Ein eiskalter Start und die bisher wärmste Juninacht – das Wetter 2017 hatte mächtige Ausschläge. Insgesamt war das Jahr zu warm, zu sonnig und ein wenig zu trocken, hinzu kam eine besondere Aprilnacht mit großen Auswirkungen.

Stuttgart - Das Wetter schreibt ja oft amüsante Geschichten. Das war auch 2017 so und es gab auch gleich zu Beginn ein Ereignis, das die schwäbische Ordnungsseele mindestens so in Wallung brachte, wie ein von zermatschen Feuerwerksresten verdreckter Gehweg am 1. Januar nach 11 Uhr. Im Januar 2017 haben sich doch tatsächlich zwei amtliche Stuttgarter Bürgermeister (Werner Wölfle und Peter Pätzold) aufs Eis begeben. Aber nicht politisch, sondern ganz real auf dem zugefrorenen Pfaffensee. Da waren die beiden grünen Politiker zwar nicht alleine, aber doch irgendwie falsch, weil sie auf Schlittschuhen an städtischen Verbotsschildern vorbei ihre Kreise zogen. Das grenzt knapp an die Verweigerung der Kehrwoche, also an Anarchie.

 

Möglich wurden die aufmüpfigen Pirouetten der kommunalen Eiseiligen durch einen Januar, der echt Kante zeigte. Winterkälte vom feinsten, an 29 von 31 Tagen gab es Frost in der Stadt, bis zu minus 11.1 Grad. Mit einer Durchschnittstemperatur von minus zwei Grad war der Januar 2017 der kälteste seit 1987. Auf dem Neckar fuhren Eisbrecher, am Flughafen lag an 20 Tagen Schnee.

Seit 2010 ununterbrochen zu warme Jahre

Insgesamt musste man aber auch in diesem Jahr der laut Donald Trump nicht existenten globalen Erwärmung Tribut zollen. 2017 war gegenüber dem langjährigen Mittel wieder deutlich zu warm. Damit wird jetzt in Stuttgart seit sieben Jahren regelmäßig die langjährige Mitteltemperatur von 9,5 Grad überschritten. 2017 (11,1 Grad) exakt um 1,6 Grad. 2010 war zum bisher letzten Mal ein Jahr mit 9,4 Grad etwas kühler als der Schnitt. 2017 dagegen präsentierten sich alle Monate außer dem Januar und dem September zu warm. Darauf hätte man im vergangenen Januar angesichts der Eisschollen auf dem Neckar wohl keine größere Summe gewettet. Hätte man aber tun können, denn am Ende ging das vergangene Jahr als das siebtwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen vor 66 Jahren aus dem Rennen.

Da könnte man fast vergessen, dass 2017 meteorologisch auch eine sehr launische, eisige und schadensreiche Seite hatte. Natürlich im April, der ja bekanntlich macht, was er will. Wohl wahr, nach einem extrem sonnigen März, der die Bäume früh blühen ließ, stürzte in der Nacht auf den 20. April die Temperatur rapide ab. Minus 2,1 Grad, direkt am Boden waren es sogar minus 5,4 Grad. Die Rekordkälte für einen 20. April ließ Obstblüten und Weintriebe erfrieren. Manche Obstbauern in der Region hatten bei Äpfel, Birnen oder Nüssen einen Totalausfall zu beklagen, auch der Wein erholte sich nur mühsam von der abrupten Kälte.

Frost im April, Tropische Nächte im Juni

Danach ging es freilich wieder sehr schnell hoch mit den Temperaturen. Eine Art Achterbahnfahrt, für die ein stabiles Herz-Kreislaufsystem von Vorteil war. Knapp fünf Wochen nach dem Rekordfrost kletterte am 29. Mai das Thermometer auf 32,7 Grad – so heiß war es im Mai noch nie in Stuttgart. Im Juni wurde es dann auch in den Nächten im Städtle tropisch. In der Nacht vom 22. auf den 23. Juni sank das Thermometer nur auf 24,1 Grad. Nie war eine Juninacht in Stuttgart wärmer als diese. 2017 war also trotz erfrierender Blüten und zugefrorener Seen wieder ein Mosaiksteinchen in der Indizienkette Klimawandel, zu dem ja auch die Zunahme von wettertechnischen Extremereignissen wie heftige Wetterwechsel, Kälteeinbrüche oder Starkregen gehören.

Am Ende war 2017 zu trocken

Außerdem war das Jahr nichts für Freunde nordisch-trüben Wetters. Die Sonne schien 1906 Stunde über der Stadt, das sind 112 Prozent des langjährigen Mittels und Rang fünf in der Rangliste der sonnigsten Jahre seit 1951. Besonders an der bluesfeindlichen Statistik beteiligt war der März, der mit 181 Sonnenstunden stolze 147 Prozent aufzuweisen hatte. Schön für alle Straßencafé-Fans, weniger gut für die Obstbauern, weil die Turbosonne die Triebe sprießen ließ, die der späte Frost dann verbrannte. Der letzte Blick zurück in die Wetterstatistik geht zum Niederschlag und da beginnt man sich dann doch ein wenig zu wundern. Wie, zu trocken? Von den Zahlen her mag das sein, gefühlt regnete es aber schon seit Anfang November nahezu ununterbrochen.

Aber auch hier erhellt der Blick zurück. Der Winter 2017 war trocken wie ein altes Springerle und so kommt das Jahr 2017 nur auf 96 Prozent Niederschlag. Zugegeben richtig trocken ist das nicht. Aber das kann 2018 ja noch kommen, auch wenn es im Moment sicher nicht danach aussieht.