Nach Hermann Schlotterbeck soll der Platz vor dem ehemaligen KZ Welzheim benannt werden. Der Untertürkheimer war zusammen mit seiner Familie im Widerstand gegen die Nazis aktiv. Bis auf seinen Bruder Friedrich, der fliehen konnte, wurde die Gruppe Schlotterbeck hingerichtet.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Welzheim - Das Schicksal der Untertürkheimer Familie Schlotterbeck macht selbst nach einem Dreivierteljahrhundert fassungslos. Die Eltern Gotthilf und Maria Schlotterbeck, die Geschwister Hermann und Trude sowie Else Himmelheber, die Verlobte Friedrich Schlotterbecks, wurden im November 1944 von den Nazis hingerichtet – zusammen mit ihren Freunden Erich Heinser, Emil Gärttner, Sophie Klenk, Emmy und Hermann Seitz. Nur Friedrich Schlotterbeck war die Flucht in die Schweiz gelungen, von wo er 1945 zurück nach Stuttgart kam – nichts ahnend vom Tod seiner Angehörigen und Freunde.

 

Das KZ stand mitten im Ort

Der Grund für die brutale Behandlung: Die Schlotterbecks waren im Widerstand und bereits vor der Machtergreifung als Kommunisten Widersacher der Nazis. Die Brüder Friedrich und Hermann wurden zu Beginn der 30er-Jahre verhaftet und nach Welzheim gebracht, wo 1935 das Gerichts- und Gefängnisgebäude in ein Konzentrationslager umfunktioniert worden war. Offiziell hieß es Polizeigefängnis, doch war offensichtlich, was in den Gebäuden geschah. Dort wurden die Häftlinge aufs Brutalste von ihren Wärtern misshandelt. Nachbarn der beiden Häuser, die mitten in der Stadt standen, hörten die Schreie der Gefolterten. Mindestens 63 Häftlinge wurden ermordet. Einer von ihnen: Hermann Schlotterbeck, der nach der Auflösung des KZ im April 1945 in einem Wald bei Riedlingen erschossen wurde.

Heinrich Lindauer vom Historischen Verein Welzheim hat sich intensiv mit der NS-Zeit in seiner Heimatstadt befasst. Er hat bereits vor Jahren den Gedanken gehabt, eine Straße im Ort nach Hermann Schlotterbeck zu benennen. „Die heutige Schillerstraße hieß ja nach dem Krieg bereits Hermann-Schlotterbeck-Straße. Zuvor war sie nach dem Lagerkommandanten Karl Buck benannt“, sagt Lindauer. Doch diese jetzt wieder nach dem Widerstandskämpfer Schlotterbeck zu benennen, sei ein zu großer Aufwand. „Es ist eine lange Straße. Da müssten sehr viele Anwohner ihre Adressen ändern.“ So kam der Welzheimer auf eine andere Idee, die nicht nur leichter umzusetzen wäre, sondern einen noch näheren Bezug zur Geschichte hat. „Einen Teil des Gottlob-Bauknecht-Platzes, auf dem der Wochenmarkt stattfindet, könnte man nach ihm benennen. Dieser liegt direkt vor dem ehemaligen Kommandanturgebäude.“

Die Entscheidung liegt beim Gemeinderat

In dem Haus war bisher ein Notariat, im Januar wird hier der Forstbezirk Schwäbischer Wald seine Büros beziehen. Das zweite Gebäude, das ehemalige Gefängnis, in dem die Gefangenen auf engstem Raum zusammengepfercht waren, wurde nach dem Krieg abgerissen.

Heinrich Lindauer hat sich zusammen mit dem Historischen Verein, Mitgliedern des VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) und Schlotterbecks Großneffe Aram Hess an die Stadt gewandt. „Das muss jetzt in die politische Debatte gehen und vom Gemeinderat entschieden werden“, so Bürgermeister Thomas Bernlöhr. Ob es zum Jahrestag der Auflösung des KZ, dem 19. April, gelinge, eine Entscheidung herbeizuführen, sei ungewiss.

Schaut man sich an, wie offensiv Welzheim mit der Aufarbeitung der NS-Zeit vor Ort umgeht, kann man der Umbenennung durchaus Chancen einräumen. So gibt es in dem „Henkersteinbruch“ am Ortsrand eine Gedenktafel, und zwei Bücher sind in Welzheim erschienen, die sich kritisch mit den Geschehnissen in dem KZ befassten. Unter anderem auch mit dem Schicksal der Brüder Schlotterbeck.