Beim Weltwirtschaftsforum im Schweizer Bergort wehren sich die Manager der US-Digitalkonzerne gegen staatliche Regulierung.

Davos - Gleich am ersten Morgen des Weltwirtschaftsforums (WEF) löst der Werbe- und Medienunternehmer Martin Sorrell einen Knall aus. Er vergleicht Internetkonzerne wie Facebook, Google und Amazon mit Standard Oil, dem Ölkonzern der Rockefellers, den die US-Regierung 1911 in Einzelteile zerlegte. Damit ist ein zentrales Thema des diesjährigen Kongresses der Wirtschafts- und Politikelite in Davos gesetzt. Sind die Technologiefirmen zu mächtig geworden? Dara Khosrowshahi, Chef des Fahrdienstanbieters Uber, verneint dies. Es gebe zwar Probleme, aber die könnten die Firmen selbst lösen, indem sie ihre Kultur verändern.

 

Bei der Podiumsdiskussion vor der blauen Wand mit dem WEF-Logo sitzen der Uber-Chef und Ruth Porat, Finanzvorstand der Google-Mutter Alphabet, auf den heißen Stühlen. Sie übernehmen die Aufgabe, die vor allem in den USA beheimateten Internetkonzerne zu verteidigen. Die Debatte mit dem Titel „Können wir den Technologie-Konzernen noch vertrauen?“ wird live in die USA übertragen. Die Firmen stehen unter Druck. Mittlerweile läuft eine transatlantische Debatte über Regulierung und Kartellrecht.

Kommen aussichtsreiche Newcomer hoch, kauft Facebook sie auf

Das soziale Netzwerk Facebook etwa hat nach eigenen Angaben rund zwei Milliarden Nutzer weltweit. Angesichts dieser Größenordnung haben Konkurrenten kaum eine Chance. Kommen doch aussichtsreiche Newcomer hoch, kauft Facebook sie auf. Bei Google sieht es ähnlich aus: In Staaten wie Deutschland oder USA wickelt die Suchmaschine etwa 90 Prozent aller Suchanfragen im Internet ab. Auch hier spielen Wettbewerber kaum eine Rolle. Für Marc Benioff, Chef des Cloud-Speicher-Anbieters Salesforce, ist der Fall klar. Während der Podiumsdiskussion vergleicht er die Internetindustrie mit der Finanzwirtschaft. Vor der Finanzkrise ab 2007 sei die Regulierung der Banken durch die staatlichen Aufsichtsbehörden zu schwach ausgefallen, nachher habe die Politik die Zügel angezogen. Auch bei den Internetfirmen „müssen die Regulierer aggressiver vorgehen“, fordert Benioff. Dass so viele Menschen die Suchmaschine nutzen und den Diensten offenbar vertrauen, sei ein Zeichen für die „gute Qualität der Google-Produkte“, entgegnet Porat. Khosrowshahi räumt immerhin ein Grundproblem ein. Der Fahrdienst verfüge über so viele Daten seiner Nutzer, dass es tatsächlich „ein ungleicher Kampf“ sei.

Im kommenden Mai tritt die Datenschutz-Grundverordnung der EU in Kraft

Okay, und wie soll man die Unternehmen nun regulieren, fragt Moderator Andrew Sorkin von der „New York Times“. Medienunternehmer Sorrell verweist auf die Aktivitäten von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager: Sie hat Google im vergangenen Jahr eine Rechnung über 2,4 Milliarden Euro ausgestellt, weil der Konzern den eigenen Preisvergleichsdienst Google Shopping beim Anzeigen von Suchergebnissen gegenüber anderen Anbietern bevorzuge.

Im kommenden Mai tritt zudem die Datenschutz-Grundverordnung der EU in Kraft. Sie verschafft beispielsweise Facebook-Nutzern das grundsätzliche Recht, mit allen ihren Daten zu einem anderen Anbieter umziehen. Facebook muss dann sämtliche Angaben, die über eine Person gesammelt wurden, zusammenfassen und transportierbar machen. Das stärkt die Position der Kunden und schwächt die des Unternehmens. Wirkt die Regelung, haben eventuell auch wieder andere soziale Netzwerke eine Chance auf dem Markt. Daneben erheben Experten wie Soziologe Ulrich Dolata von der Universität Stuttgart die Forderung, eine neue staatliche Aufsichtsbehörde einzusetzen, die kontrolliert, wie die Konzerne mit ihren Softwareprogrammen das Verhalten der Nutzer steuern. Hier spielen die Vorwürfe gegen Facebook eine Rolle, Kampagnen in dem sozialen Netzwerk hätten das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl verfälscht.