Mehr als ein Drittel der Flüchtlingsinitiativen bekommt für ihre Arbeit keine Fördermittel. Oft seien die Voraussetzungen zu bürokratisch, beklagen Ehrenamtliche.

Berlin/Stuttgart - Fördergelder zur Unterstützung der Flüchtlingsarbeit gehen an kleinen Initiativen häufig vorbei. 37 Prozent der Organisationen nehmen keinerlei Fördermittel in Anspruch, obwohl 90 Prozent angeben, Kosten zu haben. An fehlenden staatlichen und privaten Programmen lag das nicht. Als Grund nannten die Befragten vor allem hohe bürokratische Hürden (58 Prozent), fehlende Zeit (70 Prozent) und Informationen (48 Prozent). Das geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde. Interviewt wurden 34 Initiativen, Träger und Fördermittelgeber in Bayern, Berlin, Niedersachsen und Thüringen. 556 Organisationen, darunter 95 aus Baden-Württemberg, nahmen zudem an einer Online-Umfrage teil.

 

„Bemerkenswert ist, dass die öffentlichen Mittel vor allem bei den schon etablierten Trägern, also bestehenden Vereinen und Verbänden ankommen“, sagt Serhat Karakayali vom Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung, einer der Autoren. Diese oft größeren Organisationen hätten Erfahrung beim Beantragen und Einwerben von Fördergeldern.

Verfahren vereinfachen

Bei den Wohlfahrtsverbänden werden 61,4 Prozent des Kosten für Flüchtlinge durch staatliche Gelder gedeckt, bei den kleinen Initiativen sind es nur 18,3 Prozent. Diese decken ihre Ausgaben vor allem durch private Spenden, sie machen 57 Prozent der Einnahmen aus. Kosten entstehen unter anderem für praktische Hilfen wie Fahrtkosten, direkte Unterstützung für die Geflüchteten (17 Prozent), für Unterricht (17 Prozent) und gemeinschaftliche Aktivitäten (16 Prozent). Die Hälfte der befragten Organisationen verfügen über höchstens 5000 Euro pro Jahr, 40 Prozent nahmen bis zu 100 000 Euro ein, die übrigen mehr.

Um die überwiegend Ehrenamtlichen bei der Arbeit zu unterstützen, sollten aus Sicht der Autoren die Verfahren ingesamt vereinfacht werden. Ein Problem ist beispielsweise, dass Anträge vor beginn eines Projekts gestellt werden müssen. Angesichts fehlte vielen Initiativen einfach die Zeit, sagt Alexander Koop von der Bertelsmann-Stiftung.

Land unterstützt Ehrenamtliche mit 5,4 Millionen

Dass Initiativen zu kurz kommen, weil es ihnen an Wissen mangelt oder sie als informelle Organisationen teilweise nicht die Voraussetzung für eine Förderung erfüllen, hält auch Seán McGinley vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg für ein Problem. „Die Praxis der Förderung stellt einerseits praktische und bürokratische Hürden auf“, sagte er. „Andererseits ist es wichtig und legitim, dass diejenigen, die fördern, Transparenz wollen und keine ,Blankoschecks ausstellen möchten.“

Die Landesregierung unterstützt mit 5,4 Millionen Euro ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe. Bewerben dafür könnten sich auch Initiativen, nicht nur Vereine.