Der Winzerstreit von Rotenberg ist der beste Beweis: Das wahre Leben am Fuß des Württembergs ist härter und unglaublicher als viele Fernsehserien. Unser Kolumnist fordert: Ganz schnell muss ein Vermittler her!

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Liebe SWR-Programmchefs, wenn Sie einen Quotenknüller wollen, schicken Sie Ihre Drehbuchautoren nicht in irgendein Schreibcamp. Gönnen Sie Ihren besten Storylinern ein paar ereignisreiche Tage unterhalb der Grabkapelle. Oben auf dem Württemberg zieren berühmte Worte die Gedenkstätte für Königin Katharina: „Die Liebe höret nimmer auf.“ Am Fuß des Bergs müsste es heißen: „Der Nachbarstreit höret nimmer auf.“ Was sich da abspielt, hat Potenzial für eine spannende, unterhaltsame, vor allem aber endlose Daily Soap.

 

„Die Kirche bleibt im Dorf“ ist mit dem Streit zwischen Unterrieslingen und Oberrieslingen kalter Kaffee dagegen. Das wahre Leben bietet einen wunderschönen Schauplatz mit genialer Fernsicht aufs Neckartal. Man fühlt sich wie in der Toskana. „Toskana-Besen“ wird der Ausschank im Weingut Diehl genannt. In dieser Idylle treten ein junger Winzer und alteingesessene Nachbarn gegeneinander an – an einem Ort, der, wenn die rote Sonne im Neckar versinkt, ans Paradies erinnert. Doch nun tobt ein unerbittlicher Zwist im Paradies: Der Junge hat neue Ideen. Doch die Alten finden, die passen nicht hierher.

MdB Kaufmann feiert 50. Geburtstag im Weingut Diehl

Die Gäste vonStefan Kaufmann erlebten jetzt, wie hart die Fronten sind. Der CDU-Kreischef und Bundestagsabgeordnete feierte bei den Diehls seinen 50. Geburtstag. Einige Parteifreunde waren da (etwa Staatssekretär Steffen Bilger und Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments). Der Italienfan hatte vor allem Freunde quer durch die Parteien eingeladen – bis nach links: Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit von der Linke kam ebenso wie Stuttgarts Kultur (etwa Kammersängerin Helene Schneiderman, Kulturmanagerin Brigitte Stephan und Ballettlegende George Bailey). Die Stimmung war prächtig. Mediterran feiern können Stefan Kaufmann und sein Mann Rolf Pfander. Die Vielfalt der Gäste sorgte für Spaß fernab der Politik. Thomas Diehl, 28, seit Anfang des Jahres Chef des Weinguts, hatte gleich zu Festbeginn gesagt, man möge sein Auto nicht bei den Nachbarn parken, weil die sofort die Polizei riefen.

Wenig später tobte der Orkan einer Wut. Der Schrei des Nachbarn war markerschütternd. In seinem Hof standen zwei fremde Autos. Diehl lief zum Nachbarn und schrie laut zurück. Von oben filmte die Frau des Nachbarn das Geschehen. Erschrockene Gäste der Geburtstagsparty kamen hinzu, um die Streithähne auseinanderzubringen und das Schlimmste zu verhindern. Die beiden Autofahrer waren schnell ausgemacht – darunter ein bekanntes Gesicht der Stadt –, die umgehend ihre Fahrzeuge entfernten.

Der Junior will in der dritten Generation neue Wege gehen

„In der Welt zuhause, in Stuttgart daheim“, steht auf der Webseite von Thomas Diehl, einem studierten Betriebswirt, der im Schloss Salem zur Schule ging, auf Weingütern in Neuseeland und Südafrika gearbeitet hat und seine neue Weinmarke TD nennt. Sein Nachbar sagt, er locke Schickimicki an, halte sich nicht an den Landschaftsschutz und habe ohne Baugenehmigung die Terrasse ausbauen wollen.

Der Bau ist gestoppt. Diehl sagt, er habe die Terrasse absichern wollen, weil zu viele Gäste, ohne zu zahlen, gegangen seien. Den Nachbarn würde nicht passen, dass er in der dritten Generation neue Wege geht und selbstständig bleiben will, ohne Mitglied in der Genossenschaft zu werden.

Kann die Weindorf-Chefin vermitteln?

Liebe SWR-Programmchefs, wir wollen uns nicht in weiteren Einzelheiten verlieren, die Vorwürfe auf beiden Seiten sind endlos. Aber Stoff für eine Serie wär’s mit so viel Neid, Missgunst und einem Generationenzwist allemal. Man könnte eine Liebe des Juniors mit der Tochter des Nachbarn erfinden oder so. Auf alle Fälle muss ein Happy End her! Wie das aussehen kann im wahren Leben, ist noch völlig unklar.

Es müsste endlich jemand vermitteln. Weindorf-Chefin Bärbel Mohrmann könnte es sein. Bei Facebook schrieb sie zu dem Streit, Winzer sollten an einem Strang ziehen und sich nicht gegenseitig schaden. Nur so könne der Württemberger Wein stark werden oder bleiben. Katharina dreht sich sonst noch im Grab um.