauf achten, so wenig Fleisch am Knochen zu lassen, wie nur möglich, denn auch der effiziente Umgang mit der Ware wurde vom Preisgericht bewertet. „Am Ende hatten wir nur eine kleine Schale Verschnitt.“ Verwunderlich, denn dass in den Vereinigten Staaten so manches Ding in größeren Dimensionen daherkommt, zeigte sich auch beim Fleisch, das vom Veranstalter gestellt wurde: „Die Schweinehälfte zum Beispiel war fast doppelt so groß wie bei uns in Deutschland“, sagt Endrass. Entsprechend schneller mussten er und seine Kollegen anpacken. Gut, dass die sechs Metzger über ein halbes Jahr lang dutzende, stundenlange Trainingseinheiten absolviert hatten, sodass jeder Schnitt und jeder Handgriff saß. Auch, dass der über Monate minutiös gefertigte Ablaufplan für den Wettkampf am Vorabend spontan noch umkrempelt worden war, brachte das Team nicht aus der Fassung. „Wir sind wie eine große Familie, es wird auch mal gestritten und diskutiert, aber jeder kann sich auf den anderen verlassen, und man hilft sich gegenseitig“, sagt Katharina Bertl.

Einen kühlen Kopf behielt auch Jürgen Reck, als im Wettbewerb bei seinem Cutter 15 Minuten lang der Strom ausfiel. Doch auch derartige Stresstests hatten sie – ohne es zu wissen – trainiert, sagt er. Ein Helfer des Teams habe im Training immer wieder Situationen eingebaut, wo Dinge nicht so funktionierten, wie sie sollten. „Er hatte Sicherungen an Geräten rausgedreht, Gewürzdosen und andere Sachen versteckt“, erzählt Reck. Erst nach dem Titelgewinn seien die kleinen Sabotage-Akte zu Trainingszwecken gebeichtet worden. Alle Mühe zahlte sich aus. Am Ende reichte es bei der WM im September, um die Teams aus Australien und Neuseeland mit deutlichem Abstand auf die Plätze zwei und drei zu verweisen und den Rest noch weiter hinter sich zu lassen.

„Gute Messer sind das A und O“

Besondere Unterstützung hatten die Metzger um ihren Teamkapitän Dirk Freyberger auch aus Winnenden: Der Messerhersteller Giesser hat der Truppe nicht nur finanziell unter die Arme gegriffen und ihnen während der Tage in den USA eine Mitarbeiterin als Helferin an die Seite gestellt, sie erhielten von dem Traditionsunternehmen auch das passende Werkzeug an die Hand: Die Fleischer verwenden allesamt die unterschiedlichsten Schneidewerkzeuge aus der Winnender Messerproduktion – und schwören auf deren Qualität. „Gute Messer sind das A und O in unserem Handwerk“, sagt Jörg Erchinger und seine Teamkollegen aus Bayern nicken einmütig. „Ich arbeite beim Ausbeinen am liebsten mit Messern der Primecut-Linie, die haben einen besonderen rutschfesten Griff, der liegt gut in der Hand und mir tun die Finger nicht weh“, sagt Matthias Endrass. Nicht nur beim Wettkampf seien die Messer im Einsatz, sondern auch bei der täglichen Arbeit. „Wenn man in der Grillsaison stundenlang Steaks schneidet, kann einem bei schlechten Messern schon mal das Handgelenk oder die Schulter wehtun.“

Söder schneidet Sonntagsbraten

Von den Geschäftsführern Hermann und Hans-Joachim Giesser fühlt sich das Wolfsrudel „top unterstützt und perfekt ausgestattet“. Spezialanfertigungen aus dem Hause Giesser seien für die WM-Metzger übrigens gar nicht nötig gewesen . Ob kurze, lange, gerade oder gebogene Klingen, dieser oder jener Schliff und Griff – es sei für jeden Bedarf und jeden Geschmack das Passende dabei. „Unser Sortiment umfasst mehr als 2500 geschmiedete oder gestanzte Messer“, erklärt Hermann Giesser.

Anlässlich des WM-Sieges gab es dann doch eine besondere Edition in limitierter Auflage mit Gravur. Ein derartiges Messer nennt übrigens auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sein Eigen. Die Mitglieder des Wolfspacks überreichten ihm bei einem Empfang das scharfe Exemplar. Söder habe versprochen, er wolle das Messer künftig für den Sonntagsbraten verwenden und habe sich gefreut, erzählt Matthias Endrass. „Söders Security-Leute dagegen, die waren ein bisschen nervös.“