Gaststätten müssen bis 19. April geschlossen bleiben, das Veranstaltungsverbot gilt aber bis 15. Juni – und das sorgt für die Absage von Geschäftsevents und Familienfeien, von denen Caterer leben. Sie haben momentan „null Umsatz“, sie fordern vom Land eine Korrektur und möglichst rasch Planungssicherheit.

Stuttgart - Es war die erste der in diesen Corona-Krisenzeiten ungewöhnlichen Regierungspressekonferenzen an jenem Dienstag Mitte März. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Bildungsministerin Susanne Eisenmann und Sozialminister Manfred Lucha berichteten via Livestream über die Maßnahmen des Landes zur Eindämmung der Corona-Epidemie, die Journalisten schickten ihre Fragen online in den Saal. Es war schon gut eine Stunde vorbei, als eine Frage kam, deren Brisanz sich erst später herausstellen sollte. Warum das Land die Verordnung denn mit der Gültigkeitsdauer 15. Juni versehe, wollte ein Medienvertreter wissen. Worauf Kretschmann erklärte, man wolle halt die Rechtsverordnung nicht ständig ändern, aber bei den Beschränkungen „fahren wir auf Sicht“. Die meisten würden zunächst nur bis 19. April gelten.

 

Busbranche interveniert mit Erfolg

In manchen Bereichen sorgte der feinsinnige, in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Unterschied, manche sprechen auch von Terminwirrwarr, freilich für Aufregung. Die Reisebusbetriebe berichteten von einer „Welle von Absagen“, weil die Landesregierung Busfahrten für touristische Zwecke in der Verordnung eben ohne Datumsnennung untersagt hatte. „Für alle anderen gewerblichen Tätigkeiten galt der Endzeitpunkt 19. April“, klagte Witgar Weber, Geschäftsführer des Verbands Baden-Württembergischer Busunternehmen (WBO), „nur Busreisen waren damit bis Mitte Juni verboten.“ Und weil es sich um ein „gesetzliches Verbot handelt“, hätten die Unternehmen keine Stornorechnungen schreiben dürfen, „auch wenn die Reise vom Auftraggeber abgesagt wurde“, was zuhauf geschah. Für die Bustouristik, ohnehin finanziell am Boden, „war das ein Desaster“. Der WBO hat dann aber erreicht, dass in der mittlerweile dreimal aktualisierten Corona-Verordnung des Landes, der „Betrieb von Reisebussen im touristischen Verkehr“ vorerst lediglich bis 19. April 2020 untersagt ist. „Ein Lichtblick in düsteren Zeiten“, sagt Weber.

Veranstaltungsabsagen treffen Caterer

Düster sind die Zeiten auch in anderen Branchen, auf einen Lichtblick warten sie aber noch. Zwar gehören Gastronomiebetriebe auch zu jenen Einrichtungen, die laut Verordnung bis 19. April ihre Pforten schließen müssen. Schon sie klagen über drastische Umsatzeinbrüche, noch schlimmer erwischt es Cateringbetriebe, die Hochzeiten, Familienfeiern und geschäftliche Meetings mit Speis und Trank versorgen. Denn derartige Veranstaltungen sind ohne Enddatum untersagt. Deshalb werde die Rechtsverordnung des Landes von Besitzern von Veranstaltungsstätten und Veranstaltern so ausgelegt, dass bis 15.6. keine Zusammenkünfte stattfinden dürften, heißt es aus der Branche.

Reutlinger Unternehmerin appelliert an Kretschmann

„Die Gemeindeverwaltungen, die Schlossverwaltungen und die Besitzer von Veranstaltungsräumen sagen den Brautpaaren und Jubilaren mit Verweis auf die Verordnung, sie dürften bis zum 15. Juni auf keinen Fall feiern“, sagt beispielsweise Susanne Küchler, die in Reutlingen einen Cateringbetrieb hat. Die Folge: die Feier und damit auch der Auftrag würden storniert. „Für uns ist das Geschäft vorbei“, selbst wenn die Beschränkungen vor dem 15. Juni aufgehoben würden. In einem Brief wendet sich die Unternehmerin an Ministerpräsident Kretschmann mit dem Ziel, dass „Gemeindeverwaltungen, Schlossverwaltungen und Inhaber von Veranstaltungsräumen vom Land schnellstens darüber aufgeklärt werden, dass nicht der 15. Juni gilt, sondern vorerst der 19. April abgewartet wird.“ Man müsse die Besitzer der Räumlichkeiten, vor allem die Gemeinden unbedingt darüber informieren, dass „es auch früher ein öffentliches Leben geben kann“ – und somit voreilige Absagen nicht nötig seien.

Stuttgarter Caterer machen „null Umsatz“

Auch viele Stuttgarter Cateringbetriebe haben den Betrieb mittlerweile so gut wie eingestellt. „Die allgemeine Situation sieht schlecht aus. Alle Aufträge wurden storniert, sodass wir derzeit im Catering keinerlei Einkünfte haben“, sagt Carolin Sinn vom Partyservice Feldwieser-Sinn aus Heumaden. Nur dank dem zweiten Standbein, der Metzgerei mit Essenauslieferung, komme der Betrieb – noch – ohne Kurzarbeit über die Runden. „Bei uns sind geschäftliche Aufträge bis einschließlich Juni storniert worden. Die privaten Veranstaltungen im Juni hoffen meist noch. Vor allem Hochzeiten fällt es schwer, jetzt schon abzusagen“, sagt sie.

Die Familie Trautwein von Trautwein Catering, die auch die Möhringer Linde betreibt, spricht von „null Umsatz“. Man versuche, einen Teil der laufenden Kosten durch einen Onlineshop zu decken, aber die meisten Mitarbeiter seien in Kurzarbeit. „Bei uns sind alle Veranstaltungen bis in die Juli hinein abgesagt worden – auch mit Verweis auf das Versammlungsverbot bis 15. Juni“, sagt Maximillian Trautwein, „momentan plant wegen der Ungewissheit niemand Veranstaltungen, auch nicht im August oder September – und das ist das Schlimme“. Ihm sei klar, dass es auch nach dem 19. April noch Einschränkungen geben werde, „wir brauchen aber bald eine klare Aussage darüber, wie es weitergeht“.

Kanzleitrost vom Ministerium

Vom Sozialministerium erhielt Susanne Küchler bereits eine Antwort, die nur als Kanzleitrost zu verstehen ist. Darin wird zwar bestätigt, dass Beschränkungen früher als am 15. Juni aufgehoben werden könnten, auf die Bitte, dies Besitzern von Veranstaltungsstätten dezidiert mitzuteilen und sie so von Absagen abzuhalten, wird aber gar nicht eingegangen. Und auch Ministerpräsident Kretschmann hält die unterschiedlichen Zeithorizonte der Beschränkungen – mal der 19. April, mal der 15. Juni – für „nicht schädlich“, wie er auf der jüngsten Regierungspressekonferenz sagte. Das sieht Susanne Küchler anders: ihr Auftragsbuch ist leer.