Die StZ beleuchtet die letzten zehn WM-Turniere jeweils aus Sicht eines beteiligten früheren VfB-Spielers. Heute: die WM 1978 mit Hansi Müller.

Stuttgart – Es ist nicht so, dass es Hansi Müller (56) bedauern würde, bei der WM 1978 in Argentinien dabei gewesen zu sein. Doch hätte er das Turnier verpasst, müsste er sich seitdem nicht immer wieder diese unangenehmen Fragen anhören und könnte die „Schmach von Cordoba“ die „Schmach von Cordoba“ sein lassen.

 

Aber Müller war dabei, als Deutschland zum ersten Mal nach 47 Jahren wieder gegen Österreich verlor – 2:3. „Darauf werde ich heute noch auf jeder Skihütte in Tirol angesprochen“, sagt er. Er war dabei, als der Abwehrrecke Rolf Rüssmann weinte, weil er sich bei dem entscheidenden Gegentor in der 88. Minute gegen Hansi Krankl (ein Namensvetter des VfB-Hansis auch noch) so ungeschickt angestellt hatte. Er war dabei, als unsere Nachbarn ihren historischen Sieg feierten. Und er war dabei, als der ORF-Reporter Edi Finger seine Gefühle hinausposaunte. Falls Müller den Wortlaut vergessen haben sollte, hier O-Ton Finger: „Da kommt Krankl in den Strafraum – Schuss. Tooor, Tooor, Tooor, Tooor. I wear narrisch. Krankl schießt ein – 3:2 für Österreich. Meine Damen und Herren, wir fallen uns um den Hals, der Kollege Rippel, der Diplomingenieur Posch – wir busseln uns ab!“ Der Herr Rippel und der Herr Posch busseln also, nicht der Herr Müller. Er war auch dabei, als die Spieler nach ihrer Rückkehr auf dem Frankfurter Flughafen den Abgang durch die Hintertür wählten. Vorne wären sie von 1000 Anhängern mit nicht eindeutig erkennbaren Absichten empfangen worden.

Nicht dabei war er dagegen, als vor fünf Jahren ein Platz im 21. Bezirk von Wien in „Cordobaplatz“ umbenannt wurde. Überhaupt Wien. Noch immer steht dort in einigen Lokalen eine Cordoba-Platte auf der Speisekarte: drei österreichische Käsekrainer und zwei deutsche Bratwürste. Aber das würde Müller kaum bestellen.