Die massenweise Impfung alter Menschen stockt – auch im Rems-Murr-Kreis. Dabei stünden sowohl die Senioren als auch Ehrenamtliche parat.

Fellbach - Samstagmorgens um halb acht Uhr ist es schon zu spät. „Leider sind in Ihrer Region aktuell keine Termine verfügbar“, lautet die Botschaft auf dem Bildschirm. Auch am Sonntagmorgen zur selben Zeit kommen Impfwillige und deren Angehörige auf der zentralen Internetseite für die Vergabe von Impfterminen nicht weiter. Termine? Fehlanzeige.

 

Irgendwann nach dem x-ten Versuch, den zwölfstelligen Vermittlungscode kennt man inzwischen aus dem Effeff, poppt plötzlich doch ein Termin auf: Samstag, 6. Februar, 15 Uhr. Die Freude währt nicht lange, denn beim Versuch, sich für den obligatorischen zweiten Termin zu registrieren, heißt es, ein erster Termin sei nicht gebucht.

Ehrenamtliche stehen bereit

Die Mitarbeiterin am Ende der Hotline-Nummer 116 117 hört sich den Fall an, blättert hörbar in ihren Unterlagen und teilt dann mit, dass es mit der Buchung des ersten Termins nicht geklappt habe. Wo der Impfwillige denn wohne? In Baden-Württemberg? Da sehe es nach ihrem Kenntnisstand derzeit leider schlecht aus.

„Der Impfstoff reicht nicht“, sagt auch die Vorsitzende des Kreisseniorenrates, Waltraud Bühl. „Solange nicht mal die Pflege- und Altenheime im Kreis durchgeimpft sind, kommen wir mit den anderen Senioren nicht weiter.“ Um die 48 000 Personen im Alter über 75 Jahren leben laut dem Statistischen Landesamt im Rems-Murr-Kreis, das sind etwa elf Prozent der Gesamtbevölkerung. Allein in Fellbach sind es rund 5300 Personen.

Bis diese Menschen zur Impfung können, wird es Anfang April werden, schätzt Waltraud Bühl. Viele der Älteren sind mit modernen Kommunikationsmitteln nicht vertraut und besitzen weder Computer noch Handy. Für sie stehen in den Kommunen Hauptamtliche und vor allem Ehrenamtliche in großer Zahl bereit. Ihre Hilfe werde bald ganz dringend gebraucht, denn „es ist nicht zumutbar, was den alten Leuten abverlangt wird“ seitens der Behörden. Sie sei froh, dass viele Helfer bereits in den Startlöchern sitzen, so die Kreisseniorenrätin.

Doch mit dem Startschuss sei man jetzt zurückhaltender. Der sei zuletzt öfters nach hinten losgegangen: Da habe man in der Vergangenheit die Werbetrommel gerührt, viel Zeit und Energie aufgewendet, um die Senioren davon zu überzeugen, dass die Impfung gegen Corona gut für sie und richtig sei, und dann gebe es gar keine Impftermine. Es wäre auch nicht ratsam, den Leuten zu erklären, dass sie in vier Wochen an die Reihe kämen. Denn erstens sei nicht sicher, ob der Termin tatsächlich eingehalten werden könne, und man müsste die Leute ein weiteres Mal vertrösten. Und zweitens seien vier Wochen eine zu lange Wartezeit für Senioren, denn alte Menschen sind ungeduldig, so die Erfahrung von Bühl und ihren ehrenamtlichen Mitstreitern. „Wir werden also erst wieder aktiv werden, wenn Impfstoff in genügender Menge vorliegt. Wir wollen die Älteren nicht noch einmal unnötig mobilisieren“, sagt Bühl.

Weniger als 3000 Menschen geimpft

Andernorts ist man zuversichtlicher, dass es bald weitergeht. Die Gemeinde Alfdorf sucht in einem Aufruf ehrenamtliche Helfer, die bereit sind, Senioren bei der Terminvereinbarung für die Corona-Impfung zu unterstützen. Die Kommune beabsichtige, „ein Helferteam aufzubauen, das diese Unterstützung leistet“.

Tatsächlich aber verdichten sich dieser Tage die Anzeichen, dass es mit dem Durchimpfen der Alten sogar noch länger dauern könnte als ohnehin befürchtet. Eigentlich hatte die Kapazität an Impfstoff dieser Tage aufgestockt werden sollen durch ein Präparat von Astrazeneca. Doch dann verkündete der schwedisch-britische Konzern Lieferengpässe. Und nun steht auch noch die Wirksamkeit des Impfstoffs infrage. Jüngsten Berichten zufolge soll das Präparat von Astrazeneca bei der Risikogruppe nahezu nutzlos sein. Experten befürchten bei den über 65-Jährigen eine Wirksamkeit von nur acht Prozent. Wenn sich das bewahrheitet, dann sind sämtliche deutschen Impfpläne überholt – nicht bloß die im Rems-Murr-Kreis.

Bisher sind weniger als 3000 Menschen im Landkreis geimpft worden. Die Sieben-Tage-Inzidenz, mit der das Infektionsrisiko eingeschätzt wird, sinkt zwar erfreulicherweise, liegt aber mit einem Wert von 87 weiterhin hoch. Der Rems-Murr-Kreis gilt weiterhin als Corona-Risikogebiet. Angeführt wird die Statistik der Infizierten von Waiblingen, der Stadt mit den meisten Einwohnern. Hier gibt es – mit Stand vom Dienstag dieser Woche – 1716 Infektionen insgesamt und 61 Personen in Quarantäne, gefolgt von Fellbach mit 1475 Infizierten insgesamt und 46 Personen, die sich aktuell in der Quarantäne befinden.