Mit beeindruckenden Bildern: Das O-Team hat im Fitz von der nie gelingenden Symbiose von Mensch und Maschine erzählt: „Wetware“.

Stuttgart - Ein Klumpen liegt auf der Bühne, eingezwängt in viele Lagen Folie. Der Herzschlag ist schon hörbar, und siehe da: als der Klumpen von den zwei Performern Folkert Dücker und Antje Töpfer ausgepackt wird, ist da ein Mensch. Der Mensch als eine lebensgroße Puppe aus Schaumstoff, mit weißem, weichem Material überzogen, und zu sehr viel fähig. Die Puppe hat viele Haken, und auf der Bühne der ebenso verstörenden wie faszinierenden Inszenierung von „Wetware – zur Technologie der Seele“ stehen zig große Maschinen, mit denen der Puppenmensch in Bewegung gebracht wird.

 

Aus dem Urmeer

Wetware – so wird analog zu den Begriffen Hard- oder Software das biologische Material aus der Perspektive der Technik bezeichnet. Der Zellhaufen Mensch, das ist ein Wesen, das aus den Urmeeren entstanden ist. „Danach sehnen sich unsere Zellen immer noch zurück, ohne dass wir davon wissen“, heißt es ziemlich am Anfang des Langpoems, das die Zuckungen von Menschen und Puppe begleitet. Der Text, die Figuren, die Maschinen, die Performance stammen vom O-Team, einer freien Theatergruppe, die seit 2005 existiert, ihren Mittelpunkt in den Stuttgarter Wagenhallen und in der Figurentheaterszene einen Namen hat.

Die Inszenierung „Wetware“, die jetzt im Fitz Premiere hatte – vor 26 Zuschauern, mehr dürfen gerade nicht in den Saal – ist laut Programm eine poetische Annäherung an das Gefühlsleben des Techno-Self, in Form von maschinellem Tanztheater oder musikalischem Figurentheater. Fest steht, dass der Sound (Harry Delgas) in dieser einstündigen Mensch-Puppen-Maschinen-Performance eine gewaltige Rolle spielt: Er wummert und treibt die Beteiligten zur Ekstase, fein ausgesteuert und in all seiner Wucht doch nicht zu dominant. Man hat nie das Gefühl, in einem zu lauten Club gelandet zu sein – auch wenn die Thematik daran erinnert.

Riesige Hand, riesige Vagina

Der Bogen, den Regisseur Samuel Hof spannt, ist weit: Von den Urmeeren über die Mythologie zur Inquisition bis hin zum Biochemiker Alfred Butenandt, der zu Sexualhormonen geforscht hat und dazu Urin aus Berliner Polizeirevieren destilliert hat, wie die Zuschauer erfahren. Der Text wird nicht gesprochen, sondern läuft als Schrift über der Bühne mit. Ziemlich schnell: So bleibt vieles als unverständliches Fragment im Raum stehen, manche Anspielung bleibt verrätselt.

Was dem spielenden Paar, das virtuos die eigenen Körper, die Maschinerie und die Puppe zu bedienen versteht, jedoch gelingt, das sind eindrückliche Bilder. Von der Symbiose von Mensch und Maschine, die nie gelingt, auch wenn sich die einsame, anlehnungsbedürftige Frau an den weißen Körper schmiegt. Wie Wollust in Mechanik umschlägt, auch dafür haben die Macher fantasievolle und gleichzeitig traurige Visualisierungen geschaffen: wenn etwa eine riesige Hand in Dauerschleife über eine riesige Vagina streicht, wenn an einer Leine die Geschlechtsteile aneinandergereiht sind, ekstatisch zucken und von einer Vereinigung so weit entfernt sind wie „Wetware“ von Pornografie.