Die Vergabe der Fußball-WM 2022 wird immer mehr zur Farce. Jetzt räumt auch der damalige Mitbewerber Australien ein, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging. Auch Platini verteidigt sich.

Die Vergabe der Fußball-WM 2022 wird immer mehr zur Farce. Jetzt räumt auch der damalige Mitbewerber Australien ein, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging. Auch Platini verteidigt sich.

 

Sydney - Der Skandal um die zweifelhafte Vergabe der Fußball-WM 2022 bekommt eine neue Dimension: Nach den Korruptionsvorwürfen gegen Katar droht einem Bericht des „Sydney Morning Herald“ zufolge jetzt auch Australien in das Fiasko hineingezogen zu werden - und sogar Uefa-Chef Michel Platini sah sich zu einer Rechtfertigung genötigt.

Die ehemalige Funktionärin des australischen Verbandes (FFA), Bonita Mersiades, räumte bei Vergünstigungen an stimmberechtigte Fifa-Mitglieder sogar Parallelen zu den Geschäftspraktiken der Katarer ein. Die FFA habe es versäumt, der Polizei zu melden, dass der inzwischen zurückgetretene FIFA-Spitzenfunktionär Jack Warner 462.000 Dollar des australischen Bewerbungskomitees veruntreut habe, berichtete die Zeitung. Warner habe diese Summe zur Renovierung eines Stadions in seiner Heimat Trinidad erbeten.

Michael Garcia, Chefermittler des Fußball-Weltverbandes (Fifa), hat nach Angaben der Zeitung Mersiades und den ehemaligen FFA-Finanzchef Ian Lewis bereits verhört. Dabei sei es vor allem um die Verbindung des australischen Bewerbungskomitees zu Warner und dem 2010 wegen Korruptionsverdachts suspendierten FIFA-Exekutivmitglied Reynald Temarii (Tahiti) gegangen. Beide stehen auch im Zentrum der Bestechungsvorwürfe gegen Katar.

Untersuchungen bis zum 9. Juni abgeschlossen

Garcia will die Untersuchung zu möglichen Korruptionsvergehen im Zuge der WM-Vergaben 2018 und 2022 bis zum 9. Juni abschließen und seine Ergebnisse kurz nach der Endrunde in Brasilien an die rechtssprechende Kammer der FIFA-Ethikkommission weiterleiten.

Am Montag ließen FFA-Verantwortliche noch anklingen, eine erneute Kandidatur in Betracht zu ziehen, sollte Katar die WM 2022 entzogen werden. 24 Stunden später sah sich der australische Verband gezwungen, selbst Anschuldigungen zurückzuweisen. Die FFA räumte zwar eine Zahlung in Höhe von 462.000 Dollar ein, das Geld sei aber an das Projekt „Centre of Excellence“ des Kontinentalverbandes CONCACAF und nicht an dessen stimmberechtigten Präsidenten Warner gegangen. Das Geld sei auf das CONCACAF-Konto verbucht worden, dafür gebe es Belege.

„Die FFA hat die australische Regierung und die Fußball-Verantwortlichen, Mr. Garcia eingeschlossen, zu allen relevanten Zeiten über diese Vorgänge unterrichtet“, teilte der Verband mit. Die FFA habe bereits im April 2013 der CONCACAF bei der Aufklärung möglicher Vergehen von Warner geholfen. Dabei sei herausgekommen, dass der höchst umstrittene Spitzenfunktionär die Gelder veruntreut habe.

Warum wurde die Polizei nicht eingeschaltet?

Bleibt die Frage offen, warum trotz dieses Vergehens nicht die Polizei eingeschaltet wurde. Mersiades vermutet, der Verband habe den Diebstahl nicht gemeldet, um diese Art von internationaler Entwicklungshilfe nicht zu offenbaren. „Die Enthüllungen der „Sunday Times“, wie Bin Hammam Gastfreundschaft, Geschenke, Vergünstigungen und Stadionrenovierungen als Gegenleistung für eine Unterstützung der Bewerbung verteilte, weist Parallelen auf zur Art, wie Australien einige seiner Gelder in der Bewerbungskampagne verwendet hat. Man muss sich nur die FFA-Gelder anschauen, die auf Warners Konto landeten und nie wieder entdeckt wurden“, wurde Mersiades im „Sydney Morning Herald“ zitiert.

Katar hatte sich beim Rennen um die WM im Dezember 2010 neben Australien auch gegen die USA, Südkorea und Japan durchgesetzt. Seitdem wird diese Entscheidung durch Korruptionsvorwürfe belastet. Die britische Zeitung „Sunday Times“ meldete am Sonntag, dass der ehemalige katarische Spitzenfunktionär Mohammed bin Hammam Schmiergelder in Höhe von fünf Millionen Dollar an stimmberechtigte Offizielle gezahlt hätte.

Das englische Blatt „Telegraph“ hatte unterdessen auch von Treffen Bin Hammams mit Platini berichtet. Dass daraus Verbindungen zum Korruptionsskandal hergestellt würden, sei falsch. Platini beklagte „unbegründete Gerüchte“ die auf sein Image abzielten. „Ich finde es erstaunlich, dass Gespräche mit einem anderen Mitglied aus dem Fifa-Exekutivkomitee zu einer Staatsangelegenheit gemacht werden“, schrieb Platini an den Chefredakteur des „Telegraph“.

Der „Telegraph“ hatte von einem Treffen Platinis mit dem ehemaligen katarischen Spitzenfunktionär Mohammed bin Hammam unmittelbar vor der WM-Vergabe im Dezember 2010 berichtet. Laut Platini sei es in den Gesprächen um seine Kandidatur für die Fifa-Präsidentschaft gegangen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Platini in der Causa Katar unter Druck gerät. Schon sein Treffen mit dem damaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und dem Emir von Katar kurz vor der WM-Abstimmung im Élysee-Palast hatte für Nebengeräusche gesorgt. Platini hatte in der Vergangenheit nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er für Katar gestimmt habe. „Das ist ein Beweis für meine Transparenz“, ergänzte der Europameister von 1984.