Der Mai brachte in Stuttgart Tage mit mehr als 30 Grad sowie Unwetter. Das empfinden viele als ungewöhnlich. Werden diese Extreme in den kommenden Jahren häufiger?

Digital Desk: Robert Korell (rko)

Die meisten Menschen empfinden Tage mit vielen Sonnenstunden als schön, zumindest im Frühjahr hat man meist auch nichts dagegen, wenn die Temperaturen steigen. Doch angesichts von Werten deutlich über 30 Grad wie vergangene Woche, Unwettern und Tornadowarnungen kann man fragen: Ist so ein Wetter im Mai eigentlich normal?

 

Unser Datenprojekt „Klimazentrale“ zeigt, dass zumindest die Temperaturen nicht normal sind. Die städtische Messstelle auf dem Schwabenzentrum maß vergangene Woche für die Innenstadt einen Temperaturrekord – jedenfalls für diese Jahreszeit. Zwischen 1991 und 2020 wurde in vier von fünf Jahren bis Ende Mai in der City nur ein Heißer Tag mit mehr als 30 Grad gezählt. Dieses Jahr waren es schon drei.

An der DWD-Station am Schnarrenberg kletterte das Thermometer währenddessen zweimal über die 30-Grad Marke. Das ist sehr ungewöhnlich, wie die Übersicht aller gemessenen Höchsttemperaturen in diesem Zeitraum seit 1961 zeigt:

Temperaturen über 30 Grad sind um diese Jahreszeit also nicht normal, jedenfalls bis jetzt. Das ist methodisch wichtig: Für die „Klimazentrale“ geben wir stets einen Normalbereich für die aktuelle Jahreszeit an, der sich aus einzelnen Tagesmesswerten seit 1961 berechnet. Weil Ausreißer selten sind, verzerren sie auch unsere Berechnungen nicht. In der „Klimazentrale“ können Sie für knapp 600 Postleitzahlbereiche sehen, ob das aktuelle Wetter normal ist – täglich aktualisiert.

Mehr Sommertage im Mai – auch in Zukunft?

Auch sogenannte Sommertage mit Temperaturen über 25 Grad treten dieses Jahr gehäuft auf. „Diesen Monat gab es bereits sechs Sommertage, im Normalbereich für einen Mai wären vier“, erklärt Andreas Pfaffenzeller, Meteorologe bei der DWD-Station auf dem Schnarrenberg.

Die DWD-Daten zeigen auch, dass es 1961 bis 2020 zwischen Ende April und Ende Mai am Schnarrenberg nur in drei Jahren mehr Sommertage gab als dieses Jahr. In fünf weiteren Jahren wurden wie sechs Sommertage gemessen. In allen anderen 52 Jahren lag die Zahl in diesem Zeitraum darunter.

Das sind die Werte in luftiger Höhe. Die innerstädtische Messstelle hat bereits elf Sommertage gezählt,Innenstadtbewohner waren also deutlich stärker von den hohen Temperaturen betroffen. „Die Zahl der Heißen Tage und der Sommertage wird auch insgesamt zunehmen“, sagt Pfaffenzeller. Dass der Mai von diesem Anstieg besonders betroffen ist, liegt daran, dass die durchschnittlichen Temperaturen im Mai knapp unter der 25-Grad-Marke liegen. Schon eine geringe lokale Klimaerwärmung führt also dazu, dass die Schwelle zum Sommertag häufiger überschritten wird.

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„Vom 7. Mai an gab es dieses Jahr zwei Wochen lang Tageshöchsttemperaturen über 20 Grad“, sagt der DWD-Experte Pfaffenzeller. Noch in den 1960er und 1970er Jahren wären solche Temperaturen in dieser Jahreszeit kaum denkbar gewesen, auch Pfaffenzeller findet diese Werte „bemerkenswert“.

Was normal ist, verschiebt sich gerade

Durch den Klimawandel verschiebt sich der Bereich der normalen Temperaturen nach oben. Setzt sich das fort, dann sind Sommertage Mitte Mai künftig alles andere als ungewöhnlich. Diese Entwicklung ist allerdings nicht aufs Frühjahr beschränkt. „Von der Erwärmung sind alle Monate nahezu gleich betroffen“, sagt Andreas Pfaffenzeller. Lediglich im Herbst trete der Effekt bislang verringert auf.

Die letzten Maitage werden zumindest im wetterhistorischen Sinne dagegen normal verlaufen: Temperaturen um die 20 Grad, mit Sonne und Wolken und dazwischen vielleicht ein Schauer oder Gewitter. Der könnte auch die zuletzt sehr geringen Niederschlagsmengen wieder in den Normalbereich schieben.

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Akut deutet sich kein Gewitter an, sagt der beim DWD in Stuttgart für Wetterprognosen zuständige Meteorologe Arne Reusch: „Winde und Schauer haben wir am Dienstag zum vorerst letzten Mal gesehen. Die nächsten Tage werden eher ruhig und auch etwas kühler.“ Zum Wochenende könne es eher wechselhaft werden, in den Pfingstferien seien Temperaturen über 20 Grad möglich. „Eine Prognose in so weiter Zukunft ist aber immer mit Vorsicht zu genießen“, sagt Reusch.