Die Stiftskirche registriert ein Drittel weniger Besucher. Die Evangelische Landeskirche hat eine Umfrage zu Online-Gottesdiensten gestartet. Und ein katholischer Pfarrer fürchtet, „dass wir nach der langen Pause manche Verbindung nicht mehr herstellen können“.

Stuttgart - Die gute Nachricht ist: Im Gegensatz zu Ostern können die Christen der Stadt das Pfingstfest wieder in der Gemeinschaft und in den Kirchen feiern. Die schlechte Botschaft: Die Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen haben nicht nur das Wesen der Gottesdienste verändert – sie halten offenbar auch viele Gläubige vor einem Besuch in einer Kirche ab.

 

Auf die Frage, ob weniger Menschen in die Gottesdienste kommen, sagt etwa Matthias Hambücher, leitender Pfarrer der katholischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Nordwest: „Das ist so. Die Anmeldungen zum Gottesdienst sind für viele Menschen ein Hindernis.“ Mehr noch: Er fürchtet, dass die Einschränkungen durch die Coronakrise langfristige Folgen für die Kirche haben werden: „Je länger die Einschränkungen andauern, umso gravierender sind die Folgen.“ Denn man erreiche derzeit viele Menschen nicht mehr: „Meine Sorge ist, dass wir nach der langen Pause so manche Verbindung nicht mehr wiederherstellen können.“

Sorge bei den Katholiken

Die Atmosphäre in den Kirchen ist laut Hambücher „weiterhin einladend und nicht abweisend“. Die meisten Besucher hätten sich an die Veränderungen gewöhnt und könnten sich wieder auf die Liturgie konzentrieren. „Natürlich fehlt das Singen, mit dem sich die Gläubigen am Gottesdienst beteiligen und das die Gemeinschaft auf eine besondere Weise erlebbar macht“, sagt der Geistliche, „wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.“ Dass es dennoch richtig ist, im Moment auf das Singen zu verzichten, zeigten die zahlreichen Infektionen in einem baptistischen Gottesdienst in Hanau.

Um mehr über die Motive und Gefühle der Kirchgänger zu erfahren, hat die Evangelische Landeskirche nun eine Umfrage gestartet. Dabei wird auch nach der Atmosphäre in den Ersatz-Gottesdiensten im Internet gefragt. Nicht zuletzt geht es auch darum, ob regelmäßige Online-Gottesdienste beibehalten werden sollten – selbst wenn Präsenz-Gottesdienste wieder in vollem Umfang möglich sind.

Auf diesen Moment wartet auch Matthias Vosseler. Auch der Pfarrer der Stiftskirche registriert derzeit rund ein Drittel weniger Besucher. „Es sind vor allem ältere Menschen, die auch zur Risikogruppe zählen.“ Manche Gemeindeglieder erzählen Vosseler auch, dass sie erst wieder in die Kirche kommen, wenn das Singen erlaubt ist. Über die Rückgänge der katholischen Kirche kann er nur spekulieren: „Vielleicht macht es doch einen Unterschied, ob man sich wie in der katholischen Kirche vorher anmelden und registrieren muss und in der evangelischen nicht. Bei uns kann man einfach kommen und an einen der markierten Plätze sitzen.“

Gleichwohl sehnt auch er den Tag herbei, an dem „wieder die persönliche Begegnung möglich ist“. Denn das Wort Gemeinde komme von Gemeinschaft. Dennoch geht auch Matthias Vosseler davon aus, dass die derzeitigen Online-Angebote der Kirchen die Coronakrise überdauern werden. „Wir in der Stiftskirche haben mit unseren Videoandachten gute Erfahrungen gemacht. Anfangs hatten wir pro Video zwischen 3000 und 4000 Klicks.“

Wie viele Besucher kommen an Pfingsten?

Nun ist der Stiftspfarrer Vosseler gespannt, wie viele Besucher denn nun an diesem Wochenende an Pfingsten in die Kirche kommen. Zumal auch das traditionelle Fest „Weltweite Kirche“ in diesem Jahr ausfällt. Matthias Vosseler weiß allerdings sehr gut, dass Pfingsten bei den Gläubigen hinter Weihnachten und Ostern in Bezug auf den Gottesdienstbesuch rangiert. „An Pfingsten feiern wir das Kommen des Heiligen Geistes. Klingt ziemlich abstrakt, nicht so nah wie das Kind in der Krippe an Weihnachten zum Beispiel.“