Die Wilhelma eröffnet die neue Kinderturnwelt. Hier sollen die kleinen Besucher von den Tieren lernen und Spaß an der Bewegung haben. 

Stuttgart - Die Wilhelma hat eine weitere Attraktion für Kinder: Von Freitag an können die Kleinen dort klettern wie ein Affe, hüpfen wie ein Känguru oder Haken schlagen wie ein Feldhase - und zwar genau dort, wo die jeweiligen Tiere selbst im Zoologischen Garten untergebracht sind. Das Konzept mit dezentralen Stationen ist pädagogisch untermauert, soll die Bewegungsfreude der Kleinen fördern - und vor allem Spaß machen.

 

Die erste Kindergruppe durfte bereits am Mittwoch die Station beim Affenhaus ausprobieren. Von der tierischen Umgebung animiert stürzten die Vier- bis Sechsjährigen von der Kita Silberburg mit "U, u, a, a"-Rufen auf die neuen Spielgeräte, krabbelten durch einen hohlen Baum, balancierten auf Holzstangen oder hangelten sich von einem Griff zum anderen.

Austoben während des Zoobesuchs

"Das wird eine ungeheure Bereicherung für die Wilhelma", sagt Zoodirektor Dieter Jauch. Bewegung sei schließlich wichtig, gerade im Kindesalter. Daher haben die Kinderturnstiftung Baden-Württemberg, der Förderverein der Wilhelma und der Zoologisch-Botanische Garten schnell zueinander gefunden und das Projekt in zwei Jahren realisiert. "Das ist unser größtes Einzelprojekt seit unserer Gründung vor vier Jahren", sagt Senator Thomas Renner, Vorsitzender des Stiftungsrats der Kinderturnstiftung.

Ziel der Stiftung ist, Kinder zur Bewegung zu animieren, denn: "Eine gesunde Entwicklung ist eng mit der Bewegung verbunden", so Renner. Nun sind in der Wilhelma neun verschiedene Stationen entstanden. "Die Areale sind auch zum Austoben gedacht, dass sich die Kinder wieder gespannt den Tieren nähern können", sagt Jauch. Das Konzept geht auf die Mobile Kinderturnwelt der Kinderturnstiftung zurück, die seit dem Jahr 2008 durch das Land tourt. Auch dort können die Kinder vom Bewegungsablauf der Tiere animiert springen, hüpfen oder schleichen. So lag es nahe, diese Bewegungsspiele dorthin zu bringen, wo die Kinder auch tatsächlich auf die Tiere treffen.

Das pädagogische Konzept erlaubt mehr als Herumtollen

Über einen Rundweg, der bei den Pinguinen beginnt, können sich nun die jungen Besucher die Kinderturnwelt erschließen. Jedes Kind bekommt am Anfang ein sogenanntes Reiseheft mit einer Geschichte als roten Faden, Informationen und Aufgaben zu jeder Station. Wichtig für die Kinder: in jedem Heft steckt auch ein Kinderturndiplom, das die Kleinen bei jeder Station abstempeln und mit nach Hause nehmen können. "Es sind Orte entstanden, an denen die Kinder direkt von den Tieren lernen können", sagt Susanne Heinichen von der Kinderturnstiftung. Das sei einzigartig in Deutschland.

Besonders wichtig ist allen Beteiligten das pädagogische Konzept, bei dem es um mehr geht, als einen Platz zum Herumtollen zu schaffen. Die Idee ist, die Verbindung zu den Bildungs- und Orientierungsplänen in Kindergarten und Schule herzustellen. "Es ist kein klassischer Spielplatz entstanden", betont Susanne Heinichen. Und tatsächlich: die Spielgeräte, die nun neben den Gehegen der Tiere aufgebaut wurden, sehen eher ungewöhnlich aus. Bei den Nandus, flugunfähigen Laufvögeln, ragen Holzstangen in den Himmel. Bei den Feldhasen liegen große Holzkugeln im Rindenmulch, daneben stecken Stangen im Boden, an denen sich die Kinder festhalten können. Bei den Kängurus warten Trampoline auf die Kleinen.

"Die Wilhelma als Lernort ist noch attraktiver geworden"

Und überall stehen Informationstafeln. "Wir wollen auch die Chance nutzen, kognitives Wissen zu vermitteln", sagt Stephanie Kreutzfeldt, die bei der Agentur Spiel und Sport Team GmbH die Projektleitung übernommen hat. Für Erzieher und Lehrer gibt es gleichermaßen sogenannte Handreichungen, mit denen sie die Kinder auf den Besuch in der Wilhelma und auf das neue Angebot vorbereiten und das Erlebte nachbereiten können. "Die Wilhelma als Lernort ist noch attraktiver geworden", findet auch Ulla Seitz, die stellvertretende Leiterin des Landesinstituts für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik.

Bei allem pädagogischen Überbau soll aber eines nicht vergessen werden: "Der Spaß steht im Vordergrund", sagt Kreutzfeld. Jedes Kind dürfe probieren, was es kann. Schließlich hat das neue Angebot auch noch einen weiteren Zweck: die beteiligten Turnerbünde aus Schwaben und Baden wollen Werbung machen für ihre Angebote in den Ortsvereinen: "Wir wollen klarmachen, dass es noch etwas Schöneres als den Computer gibt", sagt Rainer Brechtken vom Schwäbischen Turnerbund.

Weitere Infos gibt es unter www.kinderturnstiftung-bw.de 

Turnen in der Wilhelma

Kinderturnwelt Gedacht ist das Angebot für Vier- bis Achtjährige. Mit dem Rundwegheft ausgestattet können die Kleinen alle Stationen absolvieren. Besuchergruppen können sich aber auch verteilen, so dass die Kinder die Stationen in unterschiedlicher Reihenfolge absolvieren. Es ist auch denkbar, die Aufgaben auf mehrere Besuche zu verteilen. Kinder unter vier Jahren sollten von den Eltern unterstützt werden.

Kosten Die Kinderturnstiftung Baden-Württemberg hat 700000 Euro für die Einrichtung der Kinderturnwelt eingebracht. 200000Euro hat der Verein der Freunde und Förderer der Wilhelma beigesteuert. Die Kosten für die Begleithefte für jedes Kind, die sogenannten Reisehefte, übernimmt die Kinderturnstiftung.

Die Wilhelma in Zahlen Rund 2,14 Millionen Menschen haben im vergangenen Jahr den Zoologisch-Botanischen Garten mit seinen knapp 30 Hektar und 8000 Tieren in 1000 Arten besucht. Im Pflanzenbestand sind 6000 Gattungen in der Wilhelma vertreten.

Termin Heute wird die Kinderturnwelt in der Wilhelma eröffnet. An diesem Wochenende werden alle Stationen von Mitarbeitern der Kinderturnstiftung betreut.