In Bad Cannstatt und Untertürkheim ist das Fest ein Erfolg. Vor der Premiere in Feuerbach wird Kritik laut.

Stuttgart-Feuerbach - Leer stehende Ladengeschäfte, Billiganbieter, Spielhallen, Wettbüros und der fehlende Branchenmix sorgen unter anderem dafür, dass eine Einkaufsmeile unattraktiv ist. Solche Zustände sind auch in einigen Stuttgarter Stadtbezirken wahrzunehmen. Das Amt für Stadtplanung und Wohnen sowie die Abteilung Wirtschaftsförderung arbeiten deshalb seit 2015 gemeinsam an Lösungen, um den sogenannten Trading-Down-Prozess aufzuhalten und die Ortszentren attraktiver zu machen. Erst einmal soll in sechs Bezirken etwas zeitnah geschehen – in Bad Cannstatt (Ortsmitte), Feuerbach (westliche Stuttgarter Straße), Vaihingen (Vaihinger Markt), Weilimdorf (Löwen-Markt), Untertürkheim (Ortsmitte) sowie Zuffenhausen (Unterländer Straße).

 

Ein Baustein ist beispielsweise die Veranstaltungsreihe „Abendmarkt“, die 2020 in vier Bezirken stattfinden soll – zum ersten Mal in Vaihingen und zum vierten Mal in Untertürkheim. Auf dem Cannstatter Marktplatz wird sogar schon die sechste Auflage über die Bühne gehen. Das Konzept sieht vor, dass es zwischen den Oster- und den Sommerferien jeweils einmal in der Woche für ein paar Stunden Musik, Programm, viel zu essen und zu trinken geben wird. „Wir haben sehr positive Erfahrungen gesammelt. Das Konzept hat sich bewährt und trägt zur Belebung des Ortszentrums bei“, sagt Bad Cannstatts Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler. Dennoch werden dieses Jahr nur noch zehn statt der anfangs 16 Abendmärkte stattfinden. „Bislang gab es aus der Bevölkerung relativ wenig Protest.“ Nun hat sich allerdings eine kleine Gruppe formiert, die sich über die vielen Veranstaltungen auf dem Marktplatz beschwert. „Dabei geht es grundsätzlich nicht um die Abendmärkte, sondern um das Gesamtpaket“, sagt Löffler. Dreimal in der Woche sei Markt. Das Brezelfest, der Weihnachts- und Maimarkt sowie eine ganze Reihe anderer Veranstaltungen fänden über das ganze Jahr hinweg auf dem Marktplatz statt. Das sei den Anwohnern zu viel.

In Untertürkheim hält sich der Widerstand in Grenzen. Vielmehr würden sich die Bürger sogar auf die Veranstaltungsreihe freuen, sagt Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel. Und auch in Vaihingen ist es vor der Premiere ruhig.

Anders in Feuerbach: Der Gewerbe- und Handelsverein (GHV) möchte in Kooperation mit der Agentur kmr „einen Versuchsballon“ im Stadtbezirk starten, wie der GHV-Vorsitzende Jürgen Reichert im Bezirksbeirat berichtete. Die Abendmarkt-Reihe soll in diesem Jahr in Feuerbach Premiere feiern. Doch an dem Ort des Geschehens, der an zehn Mittwochen bespielt werden soll, scheiden sich die Geister. „Variante 1 war eigentlich der Wilhelm-Geiger-Platz“, sagt Reichert. Doch auf der Fläche vor dem Rathaus fehlen die sanitären Einrichtungen. Im Gebäude selbst dürfe man die WCs nicht benutzen. Zudem fehle das Einverständnis der Stuttgarter Straßenbahnen AG. Das Fest fände in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Stadtbahnhaltestelle statt. Da müsse man das Okay erst einmal einholen.

Es wird wohl doch der Rudolf-Gehring-Platz vor der Kelter

Option 2 sei der Grazer Platz im Zentrum des Bezirks gewesen. Doch auch dort fehlen die sanitären Anlagen. „Zudem müssten wir die Straße sperren. Das kostet viel Geld und würde sicherlich auch ein Verkehrschaos auslösen“, erklärt Reichert. Blieb für den GHV nur noch der Rudolf-Gehring-Platz vor der Kelter. WCs seien vorhanden. Die Infrastruktur stimme. Doch einige Anwohner finden diese Idee überhaupt nicht spannend: „Wir sind schon genug vom Lärm geplagt“, ärgerte sich eine Dame bei der Vorstellung des Konzepts im Bezirksbeirat. „Wir kommen dann gar nicht mehr zur Ruhe.“ Der benachbarte Getränkemarkt werde oft beliefert, ständig laufe ein Aggregat. Der Wochenmarkt finde dort statt und das dreitägige Kelterfest. Einige Bezirksbeiräte stimmten den Anwohnern zu, wie Martin Härer (SPD), der einen neuen Suchlauf vorschlug. Gabriele Heise (FDP) gab allerdings zu bedenken: „Es wird immer Leute geben, die sich beeinträchtigt fühlen. Ich kann das nachvollziehen, wir dürfen aber nicht zu sehr auf die Einzelinteressen achten.“ Letztendlich wurde der SPD-Antrag aber bei sechs Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie zehn Enthaltungen angenommen.

Mittlerweile ist der zweite Suchlauf beendet. Zusätzlich geprüft wurden die Standorte Roser-Areal und Alter Friedhof. Bei ersterer Alternative fehlen wieder die sanitären Anlagen. „Beim Alten Friedhof ist es so, dass dieser Bereich so viel Grünfläche aufweist, dass wir den Rasen durch Fest und Anlieferung sicher an manchen Stellen kaputt machen würden“, sagt einer der beiden Inhaber der Agentur kmr, Sascha Markmeyer. „Ich halte den Kelterplatz weiter für den geeignetsten Ort.“

Eine Entscheidung soll in den nächsten Tagen fallen. „Ich bin schon erstaunt und enttäuscht gewesen, wie viel Gegenwind es gab. Vielleicht reduzieren wir ja noch die Zahl der Veranstaltungen“, sagt Reichert. Das Geld für die Durchführung der Abendmarkt-Reihe hat er jedenfalls schon zusammen. Der Bezirksbeirat genehmigte bei elf Ja- und sechs Nein-Stimmen einen Zuschuss in Höhe von 4100 Euro – unabhängig vom Veranstaltungsort.