Der zu Ende gegangene Monat Juni hat abermals einen Temperaturrekord gebrochen: Nach Berechnungen der US-Klimabehörde NOAA handelt es sich weltweit um den heißesten Juni seit Beginn ihrer Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Washington - Heiß, heißer, am heißesten. Der Juni 2016 wird in die Menschheitsgeschichte eingehen als heißester je gemessener Monat aller Zeiten. Nach Berechnungen der amerikanischen Klimabehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration; die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde mit Sitz in der US-Hauptstadt Washington ist die Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten) handelt es sich weltweit um den heißesten Juni seit Beginn ihrer Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880.

 

Seit 14 Monaten in Folge Rekordwerte

Der Juni sei der 14. Monat in Folge mit einem Hitzerekord gewesen, nämlich weltweit im Durchschnitt 16.4 Grad, hat die mitgeteilt. Das sei 0,9 Grad über dem langjährigen Mittelwert gewesen. Der letzte Monat, in dem auf der Erde keine Temperaturrekord getroffen worden sei, sei der April 2015 gewesen. Eine solche Serie von Rekordmonaten habe es in der 136-jährigen Geschichte der Temperaturaufzeichnungen noch nicht gegeben.

Nach Hitzerekorden für die gesamten Jahre 2014 und 2015 sind Klima- und Wetterforscher über die Entwicklung in diesem Jahr alarmiert. Das erste Halbjahr 2016 sei 0,2 Grad wärmer als die des Vorjahres gewesen, berichtet die NOAA auf ihrer Webseite.

Den weltweiten Temperaturschnitt über Land und Wasser im Juni gibt die NOAA mit 15,5 Grad Celsius an. Dieser Wert liegt damit 0,9 Grad über dem Mittel des 20. Jahrhunderts. Auch die erste Jahreshälfte 2016 war die wärmste bislang registrierte Jahreshälfte. Damit zeichnet sich auch für das Gesamtjahr ein neuer Rekord ab.

Es wird immer wärmer

Die US-Behörde weist darauf hin, dass in den vergangenen Monaten immer mehr rekordverdächtige Abweichungen von den mittleren Monatswerten registriert worden seien. 14 von 15 dieser Spitzenabweichungen in jüngster Zeit seien seit Februar 2015 registriert worden, was auf eine rasante Beschleunigung der Erderwärmung schließen lasse.

Auch nach dem Abklingen des Klima erwärmenden globalen Wetterphänomens El Nino purzeln in diesem Jahr weiter die globalen Temperaturrekorde.

Ist der Klimawandel unumkehrbar?

Der Klimachef der US-Weltraumbehörde Nasa, Gavin Schmidt, sagt, das erste Halbjahr 2016 sei nicht nur das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, sondern auch 1,3 Grad Celsius wärmer als die letzten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts gewesen. Noch wichtiger sei, dass 2106 bislang 1,5 Grad Celsius wärmer als das vorindustrielle Zeitalter gewesen sei. Das ist exakt die Marke, die laut Weltklimaabkommen vom Dezember 2015 vermieden werden sollte. Sollte das nicht gelingen, müsse die Erwärmung aber auf zwei Grad Celsius über den Temperaturen vor der Industrialisierung eingedämmt werden.

Statistisch liege die Wahrscheinlichkeit, dass 2016 das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen werde, bei 99 Prozent, schätzen Nasa und NOAA. Die extreme Schmelze von arktischem Meereseis dauert an, ergänzte die Nasa, die das Phänomen seit 1979 beobachtet. Besonders warm war es nach Angaben der NOAA unter anderem in Teilen Russlands und im nördlichen Australien.

Der Klimawandel kurz erklärt

Weg in die Katastrophe

Die Szenarien der Klimaforscher erinnern an Endzeitthriller von Hollywoodregisseur Roland Emmerich. Fakt ist: Das Weltklima gerät aus den Fugen. Überflutete Küsten, schmelzende Gletscher, versauerte Ozeane, sich ausbreitende Wüsten. Um die Folgen der drohenden Katastrophe abzumildern, sehen Experten nur einen Ausweg: „Wir müssen die globalen Emissionen an Kohlendioxid bis 2050 halbieren“, fordert Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

Weltweit werden rund 31 Milliarden Tonnen Kohlendioxid CO2 durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Erdöl, Gas und Kohle in die Atmosphäre geblasen. Hinzu kommen rund 6,5 Milliarden Tonnen, die durch Abholzung und Brandrodung entstehen. Trotz aller Bemühungen ist der CO2-Ausstoß seit 2000 um ein Drittel angestiegen. Grund ist vor allem die rasante Industrialisierung von Staaten wie China und Indien.

Wo bleiben diese gigantischen Mengen an emittierten Kohlendioxid, die ungefähr zu gleichen Teilen von der Industrie, Gebäudeheizungen und dem Kfz-Verkehr stammen? Nach Abgaben der Deutschen Energie-Agentur (Dena) verbleibt ein Großteil in der Atmosphäre. Fünf bis zehn Milliarden Tonnen werden jährlich in den Ozeanen gebunden. Die Wälder entziehen der Atmosphäre 1,8 bis 5,1 Milliarden Tonnen.

Pole schmelzen, Wetterextreme nehmen zu

Seit Beginn der Industrialisierung Ende des 18. Jahrhunderts ist die durchschnittliche Temperatur auf dem blauen Planeten um 0,8 Grad Celsius gestiegen. Mit gravierenden Folgen: Das Polareis schmilzt, Wirbelstürme und Wetterextreme nehmen zu.

Damit der Klimawandel nicht unumkehrbar wird, darf sich die Erde nicht mehr als zwei bis drei Grad erwärmen. „Es ist keine scharfe Grenze, aber überschreiten wir sie, so werden die Schäden zusehends unbeherrschbar“, warnt Schellnhuber. Mit der Halbierung der CO2-Emissionen bis 2050 hat sich die Staatengemeinschaft ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. In Industrieländern wie Deutschland sollen es sogar 80 Prozent sein.

Was ist der CO2-Fußabdruck?

Die meisten Menschen machen sich wenig Gedanken über ihre CO2-Bilanz. Dabei hinterlässt jede Tätigkeit, jedes Produkt, jede Dienstleistung, jede Mobilität einen CO2-Fußabdruck. Allein 40 Prozent der klimarelevanten Emissionen werden durch Ernährung und Konsum verursacht. Forscher des Freiburger Öko-Instituts (Institut für angewandte Ökologie) und des Potsdamer Klimaforschungs-Instituts haben errechnet, dass zehn Rollen WC-Papier mit 2,5 Kilogramm CO2 zu Buche schlagen. Wobei 84 Prozent auf die Produktion entfallen.

Auch das Internet ist ein CO2-Riese. „Alle Server weltweit haben die gleiche CO2-Emission wie der Flugverkehr“, heißt es bei Umweltschutzorganisation Greenpeace in Hamburg.

Klimaschutz hat Priorität

Jeder Bundesbürger produziert heute durchschnittlich elf Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Bis 2050 könnten die Deutschen ihren CO2-Ausstoß nicht nur halbieren, sondern sogar auf unglaubliche 0,3 Tonnen pro Kopf senken – ohne dass sich ihr Leben dramatisch verändert. Davon ist man bei der Umweltstiftung WWF, bei Greenpeace oder beim Öko-Institut überzeugt. Dieser Wert sei technologisch machbar, wenn die Politik dem Klimaschutz entsprechend Priorität einräumt.

Andere Experten sind weit weniger optimistisch und gehen von sehr viel höheren CO2-Werten für 2050 aus. So schätzt die Internationale Energie-Agentur (IEA) in einem Szenario, dass die CO2-Emissionen sich bis 2050 nur um schätzungsweise 16 Prozent gegenüber dem heutigen Stand reduzieren ließen.