Im Wahlkreis Leonberg/Herrenberg kommt es zu interessanten Duellen: Peter Seimer will Bernd Murschel beerben. Sabine Kurtz strebt das Direktmandat an. Die SPD setzt auf die Nachwuchshoffnung Jan Hambach. Ein Ausblick auf die Landtagswahl.

Leonberg/Herrenberg - Am Abend des 13. März 2016 strahlt Bernd Murschel über beide Wangen: Der Grüne hat bei der Landtagswahl das Direktmandat im Wahlkreis 6 Leonberg/Herrenberg geholt und damit der etablierten CDU-Abgeordneten Sabine Kurtz eine empfindliche Niederlage zugefügt. Im Duell der Leonberger Kandidaten erhielt Murschel 30,9, Kurtz 27,5 Prozent. Erst am späten Abend war sicher, dass die Christdemokratin den Wiedereinzug ins Stuttgarter Parlament dennoch schafft.

 

Auch wenn die Grünen fünf Jahre später landesweit gute Umfragewerte haben, ist nicht ausgemacht, dass die Umweltpartei im Wahlkreis zwischen Leonberg und Herrenberg erneut triumphieren kann. Denn das Zugpferd Murschel tritt nicht mehr an. Seit 15 Jahren gehört der Agrarwissenschaftler dem Landtag an. Im vergangenen November erklärte der heute 64-Jährige, der sich nicht nur in seiner Heimatstadt einer großen Beliebtheit erfreut, dass er sich nun auf die Kommunalpolitik im Leonberger Gemeinderat beschränken will.

Nachdem es zunächst so ausgesehen hatte, dass die Grünen-Stadträtin Sibylle De Mott die Leonberger Abgeordneten-Tradition fortsetzen könne, setzte sich in der parteiinternen Nominierung Peter Seimer durch. Der 28-Jährige aus Aidlingen ist Steuerfahnder und war Mitglied im Kreisvorstand und im Landesvorstand der Grünen. Bei seiner Nominierung ließ seine Forderung nach einem grün geführten Innenministerium aufhorchen.

Viele neue Gesichter auf Plakaten

Inwieweit die Konkurrenz von einem in der Öffentlichkeit weitgehend Unbekannten für Sabine Kurtz ein Vorteil ist, muss sich noch zeigen. Die Vizepräsidentin des Stuttgarter Landtages gehört seit 15 Jahren dem Parlament an. Parteiintern musste sie sich gegen Swen Menzel durchsetzen. Nachdem vor vier Jahren dessen Versuch, Bundestagskandidat zu werden, missglückt war, setzte der Vorsitzende der Herrenberger CDU alles daran, von seiner Partei ins Rennen um ein Landtagsmandat geschickt zu werden. Doch die Basis bevorzugte die routinierte Abgeordnete.

Das Duell, welcher der beiden Regierungspartner das Rennen macht, ist nur ein spannender Aspekt im Wahlkreis 6, der neben den beiden großen Kreisstädten Leonberg und Herrenberg unter anderem auch Renningen, Rutesheim, Weissach und Weil der Stadt umfasst. Interessant ist zudem die Frage, wie sich die Bewerber von SPD und FDP schlagen.

Nachdem Angelika Klingel aus Heimsheim vor fünf Jahren nur enttäuschende 11,3 Prozent bekommen hatte, schicken die Sozialdemokraten nun Jan Hambach in den Ring. Für seine 28 Jahre hat der studierte Volkswirt aus Renningen schon eine beachtliche Parteilaufbahn hinter sich: 2018 rückte er in den Renninger Gemeinderat nach, ein Jahr später wurde er souverän wiedergewählt. Jetzt ist er dort Chef der Ratsfraktion. Zudem schaffte Hambach den Sprung in den Kreistag.

Der Einzug in den Landtag wäre der vorläufige politische Höhepunkt für den rührigen Sozialdemokraten, der in seiner Partei als Nachwuchshoffnung gilt. Auszuschließen ist ein Erfolg nicht. Auch bei der Kommunalwahl wurden ihm im Vorfeld allenfalls Außenseiterchancen zugebilligt.

Optimistisch ins Rennen geht zudem Hans Dieter Scheerer. Der Rechtsanwalt aus Weil der Stadt hatte vor fünf Jahren für die FDP 9,5 Prozent geholt – ein Ergebnis über dem Landesdurchschnitt. Der 63-jährige Kreisvorsitzende der Liberalen sitzt schon im Weiler Gemeinderat und im Stuttgarter Regionalparlament. Er setzt sich für eine „ideologiefreie“ und pragmatische Politik ein und sieht die Coronabeschränkungen der grün-schwarzen Landesregierung sehr kritisch.

Rückenwind aus der vergangenen Wahl hat auch die AfD. 2016 holte der damalige Kandidat Miguel Klauß, der besonders bei Facebook aktiv war, 14,9 Prozent und lag noch vor SPD und FDP. Diesmal tritt Peter Keßler aus Herrenberg an, der 2019 in den Kreistag eingezogen ist und sich auf der Homepage als Freiberufler vorstellt.

Schon für einige Schlagzeilen hat die neue Klimaliste Baden-Württemberg gesorgt, die sich bewusst als die ökologischere Alternative zu den Grünen präsentiert. Dass sie der etablierten Mehrheitspartei von Winfried Kretschmann empfindliche Stimmenverluste beibringen kann, halten Beobachter für durchaus möglich.

Nur 2,2 Prozent holte vor fünf Jahren die Leonberger Stadträtin Gitte Hutter für die Linken. Diesmal tritt für die Partei Robert Schacht aus Weissach an. Als Beruf gibt der gebürtige Schleswig-Holsteiner „Kapitän außer Dienst“ an.