Es bleibt dabei: Das Unternehmen für Antriebs- und Fluidtechnik verlagert seine Produktion nach Tschechien. 160 Mitarbeiter werden ihren Job verlieren. Für sie wurde jetzt ein Sozialplan ausgehandelt. Unzufriedenheit bleibt.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Die Konditionen in dem kurz vor Ostern unterzeichneten Sozialplan seien halbwegs akzeptabel, mit dem Verhandlungsergebnis an sich könne man aber natürlich nicht zufrieden sein, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Seit die Geschäftsleitung der Norgren GmbH im Herbst des vergangenen Jahres angekündigt hat, ihre Produktionsstruktur in Europa „anzupassen“ und in dessen Zuge auch das ehemalige Herion-Werk an der Stuttgarter Straße aufzugeben um die Fertigung ins tschechische Brno zu verlagern, haben die Arbeitnehmervertreter dafür gekämpft, den Standort Fellbach doch noch zu retten.

 

Sozialplan von beiden Seiten unterzeichnet

Darin ist man offenkundig gescheitert. „Nachdem die Positionen der Verhandlungsparteien in einer Serie von Gesprächen schrittweise angenähert werden konnten, wurde nun eine Einigung erzielt und der Sozialplan von beiden Seiten unterzeichnet“, teilt die von Norgren beauftragte PR-Agentur auf Nachfrage mit. Im Kern definiere der nun vereinbarte finanzielle Interessensausgleich zum einen die Abfindung, die in der Höhe abhängig von der Betriebszugehörigkeit gewährt werde, zum anderen sehe das Papier die Einrichtung einer sogenannten Transfergesellschaft vor. In dieser soll den rund 160 von der Kündigung betroffenen Mitarbeitern für die doppelte Dauer ihrer Kündigungsfrist bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber geholfen werden.

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Abgelehnt wurden hingegen von Gewerkschaft und Betriebsrat mit einem externen Wirtschaftsberater ausgearbeitete Vorschläge, wie der Standort Fellbach auch unter anderen Voraussetzungen weiter betrieben werden hätte können – nämlich als eine Art Anlaufwerk, in dem die Produkte entwickelt und alles für die endgültige Produktion vorbereitet werden sollte. „Die Geschäftsleitung ist leider um keinen Millimeter von ihren Vorstellungen abgewichen“, heißt es dazu von Seiten des Betriebsrats. Das beinhaltet auch, dass ein von Norgren angedachtes Technologiezentrum nicht in den Fellbacher Räumlichkeiten, wo zurzeit noch Produkte wie Proportionalmagnetventile, Druckschalter oder Verteilerventile hergestellt werden, angesiedelt werden soll, sondern in einem eigens angemieteten Gebäude etwa ein Kilometer Luftlinie jenseits der Stadtgrenze.

85 Arbeitsplätze in Stuttgarter Technologiezentrum

Immerhin sollen dort, im Stuttgarter Hortensienweg, 85 der jetzt noch in Fellbach Beschäftigten Arbeitsplätze zur Entwicklung neuer Produkte angeboten werden. Eine Beschäftigungsgarantie für diesen neu aufzubauenden Bereich habe die Geschäftsführung indes nicht zusichern wollen, so der Betriebsrat. Es sei lediglich darauf verwiesen worden, dass das Gebäude ja immerhin auf zwölf Jahre angemietet worden sei.

Was genau mit dem angestammten Firmenareal passiert, in dem in besten Zeiten mehr als 1200 Mitarbeiter beschäftigt waren, lässt Norgren noch offen. Immer wieder waren die Gebäude auch für firmenfremde Aktionen genutzt worden, etwa für das auch vom Unternehmen unterstützte Reparatur-Café der Stadt Fellbach. Zuletzt war in einem Gebäudeteil das hausärztliche Corona-Impfzentrum eingerichtet worden.

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Die Entscheidung, den zur Unternehmensgruppe IMI gehörenden operativen Betrieb in Fellbach zum Jahresende 2022 einstellen zu wollen, kam für die Mitarbeiter, aber auch die IG Metall im vergangenen Herbst völlig überraschend. Betriebsrat und Belegschaft seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden, sagte die betreuende Gewerkschaftssekretärin, Sandra Kocken. Auch ihre damalige Hoffnung, dass die Geschäftsführung für alternative Lösungen offen sei, hat sich nun offenkundig zerschlagen.

Die Geschäftsleitung von Norgren begründete den, wie sie selbst einräumt, „einschneidenden Umbruch“ mit einem hohen Wettbewerbsdruck und „gestiegenen Kundenerwartungen“. „Die stärkere Konzentration unserer Produktion in Europa ist ein unausweichlicher Schritt, um unsere Zukunft zu sichern und den Anforderungen unserer Kunden zu entsprechen“, erklärte Christian Keil, Mitglied der Geschäftsführung der Norgren GmbH.