Im Januar hat Thomas Kölpin als neuer Chef der Wilhelma angefangen. Im Zoo wird sich einiges ändern. Für den Stuttgarter Zoo war der Wechsel an der Spitze eine Zäsur: Kölpins Vorgänger Dieter Jauch hatte ihn zuvor fast ein Vierteljahrhundert lang geführt.

Stuttgart - In Erfurt ist ihm der Start schwerer gefallen, als in Stuttgart. Als Thomas Kölpin 2009 in Thüringen die Leitung des dortigen Tierparks übernahm, stieß er anfangs zwar nicht auf offene Vorbehalte, aber doch auf Skepsis unter manchen langjährigen Mitarbeitern. Kölpin war der Wessi, der im Osten eine Führungsposition einnahm. „Zwischen mir und den Erfurtern gab es ein vorsichtiges Annähern“, erinnert sich der gebürtige Hamburger an den Beginn seiner Amtszeit in Thüringen. „In Stuttgart ist mir der Start leichter gefallen.“

 

Der Neue hat im ersten Jahr viele Gespräche geführt

Seit dem Januar 2014 leitet Thomas Kölpin die Wilhelma – für den Stuttgarter Zoo war der Wechsel an der Spitze eine Zäsur: Kölpins Vorgänger Dieter Jauch hatte die Wilhelma zuvor fast ein Vierteljahrhundert lang geführt. Jauch prägte mit seiner Leidenschaft für das Wohl der Tiere und seinem Gespür für die historischen Wurzeln des Zoos das Bild der Wilhelma. Er konnte gleichermaßen charmant wie knurrig sein – Letzteres bekamen manchmal jene zu spüren, die eine andere Vorstellung von der Zukunft des Zoos hatten, als dessen langjähriger Chef.

„Ich habe Vorfreude und eine gewisse Aufbruchstimmung unter den Mitarbeitern gespürt“, erzählt Kölpin. Der 45-Jährige hat sein erstes Jahr in Stuttgart genutzt, um viele Gespräche im Zoo zu führen und sich gleichzeitig auf der gesellschaftlichen Bühne der Stadt bekannt zu machen. „Leider hatte ich zu wenig Zeit, um die Stadt gut kennen zu lernen“, bedauert er. Den Schlossgarten und den Rosensteinpark hat er erkundet, das Schloss Solitude hat ihn schon wegen des Ausblicks beeindruckt. Und dann ist ihm die Eröffnung einer Ausstellung in der Staatsgalerie in Erinnerung geblieben – dort wurde die Kunstsammlung des württembergischen Königs Wilhelm I präsentiert. „Die Landschaftsschinken, die sakralen Bilder, aber auch die Akte waren für mich ein interessanter Spiegel seines Wesens“, erzählt Thomas Kölpin.

Wie geht es mit den Elefanten weiter?

Wichtiger als die öffentlichen Auftritte war für Kölpin jedoch die Arbeit hinter den Kulissen. Gemeinsam mit anderen leitenden Mitarbeitern des Zoos hat er im Laufe seines ersten Amtsjahres an einem Masterplan getüftelt, der aufzeigen soll, wie die Wilhelma in 20 Jahren aussehen könnte. Weit oben auf der Agenda steht für ihn dabei die Frage, wie es für das Wappentier des Zoos – den Elefanten – weitergehen soll. Schon Dieter Jauch hatte den Bau einer neuen Anlage für die asiatischen Dickhäuter als wichtigstes Neubauprojekt ins Auge gefasst. Kölpin führt diese Idee nun fort: Im Januar will er dem zuständigen Finanzministerium die Vorplanung des Zoos für ein neues Elefantenhaus und eine dazu gehörende Anlage vorstellen. Läuft es wie geplant, folgen darauf eine Machbarkeitsstudie und ein Architektenwettbewerb.

Noch Ende dieses Jahrzehnts könnten die Besucher der Wilhelma dann erleben, wie bei den Elefanten Jungtiere in einer eigenen Zuchtherde auf die Welt kommen. Zwar hält Thomas Kölpin die Details seiner Pläne unter Verschluss, wichtige Erkenntnisse für das Neubauprojekt hat er aber kürzlich gesammelt: Nicht in seinem Direktionsbüro in Bad Cannstatt, sondern in Indien. Auf dem Subkontinent besuchte Kölpin den Weltkongress der Zoos. Im Anschluss bereiste er das Land, unter anderem erkundete er den Nagarhole-Nationalpark in Südindien, um sich ein Bild von jener Landschaft zu machen, in der die größten frei lebenden Populationen der asiatischen Elefanten zu Hause sind. Der dichte Bewuchs und die exotischen Pflanzen vermittelten Kölpin einen Eindruck davon, wie eine Elefantenanlage in Stuttgart aussehen könnte. Eine indische Erleuchtung.

Enorme Artenvielfalt im Stuttgarter Zoo

Ein knappes Jahr nach seinem Amtsantritt in Stuttgart zeichnet sich ein deutlicheres Bild davon ab, wie Kölpin die Wilhelma verändern – und was er bewahren will. Dazu gehört die im Vergleich mit anderen Zoos enorme Artenvielfalt im Stuttgarter Zoo: „Wir wollen weiter die Vielfalt der Evolution präsentieren, das ist ein Aushängeschild und das soll es auch bleiben.“ Der Hinweis Kölpins ist nicht selbstverständlich, da vergleichbare Zoos heutzutage auf etliche Tierarten verzichten, um den verbleibenden Tieren großzügigere Anlagen bauen zu können. Kölpin, der sich selbst mehr als Zoomanager und weniger als klassischer Zoodirektor versteht, will das Profil der Wilhelma schärfen. Dazu gehört, dass in jeder neuen Anlage, die gebaut wird, die Tier- und die Pflanzenwelt gleichermaßen erlebbar gemacht werden sollen. „Unser Amazonienhaus ist in dieser Hinsicht vorbildlich“, erzählt Kölpin.

Und dann gönnt sich der Zoochef noch eine kleine Spinnerei. Um sie anschaulich zu machen, holt er ein kleines Modell der Wilhelma und ihrer Umgebung aus dem Regal. Kölpin deutet mit dem Finger auf ein Uferstück des Neckars, ganz in der Nähe der heutigen Anlegestelle des Neckar Käptn’s. „Dort könnte einmal eine Anlage für Flusspferde entstehen“, erzählt er. Die Tiere bekämen am Neckarufer eine Anlage außerhalb der heutigen Wilhelma, die Besucher müssten dafür keinen Eintritt bezahlen. „Das ist ein spannendes Projekt“, sagt Kölpin und „es wäre eine tolle Reklame für uns“. Die Stadt habe zugesagt, die Idee „wohlwollend zu prüfen“. Thomas Kölpin lächelt, der Plan mit den Flusspferden kommt ihm selbst fantastisch vor. Doch sein Vorstoß ist ernst gemeint – womöglich könnten Stuttgarter Neckartouristen eines Tages vom Fluss aus exotisch anmutende Fotos schießen.