Macht er’s? Oder macht er’s nicht mehr? Die Frage nach der Zukunft von Winfried Kretschmann bewegt das Ländle seit Monaten.

Stuttgart - Winfried Kretschmann regiert bereits seit 2011 das Ländle. Schon jetzt hat er als erster grüner Ministerpräsident seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher - und alle fragen sich, ob er mit 72 Jahren bei der Landtagswahl 2021 noch einmal antritt.

 

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur spricht er über sein Alter, über die Verantwortung auf seinen Schultern – und darüber, dass Regieren kein Zuckerschlecken ist.

2021 steht die nächste Landtagswahl an. Und viele fragen sich seit Monaten, ob Winfried Kretschmann noch einmal antritt. Wie weit sind denn Ihre Überlegungen gediehen zum Thema Spitzenkandidatur?

Die haben sich nicht geändert.

Sie sprechen ja immer mal wieder von einer Waagschale, in der Sie Argumente dafür und dagegen abwägen. Was liegt denn da drin?

Dafür spricht, dass man in einer solchen Zeit, wo kein Stein auf dem anderen bleibt, wo eine Instabilität in der Welt die andere jagt, eine hohe Verantwortung hat. Wenn die Menschen nun mal das Vertrauen in mich haben, wie sie es offenkundig haben, will man dem auch gerecht werden. Ich sehe ja, dass aus der Bevölkerung, aus meiner Partei, viele wollen, dass ich noch mal antrete.

Auf der anderen Seite stehen persönliche Fragen. Soll man das in dem Alter nochmal machen - ich werde dann 72 sein? Hat man die Kraft dazu und den Willen? Die Dinge muss ich einfach abwägen. Dann fälle ich eine Entscheidung.

Beschäftigt Sie das eigentlich jeden Tag?

Nein. Das muss man von sich weg halten. Man ist nicht dazu da, um sich dauernd zu überlegen, wie es weitergeht beim nächsten Mal - sondern wie es jetzt weitergeht.

Aber Sie sagen doch selbst, dass die Leute und die eigene Partei an Ihnen zerren. Auch Ihre Frau wird ja ein Wörtchen mitzureden haben. Das Thema verfolgt Sie doch trotzdem im Alltag.

Das Thema verfolgt mich nur deshalb unentwegt, weil die Medien mich unentwegt danach fragen. Das muss man sich mental vom Hals halten. Und das geht. Sonst kann man nicht mehr gescheit regieren. Das nimmt doch sonst Kraft und Energie. Und regieren, das darf ich mal nach acht Jahren so sagen, erfordert eine unglaubliche mentale Kraft und Anstrengung jeden Tag. So großartig es ist, für die Menschen im Land zu arbeiten und gestalten zu können, es ist nicht gerade ein Zuckerschlecken.

Der Fehler, den viele machen, ist unentwegt zu fragen: Wie gewinne ich die nächste Wahl? Das ist die sicherste Möglichkeit, um sie zu verlieren. Zu gegebener Zeit, etwa ein Jahr vorher, muss ich mich natürlich entscheiden. Das ist ja nicht der Normalfall, dass man so lange regiert und noch ein drittes Mal antritt.

Ein drittes Mal antreten heißt ja nicht unbedingt, dass Sie dann auch fünf Jahre regieren müssen. Sie könnten sich ja auch für fünf Jahre wählen lassen und nach drei Jahren aufhören.

Man muss sich an das halten, was die Verfassungsordnung vorsieht. Natürlich kann ich jederzeit zurücktreten. Aber gewählt wird man für fünf Jahre. Und da hat der Wähler einen Anspruch, dass man das auch so macht. Sonst kann das auch Verdruss erzeugen. Nach dem Motto: Wenn er bloß zwei Jahre macht, kann er ja gleich aufhören. Ich will nur abschließend sagen: Gesundheit und Kraft ist immer die Grundvoraussetzung, dass man es machen kann - unabhängig vom Alter. Aber in meinem Alter erst recht.

Zur Person: Winfried Kretschmann ist der erste grüne Ministerpräsident eines Bundeslandes. Er regiert seit 2011, erst mit der SPD, seit 2016 mit der CDU. Neben dem Diesel-Thema und den Fahrverboten beschäftigt den 70-Jährigen derzeit die Frage, ob er zur Landtagswahl 2021 für eine dritte Amtszeit antreten soll.