In vielen Faschingshochburgen haben die Narrenvereine keine Nachwuchssorgen. Denn von Kindesbeinen an wachsen die Einwohner mit dem Brauch auf – so auch in Wernau.

Wernau - Einmal im Jahr steht die Stadt Kopf. Eine der Faschingshochburgen im Landkreis Esslingen ist Wernau. Dort werden viele Einwohner von klein auf an die Tradition herangeführt. Eine der vielen Wernauer Faschingsbegeisterten ist Anna Kühnel. „Das Feeling ist toll, es war schon immer etwas Besonderes“, sagt sie. Die 27-Jährige spielt seit sieben Jahren die Woodblocks, ein Perkussionsinstrument, bei den Bodenbach-Symphonikern. Die mehr als 50-köpfige Guggenmusikgruppe der Wernauer Narren probt das ganze Jahr über, damit an Fasching jeder Ton sitzt. In diesem Jahr werden die Musiker mit Melodien wie „Despacito“, Seperate Ways“ oder „Sound of Silence“ für Stimmung sorgen, verrät sie. Die Verkleidung der Musiker ist seit dem vergangenem Jahr an die Computerspielreihe „Assassins Creed“ angelehnt.

 

Während sich die Musiker alle vier Jahre ein neues Motto für ihre Kostüme ausdenken, hat Frederick Weiß zu Fasching stets dasselbe an. Mit 18 Jahren ist der heute 30-Jährige zu den Heckarutschern gekommen. Zur Faschingszeit fährt er jedes Wochenende von seinem Wohnort Mannheim zurück in seine alte Heimat, um mit Freunden an zahlreichen Umzügen teilzunehmen. Die Heckarutscher sind neben den Hexen und Teufeln, den Brotloible und den Bauern sowie den Bodenbach-Symphonikern eine der Gruppierungen der Wernauer Narren. „Es ist immer eine lustige Atmosphäre“, sagt er. Bei den Umzügen bereite es ihm Vergnügen, hinter seiner schelmisch dreinblickenden Maske Schabernack mit den Zuschauern zu treiben.

Nachwuchssorgen hat der Verein keine

Beide seien sie über Freunde zu den Wernauer Narren gekommen, erklären Kühnel und Weiß. „Wer in Wernau wohnt, wächst mit dem Fasching auf“, sagt Kühnel. Sie sei schon als Kind gerne bei den Umzügen dabei gewesen, erinnert sie sich. Als dann bei den Musikern der Narren eine Stelle frei geworden sei, habe sie vor sieben Jahren nicht lange überlegen müssen. Die Kinder bekämen schon in jungen Jahren bei den Kindergarten- und Schulstürmen die Faschingstradition in Wernau vermittelt, ergänzt Frederick Weiß. „Man kommt nicht drum herum.“ Die Kinder dürfen dann Masken anprobieren und erfahren, was es mit dem Brauch auf sich hat.

Nachwuchssorgen hat der Verein keine. Derzeit hätten sie mehr als 300 aktive Mitglieder, erklärt der zweite Zunftmeister Frank Hauber. Für den Besuch von Umzügen würden in der Regel vier Reisebusse gebraucht. Viele Mitglieder kämen entweder über Freunde oder die Familie zu den Narren. Teils seien von den Großeltern über die Eltern bis hin zu den Kindern alle Familienmitglieder im Verein.

Bei Hästrägern herrscht beim Umzug Alkoholverbot

Was den Narren jedoch Sorgen bereite, sei der Alkoholkonsum einiger, meist jüngerer Besucher der Faschingsveranstaltungen. Deshalb sei die Aktion „Feiern mit Vernunft! – Fasnet ist mehr als Vollrausch!“ ins Leben gerufen worden. Es werde während des Umzuges kein harter Alkohol mehr ausgeschenkt. „Wir haben den Eindruck, das bringt etwas“, sagt Hauber. Für die Hästräger gelte ohnehin, dass sie nicht betrunken bei einem Umzug mitlaufen dürften. „Das ist ein No-Go“, sagt der zweite Zunftmeister. Wer betrunken sei, dem drohe die Konfiszierung der Maske.

Viel Zeit zum Feiern haben die Narren in diesem Jahr nicht. Bereits am 14. Februar ist Aschermittwoch und damit die gerade erst begonnene Faschingszeit vorbei. Die kurze Faschingszeit stellt vor allem die Funktionsträger vor Schwierigkeiten. Alle Pflichttermine wie das Krawattenfalten, das Häsabstauben, der Rathaussturm und der große Umzug, zu dem stets bis zu 30 000 Menschen nach Wernau kommen, müssen zwischen dem 6. Januar und Aschermittwoch durchgeführt werden. „Es ist alles schneller und intensiver dieses Jahr. Das ist schon knackig“, erklärt Hauber. Und neben den Aktivitäten in Wernau besuchen die Narren auch zahlreiche Umzüge in Baden-Württemberg. „Man muss morgens pünktlich am Bus sein, egal wie spät es am Abend davor geworden ist. Das fällt einigen schwer“, sagt Hauber. Aber Fasching ist schließlich nur einmal im Jahr.