Der März hat Stuttgart einen Wetterrekord beschert. 240 Stunden Sonnenschein gab es noch nie im ersten Frühlingsmonat, der zudem zu trocken war. Der Frühling nahm allerdings erst Mitte des Monats Fahrt auf.

Selten hat man so viele Menschen erfreut in einen depri-grauen Himmel blicken sehen, wie in diesen Tagen. Ekliges Schmuddelwetter über dem Kessel, sogar ein wenig Schnee, aber vor allem Regen und Nässe – wunderbar, zumindest für Gärtlesbesitzer, Landwirte und Förster. Die Leute holten die Vogeltränken wieder rein, wischten mit Schwammtüchern den sich heftig wehrenden Saharastaub von den Simsen und die Wengerter dankten der kalten Polarluft, die ihre Reben langsamer austreiben lässt. Es wird allerdings nicht lange dauern, bis viele umschwenken und meinen, es sei jetzt auch mal wieder gut mit dem Nass und dann schwärmerisch zurückblicken auf den März, der in Stuttgart als der sonnigste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Erinnerung bleiben wird. Und als zu trocken.

 

240 Stunden Sonnenschein

Die Sonne bot in der Tat den größtmöglichen Kontrast zur Traurigkeit der Weltlage und trieb die Leute scharenweise ins Freie. Überall sprießte zartes Grün und erste Blüten zeigten sich in der Sonne. Das Städtle strahlte den ersten Geflüchteten wie ein Ferienort entgegen, was es für die Menschen natürlich kaum leichter machen konnte, aber wenigstens freundlicher. Und Corona konnte sich nicht noch schneller ausbreiten, weil man sich plötzlich im Straßencafé treffen konnte. Mitten im März. „Die Sonne brachte es auf 240,4 Stunden. Mehr wurden in Stuttgart noch nie in einem März gemessen,“ sagt Andreas Pfaffenzeller. Der Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Stuttgart ergänzt: „Das sind exakt 100 Stunden mehr als im langjährigen Mittel zwischen 1991 und 2020.“ Gegenüber dem alten Mittelwert (1961 bis 1990), der noch bis Ende 2020 galt, sind es sogar knapp 117 Stunden. Im Durchschnitt konnte man also im März 2022 jeden Tag fast acht Stunden lang Sonne genießen.

Es war viel zu trocken

Dass die Natur angesichts der prallen Sonnenenergie nicht förmlich explodiert ist, lag daran, dass der zweite Wachstumstreiber eher bescheiden vom Himmel fiel. Es war viel zu trocken. Vereinzelt haben zwar Mäh-Fans bereits ihre Zweitakter angeworfen, aber da kam dann selbst bei einem größeren Stückle kein halber Fangkorb Gras zusammen. 25,5 Liter Regen pro Quadratmeter wurden an der DWD-Messstation Schnarrenberg im ersten Frühlingsmonat gemessen, deutlich mehr als die Hälfte davon (14,9 Liter) fiel allein am 31. März. Davor war es wochenlang derart trocken gewesen, dass die Bauern beim Eggen mit dem Traktor gewaltige Staubfahnen hinter sich herzogen. Die Trockenheit sorgte aber auch dafür, dass noch nicht viel gesprossen ist, was jetzt erfrieren könnte. Es gilt die alte Bauernregel. „Gibt’s im März zu vielen Regen, bringt die Ernte wenig Segen“. Na, dann passt es ja und das Wasserdefizit dürfte der April kompensieren können. Zumindest so wie es jetzt aussieht. Zumal die 25,5 Liter immerhin noch 62 Prozent eines durchschnittlichen März sind, die Trockenheit fühlte sich also dramatischer an, als sie statistisch gewesen ist.

Ende März kam der Frühling

Gut für die Natur war auch, dass der März doch ziemlich kalt begann. Aber dann nahm der Frühling Fahrt auf. Es wurde täglich wärmer bis auf 20,3 Grad am 28. März. Am Ende ging der dritte Monat des Jahres dann trotz elf Tagen mit Frost mit 7,1 Grad um ein halbes Grad über dem langjährigen Mittel aus dem Rennen. Allerdings gilt das gegenüber dem neuen Mittelwert. Bis 1990 war es im März durchschnittlich 1,8 Grad kühler als in diesem Jahr. Jetzt müht sich der noch junge April, die Ausreißer beim Sonnenschein und beim Regen wieder einzufangen. Alle Prognosen gehen bis Mitte des Monats von vielen Wolken und immer wieder Regen aus.