Die Aufnahme eines weinendem Mädchens aus Honduras an der amerikanisch-mexikanischen Grenze ist das Welt-Pressefoto 2018. Der Fotograf John Moore gewinnt mit der berührenden Aufnahme den renommierten World Press Photo Award. Das ist die Geschichte hinter dem Foto.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Amsterdam - Das Foto eines weinenden Flüchtlingsmädchens bei einer Festnahme an der amerikanisch-mexikanischen Grenze ist zum Welt-Pressefoto 2018 gekürt worden. Die Aufnahme des Fotografen John Moore von der Foto-Agentur Getty Images wurde am Donnerstag in Amsterdam als bestes Pressefoto des Jahres mit dem renommierten World Press Photo Award ausgezeichnet.

 

Das im Juni 2018 aufgenommene Bild zeigt, wie die Honduranerin Sandra Sanchez nach ihrer Festnahme durch den US-Grenzschutz abgetastet wird. Vor ihr steht ihre zweijährige Tochter Yanela und weint.

Psychologische Art der Gewalt

Das Bild des Fotografen der Agentur Getty zeige „eine andere Art der Gewalt, die psychologisch ist“, erklärt die Jury des World Press Photo Awards. Die durch das Foto verursachte Empörung habe mit dazu beigetragen, dass die Regierung von US-Präsident Donald Trump die höchst umstrittene Trennung illegaler Einwanderer von ihren Kindern beendet habe – auch wenn Sandra und Yanela Sanchez nach Angaben des US-Grenzschutzes nicht voneinander getrennt wurden.

John Moore hatte im Sommer 2018 US-Grenzschützer an der Grenze zu Mexiko begleitet. Am 12. Juni stießen die Beamten Nachts auf eine Gruppe illegaler Einwanderer, unter ihnen Sandra und Yanela Sanchez, und nahmen sie fest. „Ich habe die Angst in ihren Gesichtern, in ihren Augen gesehen“, sagte Moore später in einem Interview über die Migranten.

Die Geschichte hinter dem Foto

Und das ist die Geschichte hinter dem Bild, die der USA-Korrespondent unserer Zeitung, Thomas Spang, in seiner Reportage am 19. Juni 2018 in den „Stuttgarter Nachrichten“ und in der „Stuttgarter Zeitung“ veröffentlichten Reportage erzählt:

Die zweijährige Yanela Sanchez hat mit ihrer Mutter den Rio Grande, den Grenzfluss zwischen Mexiko und den USA, überquert. Als sie von den Grenzbeamten aufgegriffen werden, sitzen sie noch im Schlauchboot. Wie verzweifelt das Mädchen weint, lässt sich beim Blick auf das Foto aus Texas, das um die Welt geht, nur erahnen.

Eine Tonbandaufnahme von einem anderen Ort hingegen macht die Verzweiflung auch hörbar. Kinder schreien nach „Mama“ und „Papa“, schluchzen. Aufgezeichnet werden die Stimmen in einem Lager an jenem Grenzabschnitt, in dem ein großer Teil der 2300 seit April von ihren Eltern getrennten Kinder festgehalten wird.

„Die Situation zeigt, was Trennungsangst bedeutet“, sagte Fotograf John Moore, als er im Juni 2018 das Foto veröffentlichte. Er habe kurz mit der Mutter sprechen können. Die Frau habe erzählt, mit ihrer Tochter vor dem Grenzübertritt in einem Monat etwa 2000 Kilometer zurückgelegt zu haben. „Sie haben wohl schon einiges durchgemacht“, so Moore.

Menschliche Seite der Migration

„Ich wollte eine andere Geschichte erzählen“, berichtet der Fotograf nach der Preisverleihung in Amsterdam. Er habe beim Thema Flucht und Migration, das häufig in Statistiken abgehandelt werde, „die menschliche Seite“ zeigen wollen. Flüchtlinge und Migration seien nicht nur in den USA, sondern weltweit ein Thema, sagt der 51-Jährige.

Das spiegelt sich auch in einer weiteren Auszeichnung beim World Press Photo Award wider: Der niederländisch-schwedische Journalist Pieter Ten Hoopen wurde für seine Aufnahmen von honduranischen Migranten auf dem Weg in die USA mit dem Preis für die beste Foto-Geschichte ausgezeichnet.

78 801 Fotos wurden eingereicht

Der World Press Photo Award ist eine der renommiertesten Auszeichnungen für Pressefotografen. In diesem Jahr reichten 4738 Fotografen 78 801 Fotos ein.

Im vergangenen Jahr hatte der Fotograf Ronaldo Schemidt von der Nachrichtenagentur AFP den Preis für die Aufnahme eines brennenden Demonstranten in Venezuela gewonnen.