Der „öffentliche Widerhall auf gewisse Episoden“ seines früheren Privatlebens veranlasse ihn zum Wegzug aus Spanien, verkündete der Ex-König Juan Carlos. Viele Landsleute rätseln, wo er jetzt steckt.

Madrid - In Spanien ranken wilde Spekulationen über den Aufenthaltsort des in einen Finanzskandal verstrickten Ex-Königs Juan Carlos I. Laut Medienberichten vom Dienstag soll er sein Heimatland schon vor der formalen Ankündigung seines Wegzugs heimlich verlassen haben. Die Tageszeitung „ABC“ meldete, dass Juan Carlos am Sonntag über Porto im benachbarten Portugal in die Dominikanische Republik geflogen sei. Das Blatt „La Vanguardia“ berichtete ebenfalls, dass er sich in dem karibischen Land aufhalte, allerdings nur vorübergehend.

 

Hingegen schrieb die Online-Zeitung „El Confidencial“, der Ex-Monarch könnte in Portugal sein, wo er einen Teil seiner Kindheit verbracht habe - oder in Frankreich oder Italien, wo er Verwandte und Freunde habe. Seine Abwesenheit löste in seiner Heimat eine Debatte über eine Abschaffung der Monarchie aus.

Schmiergelder in Millionenhöhe

Mit der Ankündigung seiner Ausreise hat Juan Carlos viele Spanier überrumpelt. Die königliche Familie veröffentlichte am Montag einen Brief an seinen Sohn, König Felipe VI.. Darin schrieb Juan Carlos, er informiere den Monarchen über seine Entscheidung, vor dem Hintergrund „öffentlichen Widerhalls auf gewisse Episoden meines früheren Privatlebens“ aus Spanien wegzuziehen. Er wolle sichergehen, dass er seinem Sohn dessen Rolle nicht erschwere. In welches Land er ging, teilten weder Juan Carlos noch das Königshaus oder die Madrider Regierung mit.

Juan Carlos’ Anwalt Javier Sánchez-Junco Mans erklärte per E-Mail, dass sein Mandant auch aus dem Ausland weiterhin mit den Ermittlungen gegen ihn kooperieren werde. Spanische Staatsanwälte gehen dem Verdacht nach, der frühere König könnte von Saudi-Arabien während des Baus einer Bahnstrecke Schmiergelder in Millionenhöhe erhalten haben. Es geht um den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den saudischen Städten Mekka und Medina durch ein spanisches Konsortium.

Die am Obersten Gericht angesiedelten Ermittlungen konzentrieren sich auf Entwicklungen nach Mitte 2014. Zu diesem Zeitpunkt gab Juan Carlos angesichts mehrerer Skandale den Thron an seinen Sohn weiter. Durch seine Abdankung nach fast vier Dekaden im Amt verlor der heute 82-Jährige den Schutz, den die Verfassung dem Staatsoberhaupt gewährt.

Rufe nach einer Abkehr von der Monarchie

Spanische Medien berichteten seither über belastende Aussagen aus separaten Ermittlungen in der Schweiz, wonach Juan Carlos Millionen Euro vom verstorbenen saudischen König Abdullah erhalten haben soll. Anschließend soll Juan Carlos eine große Summe an eine frühere Gefährtin weitergeleitet haben, eine dänisch-deutsche Geschäftsfrau. Ermittler sehen darin einen möglichen Versuch, das Geld vor den Behörden zu verbergen. Die Frau wurde von spanischen Staatsanwälten aufgefordert, im September in Madrid zu dem Fall auszusagen.

Juan Carlos wird sein Beitrag zur friedlichen Wiederherstellung der Demokratie nach dem Tod von Diktator Francisco Franco im Jahr 1975 zugute gehalten. Doch nun könnte ihm ein Prozess wegen mutmaßlich nach 2014 begangener Straftaten drohen. Für mögliche Delikte in der Zeit seiner Regentschaft kann er nicht belangt werden, da er als König noch Immunität hatte.

Die jüngsten Entwicklungen um Juan Carlos lassen Rufe nach einer Abkehr von der Monarchie in Spanien wieder lauter werden. Die linke Partei Unidas Podemos, Juniorpartner in der Regierungskoalition, sprach sich für eine öffentliche Debatte über die Schaffung einer Republik aus. „Es gibt überhaupt keinen Grund, eine Monarchie zu unterstützen, die nicht einmal ein Minimum an ethischen Standards besitzt“, teilte die Partei am Montagabend mit.

Die regierende sozialistische Partei von Ministerpräsident Pedro Sánchez macht indes bisher keine Anstalten, sich ebenfalls gegen die Monarchie zu richten. Vielmehr bekundete sie Unterstützung für König Felipe. Allerdings betonte Regierungschef Sánchez kürzlich, dass auch er die Ereignisse um Juan Carlos „verstörend“ finde.