Nach der ersten Niederlage der Saison reagiert man beim VfB Stuttgart gelassen. Dabei gibt es vor allem drei Baustellen, die der Trainer Tim Walter beackern muss.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - 20 Punkte, Platz zwei – und mehrfach bewiesen, dass die Qualität im Kader für die zweite Liga eher überdurchschnittlich ist. Beim Blick auf diese Fakten, dürften die Verantwortlichen des VfB Stuttgart auch die erste Niederlage der Saison verschmerzen dürfen. 1:2 hieß es am Freitagabend gegen den SV Wehen Wiesbaden (hier geht’s zur Einzelkritik) – und tatsächlich hielt sich der Ärger in Grenzen.

 

„Die Reaktion war top“, hob Sven Mislintat, der Sportdirektor des VfB, vor allem die zweite Halbzeit hervor, als sich sein Team Chance um Chance erspielte. „Wir haben den Schalter umlegen können“, ergänzte der Trainer Tim Walter, der betonte: „Das wirft uns nicht um, das macht uns noch besser.“ Alles halb so wild also?

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Ja – auf der einen Seite. Schließlich bleibt des Gegners Tor bei einer ähnlichen Dominanz selten so vernagelt wie am Freitag. Andererseits gibt es im Spiel des VfB schon auch das eine oder andere wiederkehrende Muster – und damit Probleme, die bislang noch nicht behoben werden konnten.

Das Spiel über Links Pascal Stenzel ist der VfB-Spieler mit den meisten Ballkontakten bislang – am Freitag waren es 181. Das legt den Verdacht nahe, dass die Spielanlage des VfB rechtslastig ist – Stenzel ist ja Rechtsverteidiger. Doch ist das Gegenteil der Fall. Stenzel zieht im Aufbauspiel bewusst nach innen, danach wird meist über links weitergespielt. Also über jene Seite, auf der noch keiner der beiden Anwärter auf den Stammplatz vollends überzeugen konnte. Weder Borna Sosa noch Emiliano Insua. Beim Spiel in Regensburg lenkten die anlaufenden Jahn-Spieler die Stuttgarter Passwege bewusst in Richtung Insua, am Freitag provozierten die Wehener einen Fehler von Sosa, der prompt zum 2:1 führte.

Suche nach der Ideallösung im Zentrum

Die rechte Seite ist derweil oft verwaist, da Stenzel – wie erwähnt – ins Zentrum zieht, und Santiago Ascacibar alles andere als ein spielstarker Flügelflitzer ist.

Die Mittelfeldzentrale Atakan Karazor kam wie Tim Walter von Holstein Kiel zum VfB. Der Trainer setzt beinahe kompromisslos auf den 22-Jährigen und hat andere Lösungen auf der Sechser-Position (wie in Regensburg mit Orel Mangala) schon wieder verworfen. Allerdings ist der gebürtige Essener von Souveränität weit entfernt. Immer wieder lässt er sich in der zentralen Position den Ball abluchsen – was bei aufgerückten Innenverteidigern im Walter-System meist einen brandgefährlichen Konter zur Folge hat. Auch in Sachen Passsicherheit ist das Steigerungspotenzial bei Karazor groß.

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„Man darf sich nicht auf einen einschießen“, sagte Tim Walter, gibt in Bezug auf die Mittelfeldzentrale aber auch zu: „Eine optimale Lösung haben wir noch nicht gefunden.“ Den zweikampf-, aber nicht spielstarken Santiago Ascacibar setzt er bislang partout nicht auf dessen Lieblingsposition ein, da er dort größere Spieler bevorzugt.

Die Einstellung Ja, der VfB hat am Freitag eine Reaktion gezeigt und einen limitierten Gegner am Ende an die Wand gespielt. Warum er sich 20 schläfrige Minuten mit zwei Gegentoren erlaubt hat, bleibt aber ein Rätsel. Ebenso, warum das Team in vorangegangenen Spielen nach guten Phasen die jeweiligen Gegner wieder hat ins Spiel kommen lassen. „Diese Lässigkeit, das darf uns nicht passieren“, monierte Walter, „das war zu lasch.“ Von einem „Schuss vor den Bug“ sprach der Coach, der seiner Mannschaft noch vermitteln muss, wie sie konstant mit mehr Konsequenz agiert. Ganz generell – aber auch vor dem gegnerischen Tor. 30 Torschüsse reichten am Freitag für gerade einmal einen Treffer.